Die Zahl der Sterbefälle durch Herzerkrankungen hat leicht zugenommen. Wie in den Vorjahren sterben bei Betrachtung der Herzkrankheiten in der Summe deutlich mehr Frauen als Männer, wie der neue Deutsche Herzbericht 2017 dokumentiert. Einen dominierenden Einfluss auf die Sterblichkeit in allen Bundesländern haben die Koronare Herzkrankheit (KHK), die Grunderkrankung des Herzinfarkts, mit 128.230 Sterbefällen im Jahr 2015 (2014: 121.166) und die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) mit 47.414 Sterbefällen 2015 (2014: 44.551).
„Dieser Anstieg insbesondere der Herzschwäche erfordert besondere Aufmerksamkeit seitens der Herzmedizin und Anstrengungen in der Versorgung der teils schwerkranken Patienten auch angesichts der stetig zunehmenden Krankenhausaufnahmen von über 11.000 pro Jahr“, unterstreicht Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, bei der Vorstellung des neuen Herzberichts in Berlin.
Die Herzschwäche zählt zu den häufigsten Anlässen für einen Krankenhausaufenthalt in Deutschland mit mehr als 455.000 vollstationären Fällen pro Jahr. Meist kommt es erst durch eine Verschlimmerung der Krankheit zur Klinikeinweisung. Die chronische Herzschwäche ist in der Regel die Folge anderer Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie KHK/Herzinfarkt, Bluthochdruck, Klappenerkrankungen oder Rhythmusstörungen, sodass der Volkskrankheit durch frühzeitige Diagnose, Therapie und Ausschaltung von Risikofaktoren vorgebeugt werden kann.
Bessere Rahmenbedingungen für gesunde Lebensgewohnheiten gefordert
„Viele Klinikeinweisungen und Sterbefälle durch Herzschwäche und andere Herzkrankheiten könnten durch verbessertes Wissen über die Krankheitssymptome, richtiges Notfallverhalten bei den Betroffenen und Vorsorgemaßnahmen wie frühzeitige Blutdruck- oder Pulsmessung vermieden werden. Deswegen sind Anstrengungen in der Aufklärung unverzichtbar“, betont Meinertz.
Anstiege in der Sterblichkeit zeigen sich neben der KHK, der Grunderkrankung des Herzinfarkts, und der Herzschwäche, auch bei den Klappenkrankheiten und den Herzrhythmusstörungen. Von 2014 bis 2015 sind die Sterbefälle bei den Klappenkrankheiten von 16.064 (2014) auf 16.987 (2015) angestiegen, bei den Herzrhythmusstörungen nahmen die Todesfälle von 25.774 (2014) auf 28.425 (2015) zu. Beobachtet man die Entwicklung der Sterberate der Herzerkrankungen von 1990 bis 2015 ist der Wert (Gestorbene pro 100.000 Einwohner/EW) deutlich um 46,2 % von 459,2 (1990) auf 246,9 (2015) zurückgegangen. Starben zum Beispiel am Herzinfarkt 1990 noch 85.625 Menschen, waren es 49.210 im Jahr 2015 (2014: 48.181). Grund für diese Entwicklung sind laut Herzbericht neben dem Rückgang der Zahl der Raucher und Verbesserungen der Diagnostik und therapeutischen Versorgung auch eine Optimierung der Abläufe in den Kliniken und der Notarztsysteme. „Allerdings darf diese Rückläufigkeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verbreitung der Herzkrankheiten nicht im gleichen Ausmaß abgenommen hat und weiterhin über 221.500 Menschen jährlich daran versterben“, warnt Meinertz.
In die Prävention müsse die Gesundheitspolitik in Deutschland noch viel umfassender investieren als bisher, um der Entstehung von Risikokrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen (hohes Cholesterin) in der Bevölkerung bereits im Kindesalter gegenzusteuern. „Eine Begrenzung auf den klinischen Ansatz durch Früherkennung, konsequente Beratung und Therapie reicht nicht aus. Es bedarf eines umfassenderen Ansatzes, der für die Bevölkerung Rahmenbedingungen für gesunde Lebensgewohnheiten durch körperliche Aktivitäten oder gesunde Ernährung und systematische Aufklärung über Risikofaktoren in den Kitas, Schulen und Betrieben schafft.“
Frauen haben eine ungünstigere Prognose
Die zum Teil starken Unterschiede in der Sterblichkeit an Herzkrankheiten zwischen den Bundesländern bestehen fort. Beispiel Herzinfarkt: Die meisten Herzinfarkttoten beklagen weiterhin Sachsen-Anhalt mit 82 Gestorbenen pro 100.000 Einwohnern (EW), Brandenburg mit 83, Thüringen mit 69 und Mecklenburg-Vorpommern mit 68, während die niedrigsten Werte Schleswig-Holstein mit 42, Hamburg mit 46, Nordrhein-Westfalen mit 49 und Bayern mit 51 Herzinfarkttoten pro 100.000 EW aufweisen. „Kritisch sehen wir, dass die Bundesländer mit der geringsten Kardiologendichte zugleich gegen eine überdurchschnittlich hohe Infarktsterblichkeit ankämpfen wie Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt“, so Meinertz.
„Besonders in Regionen mit einer niedrigen Ärztedichte sind für eine bessere Erreichbarkeit der Notfallambulanzen Verbesserungen in der kardiologischen Versorgung durch mehr ambulante Diagnostik oder Therapie ein möglicher Ansatz zur Senkung der Sterblichkeit durch Herzkrankheiten.“ Zum Vergleich: Thüringen mit der geringsten Kardiologendichte hat für 31.922 EW einen Kardiologen, während das Saarland auf einen Kardiologen für 17.467 EW kommt. Auch die ungleiche Verbreitung der Herznotfallambulanzen (Chest-Pain-Units, CPU) fällt ins Auge. CPUs sind für die Versorgung von Patienten mit Herzinfarkt und unklarem Brustschmerz wichtig. Thüringen mit drei und Sachsen-Anhalt mit vier CPUs zählen zu den Regionen mit der geringsten CPU-Dichte. „Bundesländer mit hoher Infarktsterblichkeit sollten für kürzere Versorgungswege für Herznotfallpatienten mehr CPUs aufweisen. Nur müsste die Bevölkerung über diese CPUs noch mehr Bescheid wissen. Das ist in der Regel noch nicht der Fall“, betont Meinertz.
Wie in den Vorjahren sterben bei Betrachtung der Herzkrankheiten in der Summe mehr Frauen als Männer. 117.518 Frauen gegenüber 103.993 Männern starben 2015 an KHK/Herzinfarkt, Klappenkrankheiten, Rhythmusstörungen, Herzschwäche und angeborenen Herzfehlern. Besonders fällt weiterhin auf, dass viel mehr Frauen als Männer an Herzschwäche, Herzklappenerkrankungen und Herzrhythmusstörungen sterben. „Diese Unterschiede lassen darauf schließen, dass Frauen mit diesen Herzkrankheiten eine ungünstigere Prognose als männliche Patienten haben. Mögliche geschlechtsspezifische Besonderheiten etwa bei der Wirkung von Herzmedikamenten, anatomische Unterschiede an Herz und Gefäßen sowie unterschiedliche Symptomatik von Herzkrankheiten müssen in der herzmedizinischen Versorgung berücksichtigt werden, um Versorgungsengpässe zu vermeiden“, fordert Meinertz. Die Sterbeziffer bei Herzschwäche für Frauen lag 2015 um 64,4 % über dem Wert der Männer, bei den Herzrhythmusstörungen lag der Wert 51,1 % über dem der Männer. In absoluten Zahlen starben 29.795 Frauen starben gegenüber 17.619 Männern an Herzschwäche und 17.293 Frauen gegenüber 11.132 Männern starben an Rhythmusstörungen.
Quelle: Deutsche Herzstiftung, 17.01.2018
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