Neue Urteile und Gesetze

Diese Frage ist uns vermehrt in der Rechtsprechstunde, aber auch bei anderen Veranstaltungen gestellt worden. Die Antwort ist nein. Sofern diese die in § 74 Abs. 3 MT-Berufe-Gesetz (MTBG) benannten Voraussetzungen am 1. Januar 2023 erfüllen, bedarf es keiner Nachqualifizierung! § 74 MTBG bezieht sich in Abs. 3 auf die persönlichen Voraussetzungen.

Die Mindestanforderungen an Schulen in § 18 Abs. 2 gelten für Personen als erfüllt,

die am 31. Dezember 2022 rechtmäßig eine Schule für technische Assistenten in der Medizin leiten, die am 31. Dezember 2022 rechtmäßig an einer Schule für technische Assistenten in der Medizin unterrichten oder die am 31. Dezember 2022 über die Voraussetzungen und erforderlichen Qualifikationen für die Leitung oder die Tätigkeit als Lehrkraft verfügen. Der Wortlaut spricht klar für den Bestandsschutz der in den Nr. 1–3 benannten Personen. Sie verlieren daher nicht ihre Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung als MTA beziehungsweise MT und die bisherige Qualifikation als Lehrkraft oder leitende Lehrkraft. Eine Nachqualifizierung ist daher nicht erforderlich!

§ 74 Abs. 2 MTBG regelt dagegen die staatliche Anerkennung der Schule an sich, die die Mindestanforderungen nach § 18 Abs. 2 MTBG ab dem 31. Dezember 2033 erfüllen muss, um nicht die Anerkennung zu verlieren. Dies kann die MT-Schule aber mit den in § 74 Abs. 3 benannten Personen, da diese, gemäß Wortlaut, sofern sie unter § 74 Abs. 3 Nr. 1–3 MTBG fallen, die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 MTBG erfüllen, verhindern.

Das entspricht auch der Historie und Sinn und Zweck der Vorschrift, da im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens Bedenken geäußert wurden, wie man bis zum 31. Dezember 2033 die benötigten hochschulisch qualifizierten Personen ausbilden soll und dass die bisher als Lehrkräfte und Leitende Lehrkräfte Tätigen zu schützen seien.

Gelten noch die alten Richtlinien nach Inkrafttreten des Strahlenschutzgesetzes und der Strahlenschutzverordnung? Viele Mitglieder kamen auf uns mit der Frage zu, ob zum Beispiel die Richtlinie zu Arbeitsanweisungen und Aufzeichnungspflichten nach den §§ 18, 27, 28 und 36 der Röntgenverordnung und Bekanntmachung zum Röntgenpass, die Richtlinie zur Strahlenschutzverordnung, die Richtlinie Fachkunde und Kenntnisse im Strahlenschutz bei dem Betrieb von Röntgeneinrichtungen in der Medizin oder Zahnmedizin et cetera nach Inkrafttreten des Strahlenschutzgesetzes und der Strahlenschutzverordnung noch gelten.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzgesetz – StrlSchG) und der Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) wurde das Strahlenschutzrecht grundlegend überarbeitet. Gleichzeitig ist die Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen (Röntgenverordnung – RöV) wie die alte Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) außer Kraft getreten. Mit dem Inkrafttreten des StrlSchG und der StrlSchV sind alle bisherigen Richtlinien zum Strahlenschutz überarbeitungsbedürftig geworden. Die Verweise in den Richtlinien stimmen nicht mehr und Teile der Richtlinien sind bereits im StrlSchG oder in der StrlSchV geregelt worden.

Derzeit ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gemäß einer aktuellen Antwort des zuständigen Referats S II 4 bemüht, die Richtlinien an das neue Strahlenschutzrecht anzupassen. Bis dahin können die Empfehlungen der alten Richtlinien herangezogen werden, sofern sie den Regelungen des StrlSchG und der StrlSchV nicht entgegenstehen. In Bezug auf die bisherige Pflicht nach § 28 Abs. 2 Röntgenverordnung, Röntgenpässe bereitzuhalten und der untersuchten Person anzubieten, wurde festgehalten, dass es hierfür keine Entsprechung in den neuen Regelungen des Strahlenschutzrechts gibt. Es bleibe aber möglich, einen Röntgenpass freiwillig anzubieten.

MTRA bekommt Recht, nicht zur biometrischen Zeiterfassung verpflichtet zu sein (Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg; Urteil vom 4. Juni 2020 – 10 Sa 2130/19).

Ein MTRA war in einer radiologischen Praxis tätig, in der die Zeiterfassung händisch auf einen ausgedruckten und ausliegenden Dienstplan erfolgte. Die Arbeitgeberin führte dann ein elektronisches Zeiterfassungssystem ein, bei dem sich die Beschäftigten mittels biometrischen Fingerabdrucks identifizieren. Bei der Verifikation mittels Fingerabdrucks speicherte das System ausschließlich die Minutien (Koordination der Schnittpunkte) eines Fingerabdrucks, worauf der MTRA hingewiesen wurde.

Der MTRA weigerte sich, die elektronische Zeiterfassung, trotz entsprechender Anweisung, zu nutzen und dokumentierte seine Arbeitszeit wie bisher händisch im Dienstplan. Die Arbeitgeberin mahnte ihn zweimal mit der Aufforderung ab, das Zeiterfassungssystem mit dem dazugehörigen Fingerabdruck-Scanner ab sofort ordnungsgemäß zu nutzen. Der MTRA hielt die Abmahnungen für nicht gerechtfertigt, da es keine datenschutzrechtliche Erlaubnis für eine Zeiterfassung unter Nutzung seiner biometrischen Daten gäbe und forderte die Entfernung der Abmahnungen aus seiner Personalakte. Die Arbeitgeberin kam dem nicht nach, da sie, bezüglich der Zeiterfassung mit den Minutien des MTRA, von einer datenschutzrechtlichen Erlaubnis ausgeht. Die Erfüllung des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien hänge wesentlich von der Einhaltung der vereinbarten Arbeitszeiten ab. Die Arbeitgeberin habe sich für dieses System entschieden, weil es die erforderlichen Daten (Arbeitsbeginn und Arbeitsende) manipulationssicher erfasse.

Der MTRA hatte mit seiner Klage Erfolg. Sowohl die erste wie auch die zweite Instanz hielten die Abmahnungen für unwirksam und sind daher aus der Personalakte zu entfernen.

Datenschutzrechtlich handele es sich bei dem Minutiendatensatz um biometrische Daten nach Art. 9 Abs. 1 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne von § 26 Abs. 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Diesen Daten sei eigen, dass eine Verarbeitung die Privatsphäre des Mitarbeiters und damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im besonderen Maße verletzen könne. Die Verarbeitung von biometrischen Daten – und somit auch von Minutiendatensätzen – sei daher nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich verboten. Allerdings enthalte Art. 9 Abs. 2 DSGVO mehrere Erlaubnistatbestände, bei deren Vorliegen eine Verarbeitung (ausnahmsweise) doch zulässig sei. Arbeitsrechtlich relevant seien insbesondere die Erlaubnistatbestände „Erforderlichkeit“, „Freiwillige Einwilligung“ und „Kollektivvereinbarung“. An einer Kollektivvereinbarung und einer Einwilligung des Klägers fehle es hier. Auch sei die Erfassung der Arbeitszeit durch ein System mittels Fingerabdrucks nicht „erforderlich“ im Sinne der Art. 9 Abs. 2 DSGVO beziehungsweise des Bundesdatenschutzgesetzes (§ 26 Abs. 3 BDSG) und damit grundsätzlich unzulässig, da das Interesse des Arbeitgebers an der Vermeidung jeglicher Manipulationen bei der Zeiterfassung nicht ausreichend sei, um den erheblichen Grundrechtseingriff beim MTRA zu rechtfertigen.

Was heißt dies für Sie?

Arbeitgeber sind zwar vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH vom 14. Mai 2019 C-55/18) gehalten, die effektive tägliche Arbeitszeit ihrer Beschäftigten mittels eines entsprechenden Systems zu dokumentieren. Nach der Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg ist eine biometrische Zeiterfassung, beispielsweise mittels Fingerabdrucks, aber grundsätzlich nicht „erforderlich“, da alternative Möglichkeiten wie die Verwendung eines „Ausweisleser-Systems“ (Chipkarten oder Transponder) als milderes Mittel gegeben sind.

Festzuhalten ist aber auch, dass in anders gelagerten Fällen die „Erforderlichkeit“ im Sinne der DSGVO durch ein besonderes Sicherheitsinteresse des Arbeitgebers gerechtfertigt sein könnte, wie zum Beispiel sensible Bereiche, die vor dem Zutritt unberechtigter Dritter geschützt werden müssen. Auch verhält sich der Fall anders, wenn Beschäftigte in die Nutzung freiwillig einwilligen. Probleme kann hier in der Praxis die Freiwilligkeit bereiten, da diese beinhaltet, dass der Beschäftigte keine Nachteile zu befürchten haben darf, wenn er die Einwilligung verweigert. Dies wird in der Regel nicht gegeben sein.

Die Einführung einer biometrischen Zeiterfassung kann daher in der Regel nur wirksam mittels Betriebsvereinbarung oder Dienstvereinbarung erfolgen, ungeachtet dessen, dass hier die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG) und der Personalvertretung (§ 75 Abs. 3 Nr. 15, 17 BPersVG) gelten.

Anwaltskanzlei HMR E. Müller-Rawlins Rechtsanwältin

Entnommen aus MTA Dialog 6/2021

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