Das Multiple Myelom ist eine bisher unheilbare Erkrankung der blutbildenden Zellen im menschlichen Knochenmark. Das Team um Dr. Mirco Friedrich aus der Medizinischen Klinik V, Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie am Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) hat die Zusammensetzung und Aktivität des Immunsystems bei Betroffenen im Detail analysiert. Im Fokus standen die sogenannten T-Zellen, denn sie erkennen veränderte Körperzellen, wie Krebszellen, mithilfe spezieller Oberflächeneiweiße (T-Zell-Rezeptoren) und können diese im Idealfall zerstören.
Wirkung der TCE-Behandlung patientenindividuell
In den letzten Jahren haben neue immuntherapeutische Ansätze das Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten beim Multiplen Myelom erweitert. Eine Form der Immuntherapie nutzt nachgebaute T-Zell-Rezeptoren als sogenannte bispezifische Antikörper oder T-Zell-Engager (TCE). Die im Labor hergestellten Immuneiweiße werden den Patienten per Infusion verabreicht. Sie verfügen über zwei passgenaue „Andockstellen", jeweils eine für T-Zelle und Tumorzelle, und verbinden so die Immunzelle mit ihrer Beute, der Krebszelle. Die Behandlung mit bispezifischen Antikörpern ist bereits bei fortgeschrittenem Myelom zugelassen. Für die Behandlung des neudiagnostizierten Multiplen Myeloms wird die Therapie gerade in Studien getestet. „Die TCE-Behandlung wirkt allerdings leider nicht bei allen Patientinnen und Patienten mit Multiplem Myelom gleich gut. Womit dieser Unterschied im Therapieverlauf zusammenhängt, haben wir in unserem Forschungsprojekt nun genauer unter die Lupe genommen", erklärt Friedrich. „Ein Analyse-Verfahren, das wir für unsere Forschungsarbeit selbst entwickelt haben, erlaubt uns anhand der individuellen T-Zell-Landschaft eines Patienten eine Prognose des möglichen Therapieansprechens."
T-Zell-Ausstattung entscheidend
Die Forschenden entdeckten auf diese Weise, dass die Wirkung der TCEs beim Multiplen Myelom sehr stark von der patienteneigenen T-Zell-Ausstattung abhängt, insbesondere von der Menge an aktivierbaren Immunzellen. Hierbei spielen die sogenannten zytotoxischen T-Zellen eine große Rolle. Lassen sich diese im Labor anregen, sich zu teilen, ist auch bei dem dazugehörigen Patienten mit einem guten Therapieansprechen auf die TCEs zu rechnen. „Gibt es hingegen zu viele inaktive T-Zellen, so sagt dies unseren Beobachtungen nach eine geringe Wirkung der TCE-Behandlung beim Multiplen Myelom voraus", berichtet Prof. Dr. Marc-Steffen Raab, Leiter der Sektion Myelom in der Medizinischen Klinik V.
Bessere Planbarkeit in Sicht?
Ziel sei es nun, die Behandlung des Multiplen Myeloms auf Basis dieser Erkenntnisse besser planbar zu machen. Durch den Blick auf den Aktivitätsstatus der T-Zellen können Patientinnen und Patienten, die von der TCE-Therapie sehr wahrscheinlich profitieren, leichter identifiziert werden. Auf der anderen Seite kann bei Patienten, bei denen die Therapieform voraussichtlich nicht gut wirken wird, schneller nach einer anderen Option gesucht werden. Darüber hinaus ist für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch der Bauplan der T-Zell-Rezeptoren besonders interessant und Teil ihrer Forschungsaktivitäten. Mit diesen Bauanleitungen lassen sich Rezeptoren künstlich herstellen, um sie für zielgenaue Immuntherapien zu nutzen.
Die Heidelberger Myelomforschung wird gefördert durch die Dietmar Hopp Stiftung. Die weiteren Forschungsaktivitäten von Friedrich zu krebsspezifischen Immuntherapien beim Multiplen Myelom werden für die Dauer von drei Jahren durch die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung mit einer Gesamtsumme von 493.000 Euro unterstützt.
Quelle: Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD)
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