Das neuartige Corona-Virus SARS-CoV-2 fordert schnelle Lösungen, um Erkrankten effizient helfen zu können. Eine Früherkennung kann insbesondere bei einem potenziell schweren Verlauf Leben retten. Genau hier setzt die Studentin Lena Kopp an. Sie studiert Elektrotechnik am Campus Künzelsau der Hochschule Heilbronn, Reinhold-Würth-Hochschule, und entwickelte eine Röntgen-Software zur Früherkennung einer Corona-Infektion.
Mit ihrer Möglichkeit, Röntgenbilder zur Covid-19-Diagnose einzusetzen, geht sie sogar einen Schritt weiter: „Mir ist es besonders wichtig, mit meiner Arbeit etwas zu tun, was Menschen in ärmeren Ländern in dieser schwierigen Zeit von Nutzen sein kann.“
Automatisierte Auswertung von Röntgenbildern
Denn: Üblicherweise wird bei Verdacht auf eine Infektion mit dem Virus der bekannte Nasen-Rachen-Abstrich durchgeführt. Bei Verdacht auf einen schweren Verlauf wird eine Computertomographie (CT) angeordnet. In Entwicklungsländern stehen weder Test-Kits, noch Möglichkeiten einer CT ausreichend zur Verfügung.
So hat Lena Kopp in ihrer Studienarbeit eine Röntgen-Software entwickelt, die zwischen einer bakteriellen und einer viralen Lungenerkrankung unterscheiden kann – völlig automatisch. Ihr Beweggrund: „Da oft kein CT-Equipment zur Verfügung steht, konventionelles Röntgen jedoch inzwischen weit verbreitet ist, ist es aus meiner Sicht besonders sinnvoll, die vorhandenen Möglichkeiten optimal zu nutzen und zur Unterstützung der Ärzte Röntgenbilder automatisiert auswerten zu können“, sagt die Studentin weiter.
COVID-19-Infektion: Gleichmäßige Ausbreitung
Prof. Dr. Alexander Jesser betreute gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Roman Radtke die Studentin bei ihrer vielversprechenden Forschungsarbeit. Jesser erläutert: „Bei einer Erkrankung der Lunge ist das betroffene Gewebe meist weniger transparent für die Röntgenstrahlung und kann durch seine Form und Abgrenzung Aufschluss geben, um welche Art der Krankheit es sich handelt. Eine COVID-19-Erkrankung zeigt meist milchglasartige Veränderungen in beiden Lungenflügeln. Ist eine Erkrankung der Lunge durch eine Infektion mit Bakterien erfolgt, ist mehrheitlich nur ein Flügel der Lunge verändert. Eine gleichmäßige Ausbreitung über alle Bereiche der Lunge ist dabei also ein Hinweis auf eine COVID-19-Infektion.“
Zur automatisierten Auswertung werden die Aufnahmen in einen Standard-PC eingelesen und mit einer speziellen mathematischen Operation der Kontrast erhöht - ein Vorteil bei qualitativ schlechten Aufnahmen, die mit älteren Röntgenanlagen entstehen. Die Software erstellt neben einem Falschfarbenbild, das die Auswertung vereinfachen kann, ein Binärbild, auf welchem sich bereits die Umrisse der Lunge sowie Spuren von geschädigtem Gewebe erkennen lassen.
Zusätzliche Maßnahme zur Diagnose der COVID-19-Erkrankung
Durch einen weiteren Algorithmus werden die im Binärbild vorhandenen Kanten und Grenzen der einzelnen Bereiche ermittelt. Die Software kann durch weitere Berechnungen Flächen- und Symmetriebetrachtungen vollziehen und anhand dieser mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen bakterieller oder viraler Lungenentzündung unterscheiden.
Auch Dr. Konrad Appelt, Radiologe am Universitätsspital Basel, der beratend zur Forschungsarbeit beigetragen hat, sieht die automatisierte medizinische Auswertung von Röntgenbildern positiv: „Klar ist, dass durch diese Methode ein qualifizierter Arzt nicht ersetzen werden kann und ein einfaches Röntgenbild nicht die diagnostische Qualität eines Computertomografen aufweist, sie kann aber eine sehr sinnvolle, zusätzliche Maßnahme zur Diagnose der COVID-19-Erkrankung sein.“
Quelle: idw/Hochschule Heilbronn, 03.08.2020
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