PFAS, auch als „Ewigkeitschemikalien“ bekannt, werden seit ihrer Erfindung in den 1950er-Jahren intensiv genutzt. Sie sind so gut wie nicht abbaubar, deshalb ihre Bezeichnung. Insbesondere über das Grundwasser gelangen sie auch in die menschliche Nahrungskette. Schätzungen zufolge sind mehr als 10.000 verschiedene Substanzen aus der Kategorie der per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) entwickelt worden. Wegen ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften kommen sie in tausenden Produkten wie Kosmetik, in Zahnseide, aber auch in Pfannen-Beschichtungen und in Löschschaum zum Einsatz. Die PFAS werden auch ein wichtiges Thema auf der Analytica 2024 sein. Die Problematik um die Nachweisbarkeit wird gerade vor dem Hintergrund eines möglichen EU-weiten Verbots wichtiger werden.
Jüngere Probanden stärker betroffen
Die Befunde der Bonner Forscherinnen und Forscher vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) sind der jüngste Beitrag zur aktuellen Diskussion über die Wirkung von PFAS auf die Gesundheit des Menschen. „Wir sehen deutliche Anzeichen für eine gesundheitsbedenkliche Wirkung von PFAS. Und wir haben festgestellt, dass bei gleicher PFAS-Konzentration im Blut die negativen Effekte bei jüngeren Probanden stärker ausgeprägt sind als bei älteren“, sagt Prof. Dr. Dr. Monique Breteler, Direktorin für Populationsbezogene Gesundheitsforschung am DZNE. Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung legten außerdem nahe, dass schon relativ niedrige PFAS-Konzentrationen im Blut mit ungünstigen Blutfett-Profilen verbunden sind.
Signifikanter Zusammenhang zwischen PFAS und schädlichen Blutfetten
„Unsere Daten zeigen einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen PFAS im Blut und schädlichen Blutfetten, die mit einem kardiovaskulären Risiko assoziiert sind. Je höher der PFAS-Spiegel, desto höher ist die Konzentration dieser Fettstoffe. Strenggenommen ist das noch kein Beweis dafür, dass die PFAS-Chemikalien Verursacher der ungünstigen Blutfett-Profile sind. Doch die enge Korrelation stützt diesen Verdacht. Sie ist ein starkes Argument für eine strengere Regulierung von PFAS, um die Gesundheit zu schützen“, so die Bonner Forscherin. Auffällig sei, dass bei nahezu allen Probanden PFAS im Blut nachgewiesen werden konnte. Man könne diesen Chemikalien also nicht entgehen. „Auch wenn wir für die von uns untersuchten Probanden keine unmittelbare Gesundheitsgefährdung sehen, so ist die Situation dennoch bedenklich. Denn auf lange Sicht kann sich das erhöhte Risiko sehr wohl auf Herz und Kreislauf negativ auswirken“, so Breteler.
Blutproben von mehr als 2.500 Personen untersucht
Grundlage für die aktuelle Untersuchung waren die „Rheinland Studie“ des DZNE – eine bevölkerungsbasierte Gesundheitsstudie im Bonner Stadtgebiet – und die sogenannte NEO-Studie aus den Niederlanden („Netherlands Epidemiology of Obesity study“). Forscherinnen und Forscher des DZNE arbeiteten dafür mit Fachleuten des niederländischen Leiden University Medical Center zusammen. Die Blutproben von insgesamt mehr als 2.500 Frauen und Männern im Alter zwischen 30 und 89 Jahren flossen in die Analysen ein. Dabei kam modernste Technik zum Einsatz. „Erst seit wenigen Jahren gibt es die Technologie, um Blutproben mit der Genauigkeit zu untersuchen, die für unsere Fragestellung notwendig ist“, sagt DZNE-Wissenschaftlerin Elvire Landstra. Sie ist Erstautorin der aktuellen Fachpublikation gemeinsam mit einem Kollegen aus Leiden.
Konzentration auf PFOA, PFOS und PFHxS
Die Blutproben wurden mit der Massenspektrometrie detailliert untersucht. Das Forschungsteam fokussierte sich in der Analyse auf drei der am weitesten verbreiteten PFAS-Arten – PFOA, PFOS und PFHxS – und ermittelten zusätzlich die Konzentration von 224 Blutfetten, Metaboliten und Aminosäuren. „Mit diesem ‚untargeted approach’ – also einem bewusst breit angelegten Ansatz ohne vorgefasster Zielrichtung – konnten wir den Zusammenhang zwischen der PFAS-Konzentration und einem nachteiligen Profil an Fettstoffen, sogenannten Lipiden, nachweisen. Dazu gehören das allgemein bekannte Cholesterin und diverse andere Blutfette, die als Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekannt sind“, sagt Landstra. Wesentliche Unterschiede zwischen den Proben aus Bonn und Leiderdorp gab es nicht. „Unsere Untersuchung ist die bislang detaillierteste zu diesem Thema und diejenige mit der größten Datenbasis. Bisherige Studien hatten eine Korrelation zwischen PFAS und gesundheitsbedenklichen Blutfetten bereits nahegelegt, aber so deutlich wie in unserer Studie hatte sich dieser Zusammenhang bislang nicht gezeigt.“ Künftige Studien könnten nach Ansicht der Bonner auf spezifische Bereiche des Körpers eingehen. „Wir haben uns das Blutbild angeschaut. In einem nächsten Schritt wäre es sinnvoll, das Vorkommen von PFAS in einzelnen Organen zu untersuchen“, sagt Breteler.
Hintergrund zur Rheinland Studie:
Seit 2016 erforscht das DZNE im Rahmen der „Rheinland Studie“ – einer auf Jahrzehnte angelegten, bevölkerungsbasierten Studie im Bonner Stadtgebiet – Faktoren, die die menschliche Gesundheit bis ins hohe Alter beeinflussen. Dabei steht das Gehirn im Fokus. Studienteilnehmer/-innen werden alle paar Jahre zu einer Bestandsaufnahme ihrer körperlichen und geistigen Fitness eingeladen und die Entwicklung ihrer Gesundheit wird erfasst. Das gesamte Untersuchungsprogramm dauert jeweils etwa sieben Stunden. Es beinhaltet die Sammlung von Biomaterialien wie Blut und Urin, Befragungen zum Lebensstil, Untersuchungen des Herz-Kreislauf-Systems, Tests der kognitiven Fähigkeiten und körperlichen Fitness sowie eine Vielzahl weiterer Untersuchungen, die sich modernster Medizintechnik bedienen – inklusive Hirnscan im Magnetresonanztomografen. Die Rheinland Studie erfährt eine breite Unterstützung von bisher schon über 10.000 Menschen, die durch ihre Studienteilnahme einen Beitrag zur Gesundheitsforschung leisten. Ab Frühjahr 2024 stehen die Türen der Untersuchungszentren auch wieder neuen interessierten Teilnehmern offen.
Quelle: DZNE
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