Spinozerebelläre Ataxie Typ 17: Therapien in Reichweite?
Die Spinozerebelläre Ataxie Typ 17 (SCA17) ist eine seltene, erblich bedingte Erkrankung des menschlichen Gehirns. Die genauen Mechanismen der Erkrankung sind unbekannt, daher gibt es bislang keine Behandlungsansätze. Durch die krankhafte Veränderung eines Gens, das den Bauplan für ein Protein namens TATA-Box-Binde-Protein (TBP) enthält, wird das Protein in Zellen in einer schadhaften Form gebildet. Dadurch ist auch seine Funktion beeinträchtigt. „Eine Folge davon ist, dass das Protein nachweisbare Eiweißablagerungen im Gehirn bildet und über bislang noch nicht vollständig aufgeklärte molekulare Mechanismen die Nervenzellen schädigt“, erklärt Dr. Jonasz Weber von der Ruhr-Universität Bochum (RUB).
Symptome ab dem mittleren Lebensalter
Als Konsequenz entwickeln von der Krankheit Betroffene ab dem mittleren Lebensalter Symptome wie Bewegungsstörungen, Krampfanfälle, die Beeinträchtigung geistiger Leistungen sowie Wesens- und Verhaltensveränderungen, welche mit einem Abbau von Geweben wie dem Kleinhirn und Hirnstamm einhergehen.
Die molekularen Mechanismen, die die Krankheit verursachen, sind noch nicht vollständig geklärt. Ein möglicher Mechanismus, der die Erkrankung mitverursacht oder zumindest beeinflussen könnte, ist die Spaltung des Erkrankungsproteins TBP durch bestimmte Enzyme. Diese Spaltung führt zu noch schädlicheren Fragmenten des TBP-Proteins in den Nervenzellen. „Interessanterweise konnte in früheren Studien gezeigt werden, dass diese Spaltprodukte auch im Gewebe von Alzheimerpatienten auftreten, und dass sie auch dort eine Rolle im Krankheitsverlauf mitspielen könnten“, so Weber.
Calpaine überaktiviert?
Das Team der Bochumer Humangenetik unter Leitung von Prof. Dr. Huu Phuc Nguyen konnte nun nachweisen, dass eine besondere Klasse von proteinspaltenden Enzymen, die Calpaine, diese Spaltung von TBP verursachen kann. „Darüber hinaus konnten wir zeigen, dass diese Enzyme in Zell- und Tiermodellen der SCA17 überaktiviert sind“, so Jonasz Weber. Da die Aktivität der Calpaine calciumabhängig ist, deutet diese Erkenntnis darauf hin, dass möglicherweise auch Gene fehlreguliert sind, die an der Steuerung des Calciumhaushalts der Zellen beteiligt sind.
Lässt sich der Prozess beeinflussen?
Hemmten die Forscher die Enzyme durch pharmakologische oder genetische Ansätze, konnten sie im Zellmodell die Ablagerungen von TBP und die Herstellung des schadhaften Proteins reduzieren. „Der Nachweis, dass Calpaine am Krankheitsmechanismus der SCA17 beteiligt sind, ebnet weiterer Forschung den Weg“, betont Weber. Weitere Arbeiten könnten die Relevanz dieses molekularen Prozesses bestimmen und herausfinden, ob und wie er sich beeinflussen lässt. So könnten sich auch therapeutische Ansätze für diese Erkrankung ergeben. „Dies gilt sowohl für die SCA17 als auch für ähnliche neurodegenerative Erkrankungen, bei denen bereits demonstriert werden konnte, dass Calpaine eine bestimmende Rolle in der Pathogenese spielen“, so der Forscher.
Quelle: idw/RUB
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