Neue Erkenntnisse zum Hepatitis-E-Virus

Auswirkungen auch auf die Diagnostik?
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Symbolbild zu Hepatitis E
© MQ-Illustrations/stock.adobe.com
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Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist die häufigste Ursache für eine akute, virusbedingte Leberentzündung (Virushepatitis). Im vergangenen Jahr wurden laut RKI 11.318 Fälle erfasst. Für 2024 sind es bereits 1.426 Fälle.

Weltweit werden die aktiven Hepatitis-E-Erkrankungen auf circa 15 bis 110 Millionen geschätzt. Etwa 70.000 Todesfälle sind die Folge. Bisher gibt es in Europa keine zugelassenen Impfstoffe gegen HEV. Laut Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sind die derzeitigen Therapeutika nicht spezifisch, weisen starke Nebenwirkungen auf und können zu Resistenzen führen. Dies ist auch auf ein mangelndes Verständnis großer Teile des viralen Lebenszyklus zurückzuführen. Ein Forschungsteam des PEI hat nun bestimmte Vesikelstrukturen und Proteine identifiziert, die Ziele für eine Behandlung sein könnten und zu einem neuen Verständnis der Weitergabe des viralen Erbgutes auch im Hinblick auf Diagnostik beitragen können.

Schwangere besonders gefährdet

Häufige Symptome einer Leberentzündung durch Hepatitis-E-Viren (HEV) sind u. a. Fieber, Bauchschmerzen, blasser Stuhl, Übelkeit und Gelbsucht. Zu den Risikogruppen dieser Infektion gehören Personen mit geschwächtem Immunsystem (Immunsupprimierte) sowie Schwangere. Immunsupprimierte leiden häufig an chronischen Infektionen, was häufig im globalen Norden der Fall ist. Schwangere durchlaufen nicht selten einen schweren Krankheitsverlauf (fulminante Hepatitis), was mit Sterblichkeitsraten von bis zu 30 Prozent verbunden ist und primär im globalen Süden auftritt. Die geografischen Unterschiede lassen sich dadurch erklären, dass in den nördlichen Regionen vorwiegend zoonotische, durch Lebensmittel übertragene HEV-Stämme (Genotyp 3 und 4) zirkulieren, während in den südlichen Regionen vor allem durch Wasser übertragene Genotypen 1 und 2 vorkommen.

Bisher wenig über das virale Polyprotein pORF1 bekannt

Über das virale Polyprotein pORF1 wird die Vervielfältigung der genetischen Informationen von HEV (Genomreplikation) vermittelt. Das Protein besteht aus verschiedenen Bereichen oder Domänen. Eine Proteindomäne ist eine stabil gefaltete Struktur innerhalb eines Proteins, die funktional und strukturell unabhängig von benachbarten Proteinabschnitten ist. pORF1 ist das zentrale Protein für die Replikation (Replikase), das heißt für die Vervielfältigung der genetischen Information des Virus. Wenig ist jedoch ansonsten über pORF1 bekannt, auch nicht seine genaue Lokalisation innerhalb infizierter Zellen.

Genauere Untersuchungen zu pORF1

Forscherinnen und Forscher um Dr. Mirco Glitscher in der Arbeitsgruppe von Prof. Eberhard Hildt, Leiter der Abteilung Virologie des Paul-Ehrlich-Instituts, haben sich mit dieser wichtigen Unbekannten des HEV beschäftigt. Hierzu wurde die subzelluläre Lokalisierung von pORF1 und dessen einzelner Domänen, die auf der Grundlage einer Strukturvorhersage der viralen Replikase generiert und kloniert worden waren, mithilfe der konfokalen Laser-Scanning-Mikroskopie analysiert. Durch Ultrazentrifugation wurden zudem die aus den Zellen freigesetzten Exosomen isoliert und durch isopyknische (Trennung nach gleicher Dichte) Dichtegradientenzentrifugation analysiert. Anschließend wurden die abgetrennten Partikel durch Fluorimetrie, Western-Blot-Analysen oder RT-qPCR genauer untersucht.

Replikase über Exosomen freigesetzt

Das Forschungsteam stellte fest, dass sich pORF1 im Vesikelsystem der Zelle – dem endosomalen System – anreichert und hier vor allem in den sogenannten multivesikulären Körpern (multivesicular bodies, MVBs). Diese Strukturen sind zentral für die Bildung von Exosomen und wurden bisher nur als Wirtstruktur zur Freisetzung von Viruspartikeln des HEV angesehen. Dass auch die virale Replikase hier zu finden ist, wurde als abhängig von einer pORF1-Domäne, der PCP (papainähnliche Cystein-Protease) identifiziert. Das Forschungsteam hat jetzt herausgefunden, dass auch die virale Replikase über Exosomen freigesetzt wird. Dieser Prozess wird durch die virale Protease, die Teil der Replikase ist, vermittelt. Auch führt dies dazu, dass Virusgenome sogar in Abwesenheit von Viruspartikeln über diesen Weg freigesetzt werden.

Kapsid nicht zwangsläufig zur Freisetzung von Erbgut benötigt?

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass pORF1 in einer PCP-abhängigen Weise in MVBs gelangt, woraufhin die exosomale Freisetzung folgt. Die Forscher vermuten, dass möglicherweise die Freisetzung des Virus und die Replikation, die Vervielfältigung der genetischen Informationen, räumlich gekoppelt sind. Dies könnte die Ausbreitung der viralen Infektion erleichtern, da Genome, die während einer Neuinfektion in die Zelle gelangen, schnell auf exosomal übertragenes pORF1 treffen und vervielfältigt werden können. Außerdem weisen die erhobenen Daten darauf hin, dass das Kapsid nicht zwangsläufig zur Freisetzung von Erbgut benötigt wird. Die Exosomen und damit in Verbindung stehende Proteinstrukturen könnten geeignete Angriffspunkte für Therapeutika gegen HEV sein, weil so gegebenenfalls der Zellaustritt und die Vermehrung unterbunden werden könnten. Für die Diagnostik hat die kapsidunabhängige Freisetzung der HEV-Genome durchaus Auswirkungen, da bisher eine Korrelation von Viruspartikelmenge und Virusgenomen angenommen wird. Dass genomische RNA jedoch auch ohne Kapsid in Exosomen vorliegen kann, muss auf Relevanz diagnostischer Verfahren überprüft werden.

Literatur:
Glitscher M, Spannaus IM, Behr F, Murra RO, Woytinek K, Bender D, Hildt E: The protease domain in HEV pORF1 mediates the replicase's localization to multivesicular bodies and its exosomal release. Cell Mol Gastroenterol Hepatol, 2024, Jan 6 [Epub ahead of print], DOI: 10.1016/j.jcmgh.2024.01.001.

Quelle: PEI

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