Neue Erkenntnisse zum Glioblastom

Medikamente in Sicht?
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Symbolbild für Hirntumor
© eranicle/stock.adobe.com
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Zum Glioblastom gab es gleich zwei interessante Veröffentlichungen, die das Verständnis dieses aggressiven Hirntumors verbessern und so zu neuen Medikamenten führen könnten.

Bisher ist die Diagnose Glioblastom gleichzusetzen mit einem Todesurteil. Denn eine besondere Eigenschaft seiner Tumorzellen macht Glioblastome bislang unheilbar: Sie schwärmen aus, vernetzen sich und durchziehen das Gehirn mit einem Geflecht aus hauchdünnen Zellverbindungen. Diese „Versorgungsrouten“ erhalten den Hirntumor selbst dann am Leben, wenn der größte Teil chirurgisch entfernt, der Rest bestrahlt und mit Medikamenten behandelt wurde. Betroffene überleben nach der Diagnose im Durchschnitt weniger als zwei Jahre.

Genetisches Profil erstellt

Allerdings haben Forscherinnen und Forscher der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) erstmals ein genetisches Profil erstellt, mit dem sie die „Netzwerkzellen“ eindeutig von anderen Zellen des Tumors unterscheiden können [1]. Die Signatur besteht aus 71 Genen, die signifikant häufiger in den Tumorzellen abgelesen werden, sobald und solange sich diese Zellen vernetzen. Dieses Wissen öffnet die Tür zu einer deutlich gezielteren Erforschung von dringend benötigten neuen Therapien. „Wichtiges Ziel neuer Therapien ist es, die Vernetzung der Glioblastomzellen zu stören oder zu verhindern. Mit der Gensignatur können wir nun erstmals zuverlässig überprüfen, ob Medikamente beim Patienten entsprechend wirken“, so Professor Dr. Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und Leiter der Klinischen Kooperationseinheit „Neuroonkologie“ von UKHD und DKFZ sowie Sprecher des Sonderforschungsbereichs 1389 „UNITE GLIOBLASTOMA – Überwindung der Therapieresistenz von Glioblastomen“.

Gen CHI3L1 als neuer Angriffspunkt?

Ein in der Signatur enthaltenes Gen könnte darüber hinaus eine besondere Rolle beim aggressiven Wachstum der Glioblastome spielen und sich als Angriffspunkt neuer Therapien eignen: Dieses Gen (CHI3L1) mit dem darauf kodierten Proteinbauplan wird in vernetzten Glioblastomzellen besonders häufig abgelesen, entsprechend die Bildung des CHI3L1-Proteins stark angekurbelt. Dieses Gen markiert bei anderen Krebsarten wie Brust-, Pankreaskarzinom oder auch Lungenkrebs besonders aggressives Wachstum.

Nutzung von Organoidmodellen

Um die Forschung beim Glioblastom voranzutreiben und die Mausmodelle abzulösen, nutzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Haikun Liu im DKFZ gemeinsam mit Kollegen aus chinesischen Forschungseinrichtungen Organoidmodelle, die aus menschlichen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) gezüchtet wurden [2]. Die Forscherinnen und Forscher bezeichnen ihre Konstrukte als „GLO“ – für (Laboratory Engineered) Glioblastoma-like Organoids. Um die Eigenschaften der Glioblastome zu imitieren, wurden in den Stammzellen mithilfe der Genschere CRISPR-Cas diejenigen Tumorsuppressor-Gene ausgeschaltet, die typischerweise in Glioblastomen ausgefallen sind. So gelang es, eine Reihe von GLOs zu züchten, die den wichtigsten Mutationsspektren bei Glioblastom-Patienten vollständig entsprechen. „Die GLOs sind ideal, um die Wechselwirkungen zwischen krebsspezifischen Genmutationen und molekularen Eigenschaften zu entschlüsseln“, so Liu.

Lipidsenker Lomitapid im Blick

„Im Vergleich zu anderen Organoid-Techniken haben die GLOs den Vorteil, dass sie von einer induzierten pluripotenten Stammzelle mit präzise definierten Mutationen abstammen. Sie haben sich als geeignetes Modell erwiesen, um herauszufinden wie genetische Mutationen die funktionelle Heterogenität der Glioblastomzellen und das Ansprechen auf Medikamente bestimmen“, erklärt DKFZ-Forscher Liu. So konnten die Forscherinnen und Forscher beispielsweise bereits zeigen, dass der Lipidsenker Lomitapid das Wachstum bestimmter GLOs signifikant hemmt.

Literatur:
1. Hai L, Hoffmann DC, Wagener RJ, et al.: A clinically applicable connectivity signature for glioblastoma includes the tumor network driver CHI3L1. Nat Commun 15, 968 (2024), DOI: doi.org/10.1038/s41467-024-45067-8.

2. Wang C, Sun M, Shao C, et al.: A multidimensional atlas of human glioblastoma-like organoids reveals highly coordinated molecular networks and effective drugs. npj Precision Oncology (2024), DOI: doi.org/10.1038/s41698-024-00500-5.

Quelle: idw/DKFZ/Uni Heidelberg

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