Überstunden und Arbeitszeit

Meinungsumfrage
EM-R
Arbeitszeit
Immerhin 50,1% der Befragten stimmten der Aussage voll zu (26,5% stimmten zu), häufig unter hohem Zeitdruck arbeiten zu müssen. magann/Fotolia
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50 Prozent der Befragten mussten häufig unter hohem Zeitdruck arbeiten.

In dieser Auswertung der Meinungsumfrage soll das Thema Überstunden/Arbeitszeit aufgegriffen werden. Immerhin 50,1% der Befragten stimmten der Aussage voll zu (26,5% stimmten zu), häufig unter hohem Zeitdruck arbeiten zu müssen. 31,5% (volle Zustimmung) bzw. 22,7% (Zustimmung) der Befragten erleben es häufig, für den einzelnen Patienten nicht so viel Zeit zu haben, wie eigentlich gewollt wäre. 42,2% stimmten voll zu (29,8% stimmten zu), hektischen Betrieb am Arbeitsplatz häufig zu erleben.

Bei der Frage nach den Überstunden/Pausenunterbrechung beziehungsweise -abbruch stimmten 34,3% der Aussage voll zu (25,7% stimmten zu), dies bei der Arbeit häufig zu erleben. Bei der Zahl der Überstunden gab es eine breite Streuung. Das arithmetische Mittel lag (bei wenig aussagekräftigen) 7 Stunden pro Monat. Die Streuung war entsprechend sehr breit. Recht häufig genannt wurden Werte zwischen 10 und 20 Stunden pro Monat. Nachfolgend lesen Sie die Stellungnahme des DVTA zum Thema Überstunden. Deutsche Arbeitnehmer machen, laut der Statistik der Europäischen Beobachtungsstelle für die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen (Eiro) aus Juni 2014, im EU-Vergleich die meisten Überstunden (Statistik der Europäischen Beobachtungsstelle für die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen (Eiro), Juni 2014). Nichts anderes zeigt die Umfrage des DVTA für MTA auf.

Müssen Sie das überhaupt, das heißt sind Sie verpflichtet, auf Anweisung Ihres Arbeitgebers Überstunden zu leisten? NEIN, enn sich dies nicht direkt aus dem Arbeitsvertrag, aus einem für anwendbar erklärten Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Gesetz ergibt. Das Weisungsrecht allein berechtigt Ihren Arbeitgeber nicht dazu, da der Arbeitgeber es sonst in der Hand hätte, Ihre Arbeitsbedingungen einseitig zu Ihrem Nachteil zu verändern. Etwas anderes gilt nur bei einem Notfall, wie zum Beispiel einer Katastrophe wie einem Brand oder einer Überschwemmung, in denen Überstunden zur Abwehr von Schäden dringend notwendig sind.

Wann spricht man von Überstunden und Mehrarbeit?

Überstunden sind die Überschreitung der für den Arbeitnehmer aufgrund Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag geltenden regelmäßigen Arbeitszeit. Sie ergeben sich, wenn der Arbeitgeber anordnet, dass im Anschluss an die regelmäßige Arbeitszeit die Arbeit fortzusetzen ist, oder wenn der Arbeitgeber vorgeschriebene Pausen nicht gewährt. Von Mehrarbeit im arbeitsrechtlichen Sinn spricht man, wenn die gesetzliche Höchstarbeitszeit (werktäglich das heißt Montag bis Samstag regelmäßig 8 Stunden, ausnahmsweise bis zu 10 Stunden unter Einhaltung der Ausgleichsregel) nicht überschritten wird. Zu beachten sind aber auch tarifliche Sonderregelungen, wie z.B. § 7 Abs. 7 TVöD-AT, wo nach Überschreitungen der Arbeitszeit erst dann zu Überstunden werden, wenn sie nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen wurden oder die Ausnahmeregelungen des § 7 Abs. 8 TVöD-AT bei Arbeitszeitkorridoren, Rahmenarbeitszeit oder Schichtarbeit gelten. Bei Teilzeitbeschäftigten entstehen Überstunden erst, wenn die Arbeitszeit über die betriebsübliche Vollarbeitszeit hinausgeht.

Wie wird meine Arbeitszeit gerechnet, und wie kann ich
mich gegen eine Überschreitung wehren?

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geht von Ihrem individuellen Werktag aus. Beginnt Ihre Arbeitszeit um 6 Uhr des einen Kalendertages  (zum Beispiel Montag), endet Ihr Werktag 24 Stunden später, also um 6 Uhr des folgenden Kalendertages (im Beispiel: Dienstag). Innerhalb dieses Zeitraums verbietet § 3 ArbZG dem Arbeitgeber, die Arbeitszeitgrenze von 10 Stunden zu überschreiten. Dies gilt selbst dann, wenn Ihre Arbeitszeit in erheblichem Umfang aus Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst besteht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Tarifvertragsparteien oder die Betriebsparteien eine abweichende Vereinbarung gem. § 7 ArbZG getroffen haben. Wird Ihre zulässige werktägliche Höchstarbeitszeit, zum Beispiel aufgrund struktureller Mängel der Dienstplangestaltung, überschritten, können Sie die Arbeit verweigern, ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen (§ 612 a BGB).

Wer bestimmt, ob Überstunden zu machen sind?

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber das Recht, Überstunden anzuordnen, sofern diese vertraglich geschuldet sind und das Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz) der Mitarbeitervertretung gewahrt ist. Die Anordnung kann schriftlich, mündlich oder auch aus den Umständen heraus (konkludent) erfolgen. Es besteht ein Willkürverbot, d.h. es bedarf einer sachlichen Rechtfertigung, Gleichbehandlung und der Berücksichtigung besonderer persönlicher Umstände der Arbeitnehmer (zum Beispiel lKinderbetreuungszeiten). Die aufgezeigten Arbeitszeithöchstgrenzen nach § 3 ArbZG sowie Schutzbestimmungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz etc. sind einzuhalten.

Muss mein Arbeitgeber Überstunden bezahlen?

Die Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit ist gesetzlich nicht geregelt. Liegt keine ausdrückliche Vereinbarung vor, ergibt die Auslegung des Einzelvertrages regelmäßig, dass geleistete Überstunden oder Mehrarbeit nach § 612 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch nach dem auf eine Arbeitsstunde entfallenden Entgelt zu vergüten sind. Vertragliche Klauseln, wonach Überstunden mit dem Grundgehalt als abgegolten gelten, sind nur wirksam, wenn aus der Formulierung klar hervorgeht, wie viele Überstunden mit dem Grundgehalt abgedeckt sein sollen. I.d.R. werden mindestens 10 % als zulässig angesehen, d.h. bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden, dürfen 4 Stunden als mit abgegolten geregelt werden, sofern dadurch nicht die Vorgaben des Mindestlohngesetzes unterschritten werden.

Steht mir zusätzlich ein Überstundenzuschlag zu?

Gesetzlich ist dies nicht geregelt. Ohne besondere kollektiv- oder einzelvertragliche Rechtsgrundlage ist der Arbeitgeber daher nicht zur Zahlung eines Zuschlags verpflichtet. Insoweit braucht auch der Ausgleich von Überstunden durch Freizeitgewährung keinen Zuschlag zu enthalten. Fällt die Arbeit aufgrund eines rechtmäßigen Streikes aus, dann werden für die Überstundenzuschläge nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden jenseits der tariflich geschuldeten Arbeitszeit (39 Stundenwoche) berücksichtigt. Dies folgt aus der Auslegung des § 7 Abs. 7 TVöD (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 08.12.2011 - 5 Sa 982/11).

Wie mache ich meine Überstundenansprüche geltend?

Für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen gilt die dreijährige Verjährungsfrist. Tarifverträge sehen kürzere sogenannte Ausschlussfristen vor (z.B. § 37 TVöD-AT sechs Monate). Im Streitfall müssen Sie darlegen und beweisen, an welchen Tagen und von wann bis wann Sie Arbeit auf Weisung des Arbeitgebers geleistet oder sich zur Arbeit bereitgehalten haben. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er Ihnen zugewiesen hat und an welchen Tagen Sie von wann bis wann diesen Weisungen – nicht – nachgekommen sind. Ein Vortrag des Arbeitnehmers darüber, welche geschuldeten Leistungen er während der Mehrarbeit geleistet hat, ist nicht erforderlich. Die Anwesenheit eines Arbeitnehmers im Betrieb an seinem Arbeitsplatz begründet die Vermutung dafür, dass die Überstunden zur Erledigung der Arbeit jeweils notwendig waren (BAG, Urteil vom 16. 5. 2012 – 5 AZR 347/11; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.09.2012, Az: 15 Ta 1766/12).

Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ihre rechtlichen Fragen zu Überstunden etc. beantworten wir Ihnen gerne in der Rechtsprechstunde jeden Dienstag von 12:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Ihre Anfragen per Mail/Brief beantworten wir gerne jederzeit.

E. Müller-Rawlins
Rechtsanwältin
Anwaltskanzlei
Hain/Müller-Rawlins

Aus: MTA Dialog 5 (2015) Jahrgang 16

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