Krankschreibungen: Höchststände setzen sich fort
Der Spitzenwert von 225 Arbeitsunfähigkeitsfällen je 100 erwerbstätige AOK-Mitglieder aus dem vergangenen Jahr sei bereits im Zeitraum von Januar bis August 2024 erreicht worden – und damit schon vor der zu erwartenden Erkältungs-/Corona-/Influenzawelle im Herbst und Winter. „Es ist daher davon auszugehen, dass wir in der Gesamtbilanz für 2024 einen noch höheren Wert sehen werden als 2023“, so die Einschätzung von Johanna Baumgardt, Forschungsbereichsleiterin Betriebliche Gesundheitsförderung im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) und Mitherausgeberin des Fehlzeiten-Reports 2024. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2021 waren nur knapp 160 Fälle je 100 Mitglieder zu verzeichnen.
Atemwegserkrankungen als Treiber
Der wesentliche Treiber dieser Entwicklung seien nach wie vor die Atemwegserkrankungen. „Der Krankenstand liegt höchstwahrscheinlich aufgrund einer erhöhten Empfänglichkeit für Infektionen und aufgrund der neuen, zusätzlichen viralen Erkrankungen der letzten Jahre insgesamt höher“, so die WIdO-Expertin. Es gibt aber auch andere mögliche Gründe: So kann die Einführung der elektronischen Krankmeldungen zu einer vollständigeren Erfassung der AU-Bescheinigungen beigetragen haben. „Es ist zu vermuten, dass vor der Einführung der eAU nicht alle Versicherten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei der Kasse eingereicht haben, sodass wir nun ein vollständigeres Bild haben“, erläutert Baumgardt.
Telefonische Krankschreibung nicht ursächlich
Die AOK-Vorstandsvorsitzende Dr. Carola Reimann ging auf einen anderen Aspekt ein, der zuletzt im Zusammenhang mit den hohen Krankenständen diskutiert worden ist: Mitte September hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner die Abschaffung der telefonischen Krankschreibung gefordert, weil es seiner Ansicht nach eine Korrelation zwischen dem hohen Krankenstand und der Einführung dieser Maßnahme gebe. „Diese gefühlte Wahrheit können wir nicht bestätigten“, betonte dagegen Reimann. „Verschiedene Auswertungen des WIdO zu den Fehlzeiten in der Pandemie lassen den Schluss zu, dass mit der damals neu eingeführten Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung sehr verantwortungsvoll umgegangen worden ist.“ Weder 2020 noch 2021 seien im Zusammenhang mit der damals neu eingeführten Option höhere Krankenstände zu sehen gewesen. „Insofern haben die Erfahrungen aus der Pandemie gezeigt, dass die telefonische Krankschreibung verantwortungsvoll genutzt wurde und eine Möglichkeit sein kann, die Arztpraxen gerade in Infektionswellen zu entlasten und zu einer Reduzierung von Kontakten mit erkrankten Personen beitragen kann“, betonte Reimann. Sie sprach sich für eine Beibehaltung dieser Möglichkeit aus, die der Gemeinsame Bundesausschuss im Dezember 2023 dauerhaft beschlossen hatte.
Quelle: AOK
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