Weisung zur Versetzung

Was war passiert?

Der Arbeitnehmer war zuletzt in Dortmund beschäftigt. Trotz eines zugunsten des Arbeitnehmers entschiedenen Kündigungsrechtsstreits lehnte der Arbeitgeber eine Zusammenarbeit in Dortmund ab. Der Arbeitgeber teilte dem Arbeitnehmer schriftlich mit, dass er ihn am Standort Berlin einsetzen werde. Der Arbeitnehmer nahm seine Arbeit am Standort Berlin nicht auf. Der Arbeitgeber mahnte ihn daraufhin zweimal schriftlich ab, bevor er dann das Arbeitsverhältnis fristlos kündigte. Der Arbeitnehmer wollte nun gerichtlich klären lassen, dass er nicht verpflichtet war, der Weisung, am Standort in Berlin zu arbeiten, Folge zu leisten.

Wie entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG)?

Der 10. Senat des BAG hat die Auffassung vertreten, dass ein Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des § 106 GewO eine unbillige Weisung des Arbeitgebers auch dann nicht befolgen muss, wenn keine dementsprechende rechtskräftige Entscheidung der Gerichte für Arbeitssachen vorliegt.

Damit wollte der 10. Senat von der Rechtsprechung des 5. Senats des BAG abweichen. Der 5. Senat hatte bisher in derartigen Fällen entschieden, dass sich ein Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Weisungsrechts – sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam sei – nicht hinwegsetzen dürfe, sondern entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen müsse. Dies wurde damit begründet, dass der Arbeitnehmer, wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit, an die durch die Ausübung des Weisungsrechts erfolgte Konkretisierung (unter anderem des Inhalts der Arbeitsleistung) vorläufig gebunden sei, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststehe (BAG 22. Februar 2012 – 5 AZR 249/11).

Der 10. Senat fragte daher beim 5. Senat an, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhalte (Anfragebeschluss des 10. Senats vom 14. Juni 2017 – 10 AZR 330/16 [A]). Der 5. Senat teilte auf die Anfrage mit, dass er an seiner bisherigen Rechtsauffassung nicht mehr festhalte (Antwortbeschluss des 5. Senats vom 14. September 2017 – 5 AS 7/17).

Was heißt das für Sie?

Trotz dieser Entscheidung des BAG sollte man mit der Verweigerung der Arbeitsleistung vorsichtig sein. Stellt sich nämlich später heraus, dass der Arbeitgeber sein Direktionsrecht ordnungsgemäß ausgeübt hat, gehen Vergütungsansprüche verloren und eine fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung könnte wirksam sein.

Nur eine offensichtlich unbillige Weisung (zum Beispiel Weiterbeschäftigung im obigen Fall in Dortmund war ohne Weiteres möglich) würde eine Arbeitsverweigerung (hier in Berlin zu arbeiten) rechtfertigen. Dies ist aber stets eine Frage der maßgebenden Umstände des Einzelfalls. Wir empfehlen Ihnen daher, derartige Weisungen von der Rechtsabteilung des DVTA prüfen zu lassen, um die zuvor benannten Nachteile zu vermeiden.

Neue Entgeltordnung TVöD-VKA: Bitte Frist für Antragsstellung bis 31. Dezember 2017 beachten!!! Bitte beachten Sie die Frist für den Antrag auf Höhergruppierung für die neue Entgeltordnung TVöD-VKA, die am 31. Dezember 2017 abläuft. Es handelt sich dabei um eine Ausschlussfrist, das heißt danach verfällt Ihr Recht auf Antragsstellung für eine Höhergruppierung wegen des Inkrafttretens der neuen Entgeltordnung.

Sofern Sie nicht wissen sollten, ob sich ein Antrag für Sie lohnt, sollten Sie zunächst von Ihrem Arbeitgeber den Ist-Zustand schriftlich erbitten, das heißt die konkrete Herleitung Ihrer derzeitigen Eingruppierung (Eingruppierung nach BAT [Vergütungsgruppe mit Fallgruppe, Zulagen et cetera], Eingruppierung nach Überleitung [TVÜ-VKA Anlage 3] nebst Zulagen et cetera), da Sie nur im Vergleich des bisherigen Gesamtentgelts mit dem neuen Entgelt (TVöD-VKA) bei Höhergruppierung ersehen können, ob sich eine Höhergruppierung lohnt.

Dies liegt unter anderem darin begründet, dass die Höhergruppierung nach § 29 b TVÜ-VKA in der Regel nicht stufengleich erfolgt, die Vergütungsgruppenzulagen und sonstige Funktionszulagen gestrichen wurden und auch die Jahressonderzahlung geringer ausfällt.

Gerne unterstützt Sie die Rechtsabteilung des DVTA.

Herausnahme aus dem Bereitschaftsdienst? Was war passiert?

Eine OP-Schwester wurde regelmäßig, auch nachts und an Wochenenden, im Bereitschaftsdienst eingesetzt. Für diese Einsätze erhielt sie eine Bereitschaftsdienstzulage von 100 Prozent sowie eine freiwillige Bereitschaftsdienstzulage. Diese Zulagen beliefen sich zuletzt auf durchschnittlich insgesamt 694,56 Euro monatlich. Der Arbeitgeber setzte dann ab August 2013 die Arbeitnehmerin nicht mehr im Bereitschaftsdienst, sondern nur noch im regulären OP-Betrieb ein mit der Folge, dass die entsprechenden Zulagen entfielen. Die Arbeitnehmerin klagte gegen den Arbeitgeber auf Bezahlung der entsprechenden Zulagen.

Wie entschied das Gericht?

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz entschied mit Urteil vom 26. April 2017 (4 Sa 399/16), dass der Zahlungsanspruch der Arbeitnehmerin begründet ist, da die Herausnahme aus dem Bereitschaftsdienst unwirksam ist.

Aus dem Arbeitsvertrag ergab sich zwar eine Verpflichtung der Arbeitnehmerin, aber keine Verpflichtung des Arbeitgebers, sie im Bereitschaftsdienst einzusetzen. Das dem Arbeitgeber zustehende Direktionsrecht (§ 106 GewO) wurde auch nicht dahingehend eingeschränkt, dass der Arbeitnehmerin Bereitschaftsdienste zuzuweisen sind. Der Umstand, dass die Arbeitnehmerin über einen Zeitraum von über 20 Jahren vom Arbeitgeber in Bereitschaftsdiensten eingesetzt wurde, führt in der Regel nicht automatisch zu einer Vertragsänderung, dass der Arbeitgeber sie auch weiterhin im Bereitschaftsdienst einsetzen muss. Zum reinen Zeitablauf (hier 20 Jahre im Bereitschaftsdienst) müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer nur noch verpflichtet sein soll, seine Arbeit unverändert zu erbringen (BAG v. 15. September 2009 – 9 AZR 757/08). Solche besonderen Umstände wurden von der Arbeitnehmerin nicht vorgetragen.

Das Gericht sah jedoch in der Herausnahme der Klägerin aus dem Bereitschaftsdienst eine Überschreitung der Grenzen billigen Ermessens im Sinne des § 106 Satz 1 GewO und sah die Herausnahme aus dem Bereitschaftsdienst aus diesem Grunde als unwirksam an.

Die Wahrung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (BAG v. 24. April 1996 – 5 AZR 1031/94). Eine Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen nach den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalles in die Abwägung einzubeziehen. Hierzu gehören im Arbeitsrecht die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG v. 21. Juli 2009 – 9 AZR 404/08 – NZA 2009, 1369). Diesbezüglich ist der Arbeitgeber in der Beweispflicht.

Das Gericht sah ein erhebliches Interesse der Arbeitnehmerin an der weiteren Erbringung von Bereitschaftsdiensten als gegeben an, da sich die Zulagen für Bereitschaftsdienste auf durchschnittlich 694,56 Euro monatlich beliefen und fast 19 Prozent ihres monatlichen Gesamtverdienstes ausmachte. Der Entzug der Bereitschaftsdienste stellte daher für die Arbeitnehmerin einen erheblichen Einkommensverlust dar. Aufgrund der Tatsache, dass sie seit 20 Jahren ohne Unterbrechung im OP-Bereitschaftsdienst eingesetzt worden war, hat sie ihre Lebensführung darauf eingerichtet, die betreffenden Zulagen weiterhin zu erhalten. Demgegenüber sah das Gericht nennenswerte Interessen des Arbeitgebers, die Arbeitnehmerin vom Bereitschaftsdienst auszunehmen, als nicht gegeben an.

Was heißt das für Sie?

Sollten Sie in eine ähnliche Situation kommen, kann die Argumentation des Urteils Ihnen dazu verhelfen, dass der Arbeitgeber Sie weiterhin im Bereitschaftsdienst einsetzen und Ihnen die entsprechenden Zulagen weiterhin bezahlen muss.

Entnommen aus MTA Dialog 11/2017

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