Genschere: Schneller und zuverlässiger SARS-CoV-2-Nachweis
Das Verfahren CRISPR/Cas ist vielseitig. Abseits vom populärwissenschaftlich bekannten ‚Gene Editing‘ zur Herstellung der kontrovers diskutierten genetisch modifizierten Organismen (kurz: GMOs) wird vor allem das Effektorprotein Cas in verschiedenen Varianten inzwischen auch in einer Vielzahl von Studien für den molekularbiologischen Nachweis von Nukleinsäuren wie DNA oder RNA verwendet. Das Freiburger Forschungsteam um Mikrosystemtechniker Dr. Can Dincer vom Institut für Mikrosystemtechnik stellt in seiner neuesten Studie einen mikrofluidischen Multiplex-Chip vor, auf dem simultan die Viruslast im Nasenabstrich sowie, gegebenenfalls, die Antibiotika-Konzentration im Blut von COVID-19 Patientinnen und –Patienten gemessen werden könnte.
Zeit als entscheidender Vorteil
Die Corona-Schnelltests haben in der Pandemie einen großen Stellenwert eingenommen. Anstelle eines, nicht immer einfach verfügbaren, Termins für einen rt-qPCR-Test auf dessen Ergebnis ein bis drei Tage gewartet werden muss, sind Schnelltests inzwischen relativ bequem an jeder Ecke zu bekommen. Was bei diesen Tests jedoch an Kosten, Aufwand und Zeit eingespart wird, wird in der Regel mit Test-Sensitivität bezahlt. Dieses Problem äußerte sich vor allem im letzten Winter, als Infektionen mit der Omikron-Variante des Virus sehr spät und oftmals erst nach dem Einsetzen von Symptomen von den sogenannten ‚Lateral Flow Devices‘ erkannt wurden. „Der Trade-Off zwischen Testsensitivität und Sample-to-Result-Zeit könnte mit unserer Methode überbrückt werden“, so Midori Johnston, Erstautorin der Studie.
CRISPR-basierter COVID-Test
Wie auch beim Schnelltest zuhause oder in Teststellen werde eine Patientenprobe (naso- oder oropharyngealer Abstrich) in einen Reaktionsmix getropft. Im Gegensatz zum herkömmlichen Schnelltest werde mit CRISPR allerdings nicht auf Virusproteine, sondern wie beim PCR-Test auf charakteristische Sequenzen im Virusgenom untersucht. Enthält die Probe den gesuchten RNA-Ausschnitt werde das Effektorprotein (Cas13a) aktiviert und schneide die in der Reaktionslösung vorhandene Reporter-RNA. Durch die Abwesenheit dieses Reporters ergebe sich beim elektrochemischen Auslesen des Chips ein invers proportionaler Zusammenhang zwischen der Menge der Virus-RNA aus der Probe und der gemessenen Stromdichte, so die Wissenschaftler. „Unser System kommt hierbei ohne Vervielfältigung des Genmaterials aus, ist flexibel anpassungsfähig an neue, infektiologisch-relevante Mutationen des Virus und verwendet ausschließlich günstige, haltbare und ungiftige Reagenzien sowie ein handliches Messsetup“, sagt Dincer.
Zuverlässige, sensitive und schnelle Testmöglichkeiten notwendig
Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidungen mehrerer Bundesländer, die Isolationspflicht für positiv getestete COVID-19-Patientinnen und –Patienten abzuschaffen, werden zuverlässige, sensitive und schnelle Testmöglichkeiten wieder notwendig, um auf erneute Infektionswellen angemessen reagieren zu können, betonen die Forscher. Auch die Hospitalisierung von Patientinnen und Patienten mit schweren Verläufen werde dabei nicht ausbleiben. Hier komme ein weiteres Feature des Mikrofluidik-Chips zum Tragen: Die Kombination des CRISPR-Assays mit einem ß-Lactam-Antibiotika-Nachweis. Oftmals infizieren sich an COVID-19 erkrankte Patientinnen und Patienten zusätzlich bakteriell und werden entsprechend mit Breitband-Antibiotika wie zum Beispiel Amoxicillin, Ampicillin oder Piperacillin behandelt. Die richtige Dosis ist hierbei ausschlaggebend, um eine erfolgreiche Behandlung zu gewährleisten, aber auch die Entwicklung resistenter Keime zu verringern. Der Sensor der Forschergruppe könnte hierbei durch eine gleichzeitige Überwachung von sowohl der Viruslast als auch der Antibiotika-Konzentration im Blut oder Speichel des Patienten von Nutzen sein.
An dieser fächerübergreifenden Studie waren weitere Forschende der Universität Freiburg beteiligt: Prof. Dr. Wilfried Weber von der Professur für Synthetische Biologie und CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies, Dr. med. Daniela Huzly vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg und Prof. Dr. Gerald Urban von der Professur für Sensoren am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK).
Quelle: idw/Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
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