Multiples Myelom: Knochenstruktur wiederaufbauen
Zweimal pro Woche trainieren zwölf Männer und Frauen 30 Minuten lang unter medizinischer Anleitung und einmal zuhause. In der Kontrollgruppe der Studie „Machbarkeit vom Impact-Training bei Patienten mit Multiplem Myelom (MIMM)“ erhalten acht Personen ein Entspannungstraining. Sie alle haben eine Gemeinsamkeit: das Multiple Myelom.
Signalweg blockieren
„Das Multiple Myelom ist eine bösartige Erkrankung der Plasmazellen im Knochenmark“, erklärt Franziska Jundt, Professorin für Hämatologie und Internistische Onkologie und Leiterin des Zentrums für das Myelom im Zentrum für Seltene Erkrankungen Nordbayern (ZESE). Jundt hat vor mehr als 20 Jahren einen Signalweg entdeckt, der auch beim Multiplen Myelom aktiv ist. Seither beschäftigt sie sich mit der Frage: Wie blockiere ich den Signalweg ohne schwerwiegende Nebenwirkungen? Denn leiden müssen die Betroffenen schon genug. „Die Tumorzellen infiltrieren das Skelett und zersetzen die Knochen. Selbst wenn die Tumorzellen abgeräumt wurden, haben die Betroffenen weiter Löcher im Knochen. Diese führen zu zahlreichen schmerzhaften Frakturen. 80 Prozent der Myelom-Patientinnen und -Patienten leiden unter Knochenschmerzen und -frakturen“, verdeutlicht Franziska Jundt.
Knochendichte verbessern
Wie lassen sich Knochen wiederaufbauen und Frakturen vermeiden? Bei einem einfachen Bruch wird heutzutage möglichst früh mobilisiert, um dadurch gezielt den heilenden Knochen zu stimulieren. Sobald der Knochen über Muskeln beansprucht wird, kann sich die Knochenstruktur verbessern. „Zur mechanischen Stimulation sind wir schließlich über die Arme von Tennisspielern gekommen, die eine unterschiedliche Knochendichte aufweisen. Beim Spielerarm ist die Knochendichte wesentlich höher im Vergleich zum nicht spielenden Arm“, berichtet die Medizinerin und verweist auf die Osteoporose, die heute bereits erfolgreich mit einem Ganzkörper-Vibrationstraining behandelt wird. Bei der Therapie stehen die Patientinnen und Patientinnen auf einer Art Rüttelplatte. Durch das sanfte Vibrieren werden Muskulatur und Knochen gestärkt. Könnte diese Therapie auch bei Patientinnen und Patienten mit Multiplem Myelom funktionieren?
Tierversuch
Das Team um Jundt hat zunächst drei Wochen lang Mäuse mit Multiplen Myelom einer Art Kompressionsstimulation unterzogen. „Und zu unserer Überraschung war es möglich, dass sich die Knochen sogar dort aufgebaut haben, wo die Tumorzellen saßen“, sagt Jundt.
Vorabstudie erfolgreich
Daraufhin wurden in einer Pilotuntersuchung die Sicherheit sowie die spezifischen Auswirkungen eines Ganzkörper-Vibrationstrainings auf den Knochenstoffwechsel von Patientinnen und Patienten mit monoklonaler Gammopathie, einer Vorstufe des Multiplen Myeloms, untersucht. Neun Frauen und sechs Männer trainierten zweimal pro Woche eine halbe Stunde über zwölf Wochen, zehn von ihnen verlängerten um weitere zwölf Wochen. Mit Erfolg. Schon nach drei Monaten war ein Knochenaufbau zu verzeichnen, der jedoch nach Abbruch des Trainings wieder auf das Ausgangsniveau sank. Bei Frauen war der Erfolg noch ausgeprägter als bei den Männern. Jundt vermutet, dass dies an der Postmenopause liegt, in der sich der Knochen zunächst abbaut, sodass sich dieser durch eine Stimulation auch wieder stärker aufbaut. In einer größer angelegten Studie in Kooperation mit den Uniklinika Hamburg, Essen und Köln sollen zukünftig Patientinnen und Patienten mit Multiplem Myelom auf Rüttelplatten trainiert werden.
Machbarkeitsstudie
Studien haben gezeigt, dass sich diese Art von Krafttraining positiv auf die Knochendichte auswirkt, zum Beispiel bei Osteoropose und Prostatakrebs. „Wir vermuten, dass sich die durch das Springen und Stampfen verbundene Stimulation des muskuloskelettalen Systems die Knochendichte erhöht, die Mobilität von unseren Myelom-Patientinnen und Patienten verbessert und schließlich auch Frakturen vorgebeugt wird. Daher prüfen wir in unserer Machbarkeitsstudie, ob wir dieses Training, das wir in Zusammenarbeit mit Freerk Baumann, Professor für onkologische Bewegungswissenschaften an der Uniklinik Köln, einsetzen, auch unseren Patientinnen und Patienten zumuten können“, erklärt Jundt.
Quelle: Universitätsmedizin Würzburg
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