Strahlenchemotherapie bei Analkrebs

Gute Heilungschancen?
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Anales Plattenepithelkarzinom
Anales Plattenepithelkarzinom in situ, Ki-67 Färbung Ed Uthman, CC BY-SA 2.0, wikimedia
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Die DEGRO betont, dass die Heilungschancen für Patienten mit Analkarzinom besser seien als bei vielen anderen Krebserkrankungen. Bei frühestmöglicher Erkennung und Behandlung liege die Heilungsaussicht heute bei fast 90%. Die Strahlenchemotherapie stelle derzeit den Therapiestandard dar.

Eine kürzlich publizierte Studie [1] analysierte anhand früherer Erhebungen verschiedene Einflussfaktoren auf das 5-Jahres-Überleben. In der Auswertung lag das Rückfallrisiko insgesamt bei 22%. Aktuelle, an deutschen Zentren initiierte Studien untersuchen derzeit den Zusatznutzen einer Immuntherapie oder einer Hyperthermie in Kombination mit der Strahlenchemotherapie. Ungefähr 1,5% Prozent aller Dickdarmkrebserkrankungen haben ihren Sitz im Analkanal. Im Gegensatz zu anderen Darmkrebsarten nimmt die Häufigkeit des Analkarzinoms jährlich um einige Prozent zu [2]. Die Inzidenz des Analkarzinoms liegt für Frauen ca. bei 1,9 von 100.000 bzw. 1,1 von 100.000 für Männer (Daten von 2012 [2]); der Altersgipfel liegt um die 60 Jahre. Ursächlich ist in 80 bis 85 % der Fälle eine Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) [3], hinzu kommen als Risikofaktoren Immunschwäche und Rauchen. Die Symptome ähneln oft denjenigen von Hämorrhoiden (z. B. Blut im Stuhl, Juckreiz, schmerzhafter Stuhlgang). Die frühesten Tumorstadien sind oft asymptomatisch und sie stellen einen Zufallsbefund dar bzw. werden bei der Darmkrebsvorsorge mittels Darmspiegelung erkannt.

Feingewebliche Unterscheidung

Tumoren im Analkanal unterscheiden sich feingeweblich von Tumoren des übrigen Enddarmes. Während im Analkanal Plattenepithelkarzinome vorliegen, treten im übrigen Dickdarm Adenokarzinome auf. Bis zu den 1980er-Jahren bestand die Therapie des Analkarzinoms in einer Operation, bei der meistens der gesamte Analkanal einschließlich des Schließmuskels entfernt und dementsprechend ein permanenter künstlicher Darmausgang angelegt werden musste [4]. Seitdem hat sich die Therapie laut DEGRO drastisch gewandelt, der Einsatz der lokalen Strahlenchemotherapie mache inzwischen in den allermeisten Fällen eine Operation unnötig. Da Plattenepithelkarzinome des Analkanals besser auf eine Strahlenchemotherapie ansprechen als Adenokarzinome des Darms, stelle sie heute die Therapie der Wahl dar und ermögliche oft eine funktionserhaltende Behandlung.

Simultane, kombinierte Strahlenchemotherapie

Standardbehandlung ist heute die simultane, kombinierte Strahlenchemotherapie, wodurch die 5-Jahres-Überlebensrate nach der Erstdiagnose eines Analkarzinoms abhängig vom Tumorstadium 70 bis über 90 Prozent beträgt [3, 5]. Die derzeitige Standardradiochemotherapie [4] umfasst die Bestrahlung des Tumors, der Leisten- und Beckenlymphknoten (Gesamtdosis von 50,4–59,4 Gy) und eine simultane intravenöse Chemotherapie (5 Fluorouracil an Tag 1–4 sowie Tag 29–32 und Mitomycin C an Tag 1 und 29). Durch immer modernere Bestrahlungstechniken wurden über die Jahre die Nebenwirkungen (besonders der Haut) deutlich reduziert, so die DEGRO.

Gepoolte Analyse von Patienteneinzeldaten

Eine kürzlich publizierte retrospektive Studie [1] sollte nun anhand geeigneter früherer Studien (1987-2008) die Bedeutung bestimmter Strahlentherapie-bezogener Parameter im Hinblick auf die Therapieergebnisse, d. h. progressionsfreies 5-Jahres-Überleben (PFS), örtliche Tumorrückfälle (lokoregionäre Rezidive) und Toxizität, evaluieren. In einer gepoolten Analyse von Patienteneinzeldaten aus sieben großen, multimodalen Studien (Phase II und III; erste geeignete Studie von 1994) wurden dazu die Gesamtstrahlendosis, Bestrahlungsintervalle und Gesamtbestrahlungszeit quantifiziert. 1.343 Patienten konnten in die Analyse einbezogen werden. Die lokale Rückfallrate in den ersten 5 Jahren nach Therapie (22,8%) korrelierte signifikant positiv mit männlichem Geschlecht (p=0,045), Größe der Ausgangstumoren (p<0,001) und einer längeren Gesamtbestrahlungszeit (p=0,03). Das 5-Jahres-PFS lag bei 65,7%, das 5-Jahres-Gesamtüberleben bei 76,7%. Die besten Überlebens-Raten (PFS sowie Gesamtüberleben) hatten Patienten mit weiblichem Geschlecht (p<0,001), kleineren Ausgangstumoren (p<0,001 bzw. p=0,027) und kürzeren Gesamtbestrahlungszeiten (p=0,025 bzw. p=0,026).

Vorsorge ist besser als Therapie

„Im Fazit ist und bleibt beim Analkarzinom die Radiochemotherapie der Goldstandard“, kommentiert Prof. Dr. med. Stephanie E. Combs, Pressesprecherin der DEGRO. „Die besondere Herausforderung bei der Bestrahlung des Analkanalkarzinoms ist die kurative Zielsetzung bei möglichst optimalem Funktionserhalt des Schließmuskels und möglichst geringen bzw. akzeptablen Nebenwirkungen an Haut und Darmschleimhaut. Dies gelingt dank verbesserter und neuer radiologischer Techniken immer besser.“

„Die Radioonkologie unternimmt vielfältige Anstrengungen, um die lokale Rückfallrate von ca. 22% noch weiter zu verbessern“, ergänzt Univ.-Prof. Dr. Rainer Fietkau, Erlangen, Präsident der DEGRO. „Dies erfolgt derzeit im Rahmen von Studien, bei der die Strahlenchemotherapie mit einer Überwärmungstherapie (Hyperthermie) oder einer Immuntherapie kombiniert wird.“ So untersucht die von der Deutschen Krebshilfe geförderte randomisierte Phase-2-Studie „RADIANCE“ unter Federführung der Klinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikum Frankfurt den Zusatznutzen eines sogenannten PD-L1 Immuncheckpoint-Inhibitors zur Standardstrahlenchemotherapie [6] und nach ersten ermutigenden Ergebnissen zum Nutzen der Kombinationstherapie aus Strahlenchemotherapie und Hyperthermie [7] wurde in Erlangen die HyCAN-Studie, eine Phase-3-Studie, gestartet.

„Doch Vorsorge ist besser als Therapie. Wir hoffen, dass durch die von der STIKO empfohlene HPV-Impfung aller Mädchen und Jungen in den kommenden Jahrzehnten die Rate an Analkarzinomen deutlich senkt – die DEGRO appelliert daher an die Eltern, ihre Kinder im frühen Teenager-Alter gegen HPV impfen zu lassen“, so der Experte.

Literatur:

[1] Rivin Del Campo E, Matzinger O, Haustermans K, et al.: Pooled Analysis of external-beam RADiotherapy parameters in phase II and phase III trials in radiochemotherapy in Anal Cancer (PARADAC). Eur J Cancer 2019 Nov; 121:130-143, DOI:  10.1016/j.ejca.2019.08.022.

[2] Buttmann-Schweiger N, Kraywinkel K: Reporting of colorectal cancer (ICD-10 C18-C21): Decline in colorectal cancer incidence does not apply to temporal anal cancer trends in Germany. Oncol Res Treat 2016; 39(suppl 1) VII–191, ID 0330 Seite 69 (https://www.karger.com/Article/Pdf/444354).

[3] https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/andere-krebsarten/analkrebs/haeufigkeit-anatomie-ursachen-und-vorbeugun.html

[4] Loch H, Loch F: Analkarzinom. Coloproctology 2019; 4 Print ISSN: 0174-2442 Elektronische ISSN: 1615-6730 doi.org/10.1007/s00053-019-0372-y.

[5] Bussen D: Nachsorge bei Analkarzinom: Was ist wichtig, was ist überflüssig? Onkologe 2007; 13: 1017–21.

[6] https://www.krebshilfe.de/informieren/presse/neues-aus-der-forschung/millionenfoerderung-fuer-forschung-zur-immuntherapie/

[7] Ott OJ, Schmidt M, Semrau S, et al.: Chemoradiotherapy with and without deep regional hyperthermia for squamous cell carcinoma of the anus. Strahlenther Onkol 2019; 195 (7): 607-614, DOI: 10.1007/s00066-018-1396x.

Quelle: idw/DEGRO

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