Hörgerät und Cochlea-Implantat gegen geistigen Abbau?

Schutz im Alter?
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Schon seit längerem beobachten Forscher, dass Menschen mit Hörstörungen im Alter überproportional häufig an einer Demenz erkranken. Welchen Anteil an kognitiven Einbußen im Alter hat eine Hörstörung? Kann ein Hörgerät oder Cochlea-Implantat gegenwirken?

Das Hörvermögen nimmt etwa ab Mitte 50 ab. Mit 65 Jahren ist jeder dritte Mensch auf beiden Ohren schwerhörig. Diese Hörstörung führt dazu, dass ältere Menschen im Radio und Fernsehen nicht mehr alles mitbekommen, im Gespräch weniger gut folgen können und daher die Gesellschaft anderer meiden.

Hinweise aus Kohortenstudien

„Die soziale Isolierung und die fehlenden Anregungen durch die Umwelt könnten langfristig dazu führen, dass Menschen mit Hörstörungen sich geistig nicht mehr so gut entfalten können und deshalb schneller abbauen“, berichtet Privatdozentin Dr. med. Christiane Völter von der Ruhr-Universität Bochum anlässlich des Welttags des Hörens am 3. März. Dafür gebe es Hinweise aus Kohortenstudien, in denen schwerhörige Menschen über längere Zeit beobachtet wurden. In einer Studie zeigte sich, dass das Risiko, langfristig an einer Demenz zu erkranken, bei mittelgradigen Hörstörungen um das Dreifache und bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit sogar um das Fünffache erhöht war. „Obwohl es hierzu in den letzten Jahren zahlreiche Veröffentlichungen gab, ist ein abschließendes Urteil derzeit noch nicht möglich, schränkt Dr. Völter allerdings ein.

Wichtiger Beitrag zur Vorbeugung einer Demenz?

Wenn sich die Vermutung allerdings bestätigen sollte, dann könnte die Behandlung von Hörstörungen einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung einer Demenz im Alter leisten. „Das Hörvermögen wäre dann einer der wenigen heute bekannten Risikofaktoren für das Auftreten einer Demenz, die sich auch behandeln ließe“, sagt Dr. Völter. Und weil Hörstörungen häufig sind, könnte dies auch gesellschaftspolitisch eine Relevanz haben.

Eine Hörrehabilitation ist durch Hörgeräte und seit einigen Jahren auch durch sogenannte Cochlea-Implantate möglich. Diese Geräte, die ursprünglich für taube Kinder entwickelt wurden, nehmen den Schall über ein Mikrofon auf und stimulieren dann direkt den Hörnerven. Dr. Völter betont: „Auch Menschen, deren Schwerhörigkeit weit fortgeschritten ist, können mit einem Cochlea-Implantat wieder hören.“ Erste prospektive Studien deuten darauf hin, dass sich bei einem Teil der älteren Patienten einzelne neurokognitive Fähigkeiten bereits sechs Monate nach der Versorgung mit einem solchen Hörimplantat verbessern. „Für eine abschließende Beurteilung ist es jedoch noch zu früh“, sagt die Expertin: „Die bisherigen Untersuchungen wurden nur an wenigen Patienten durchgeführt. Auch fehlten bislang noch Langzeitergebnisse. Hier gelte es, die Auswertung der derzeit laufenden internationalen Studien abzuwarten.“

Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen

Unabhängig davon, ob eine Hörrehabilitation die Entwicklung von Demenzerkrankungen beeinflussen kann, wirken sich Hörgeräte und Cochlea-Implantate jedoch überaus positiv auf die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen aus. Dies belegen Studien, aber auch die Erfahrung im klinischen Alltag. Dr. Völter: „Dies könnte ein Grund dafür sein, dass Menschen mit einem guten Hörvermögen auch länger geistig fit bleiben.“

Literatur:

Lin FR et al. Hearing Loss and Incident Dementia. Arch Neurol. 2011; 68(2): 214-220, jamanetwork.com/journals/jamaneurology/fullarticle/802291

Loughrey DG, et al.: Association of Age-Related Hearing Loss With Cognitive Function, Cognitive Impairment, and Dementia. A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2018; 144(2): 115-126,
jamanetwork.com/journals/jamaotolaryngology/article-abstract/2665726

Livingston G, et al.: Dementia prevention, intervention, and care. Lancet. 2017; 390: 2673-2734,
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(17)31363-6/fulltext

Hughes ME, et al.: Hearing Aid Use in Older Adults With Postlingual Sensorineural Hearing Loss: Protocol for a Prospective Cohort Study. JMIR Res Protoc. 2018; 7(10):e174, https://www.researchprotocols.org/2018/10/e174/

Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.

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