Das Besondere an der Stammzellbank: Ein Stammzellspender kann zwei Leben retten – und die Transplantationskliniken können sich auch in schwierigen Zeiten wie der Corona-Krise auf verfügbare Blutstammzellspenden mit den gängigsten Genotypen verlassen. Noch in diesem Jahr soll die Stammzellbank in Dresden in Betrieb genommen werden. Die weltweit größte Stammzellspenderdatei DKMS stellt sich damit neuen und künftigen Herausforderungen.
Wettlauf gegen die Zeit
Viele der Blutkrebspatienten können ohne eine Stammzelltransplantation nicht überleben. Nur ein Drittel von ihnen findet einen passenden Stammzellspender in der eigenen Familie, während die Mehrheit auf einen nicht verwandten Spender angewiesen ist, dessen HLA-Merkmale (Gewebemerkmale) mit denen des Patienten übereinstimmen. Für viele Patienten beginnt mit der Suche nach einem Spender ein Wettlauf gegen die Zeit. Je schneller ein geeigneter Spender gefunden wird, desto besser sind die Überlebenschancen für den Patienten. Das „Einfrieren“, die „Kryokonservierung“, von überschüssigen Blutstammzellen ist ein weiterer wichtiger Schritt, wenn es um die schnelle Verfügbarkeit geht.
Vorbereitung auf die zweite Welle
„Mit der DKMS-Stammzellbank investieren wir, um auf eine mögliche zweite Welle des Coronavirus und die Herausforderungen im Zusammenhang mit Blutstammzellentnahmen während einer globalen Epidemie oder Krise vorbereitet zu sein. Wir tun alles, um solche Hindernisse jetzt und in Zukunft zu überwinden. Ein Team international anerkannter Experten arbeitet fast rund um die Uhr daran, den Aufbau zu beschleunigen“, sagt Dr. Elke Neujahr, Global CEO DKMS. In Zeiten, in denen die Corona-Krise Spenderdateien und Register wie die Non-Profit-Organisation DKMS vor enorme Herausforderungen stellt, gewinnen die einzigartigen Vorteile kryokonservierter Blutstammzellen zunehmend an Bedeutung. „Gegenwärtig ist es einigen Spendern nicht erlaubt oder sie scheuen sich, zu den Entnahmezentren zu reisen, um ihre lebensrettende Blutstammzellspende durchzuführen. Daher planen wir den Aufbau einer Stammzellbank, die kryokonservierte periphere Blutstammzellprodukte von nicht verwandten Spendern voraussichtlich bis Ende dieses Jahres herstellen, lagern und auf Anfrage zur Verfügung stellen wird. Auf diese Weise können wir auch in Krisenzeiten wie diesen Blutstammzellen für bedürftige Patienten zur Verfügung stellen“, sagt Dr. Alexander Schmidt, Chief Medical Officer der DKMS.
Noch schneller und effektiver helfen
Dr. Alexander Platz, Medizinischer Direktor der DKMS-Nabelschnurblutbank und künftigen DKMS-Stammzellbank, verfolgt das Projekt gemeinsam mit seinem Team mit großer Überzeugung und großem Engagement: „Unsere Stammzellbank ist sehr innovativ und zukunftsweisend. Für viele Patienten zählt jeder Tag, und die Suche nach einem Spender ist der Beginn eines Wettlaufs gegen die Zeit. Mit unserer Stammzellbank werden wir Patienten auf der ganzen Welt noch schneller und effektiver helfen können.“ Ist ein Match für einen Patienten gefunden, dauert es normalerweise mehrere Wochen, bis die Stammzellen dem Spender entnommen und auf den Patienten transplantiert werden können.
Transplantationen ohne lange Wartezeiten
Im Gegensatz dazu sind kryokonservierte Blutstammzellen viel schneller und mit einer Wahrscheinlichkeit von 100% verfügbar. Und die Zeit drängt: Während der Patient normalerweise auf die Transplantation wartet, könnte die Krankheit weiter fortschreiten und eine Transplantation nicht mehr möglich sein. Bei einigen Erkrankungen ist der Behandlungserfolg umso größer, je schneller transplantiert wird. „Die Kryokonservierung hat den Vorteil, dass sie Transplantationen ohne lange Wartezeiten und ohne das Risiko, dass etwas ‚im Weg steht‘, ermöglicht. Dies war die anfängliche Motivation, als wir mit der Planung der DKMS-Stammzellbank begannen. Jetzt, angesichts der Corona-Krise, erkennen wir umso mehr die große Relevanz dieses Projekts, zumal eine zweite Pandemie-Welle die Welt treffen könnte“, sagt Dr. Elke Neujahr. Auch für den Fall, dass ein Patient eine zweite Stammzellspende benötigt, stehen die passenden Stammzellen schnell zur Verfügung, wenn sie kryokonserviert wurden – ohne dass der Spender ein zweites Mal spenden muss.
Nur bei Entnahme über das Blut
„Mit dieser Methode können wir die kryokonservierten peripheren Blutstammzellen von unseren Spendern Patienten auf der ganzen Welt für unverwandte Stammzelltransplantationen zur Verfügung stellen. Unser Ansatz ist sehr besonders, unkompliziert und für unsere Spender zu 100% ethisch vertretbar. Es ist kein zusätzlicher Aufwand damit verbunden, da wir nur Spender fragen werden, die ohnehin für einen bestimmten Patienten spenden. Auf diese Weise könnten unsere Spender mit einer Spende zwei Leben retten“, sagt Dr. Alexander Platz. „Nach unserer Erfahrung mobilisieren viele Spender wesentlich mehr Stammzellen, als ein einzelner Patient tatsächlich benötigt“, fügt er hinzu. Die Entnahme der zusätzlichen Stammzellen erfolgt daher immer nur im Rahmen einer Stammzellentnahme, die ohnehin stattfinden würde, und immer über das Blut. Im Gegensatz zu einer Knochenmarkspende ist bei einer peripheren Stammzellenentnahme eine Operation oder Anästhesie nicht notwendig.
Längere Apheresezeit
Für den Spender bedeutet die Entnahme von zusätzlichen Zellen, abgesehen von einer etwas längeren Apheresezeit, keinen zusätzlichen Aufwand. Es wird eine „Standard“-Stammzellspende durchgeführt, bei der das zulässige Blutvolumen verarbeitet wird. Sobald die Spende abgeschlossen ist, wird entschieden, ob zwei Produkte gewonnen werden können: eines für den Patienten, der auf das Transplantat wartet, das andere zur Einlagerung in der Stammzellbank. Bevor die Stammzellbank in Betrieb genommen werden kann, muss ein Reinraumlabor eingerichtet werden: „Die Bauarbeiten sind im Gange, und wir sind zuversichtlich, dass wir bis Ende 2020 unsere ersten 100 kryokonservierten Stammzellprodukte einlagern können“, sagt Dr. Platz. In einem ersten Schritt wird die DKMS vor allem Spender mit besonders häufigen HLA-Merkmalkombinationen und einer infolgedessen höheren Spenderwahrscheinlichkeit berücksichtigen.
Kooperationspartner Uniklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Ein wichtiger Kooperationspartner wird das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden sein: Dort befindet sich das Apheresezentrum, das die Stammzellspenden für die Stammzellbank sammeln wird. Die Verträge für das neue Entnahmezentrum sind unterzeichnet, und die DKMS wird in Kürze mit der Planung der „Standard“-Sammlungen am Universitätsklinikum Dresden beginnen. Darüber hinaus plant die DKMS, im Laufe des Jahres 2020 mindestens ein weiteres Apheresezentrum als Kooperationspartner zu gewinnen.
Quelle: idw/DKMS
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