Kommentar: Wird das Mpox-Risiko in Europa richtig eingeschätzt?

Abwarten ist das falsche Mittel
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Warnung Mpox
© Usama136/stock.adobe.com
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Das Ausrufen der gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite (PHEIC) beim aktuellen Mpox-Ausbruch durch die WHO hat doch für einigen Wirbel gesorgt. Zeigt es doch den Ernst der Lage auf.

Doch kaum lief diese Meldung über die Ticker, ging es schon wieder los. Die im Englischen „Minimizer“ genannten „Experten“ bringen sich bereits wieder in Stellung und betonen, dass „keine Panik“ bestehe. Klar, Panik ist nie ein guter Ratgeber, aber es müssen doch die Alarmleuchten im Gesundheitsbereich und Gefahrenabwehr blinken, wenn man sieht, wie schnell sich in Afrika aktuell die Mpox Clade 1b ausbreitet und (dieses Mal) vor allem auch Kinder betroffen sind. Schnell kommt aus dem Westen der Hinweis, man habe ja Erfahrung mit dem letzten Mpox-Ausbruch und man wisse, was zu tun sei. Ist dies wirklich so? Wir haben bisher im Westen eigentlich nur Erfahrung mit Clade 2. Wie sich die neue Clade hier auswirken wird (ein Ausbruch dürfte ohnehin nur noch eine Frage der Zeit sein), kann seriöserweise niemand sagen. Auch nicht, wie gut die vorhandenen Impfstoffe dann wirken. Die bisherigen Daten (aus 2023) sprechen dafür, dass die Impfung nicht das Allheilmittel sein kann, für das einige es offenbar (wieder) halten.

Vorsicht sollte geboten sein

Ein erster Fall von Clade 1b ist nun in Schweden nach einer Reise nach Afrika aufgetaucht, der erste außerhalb Afrikas. In diesem Zusammenhang sei auch auf eine 2023 erschienene Studie in Lancet verwiesen, in der die respiratorische Übertragung von Mpox näher betrachtet wurde. Die Autoren kamen damals zu dem Schluss: „Based on the available evidence, the likelihood of human-to-human MPXV respiratory transmission appears to be low; however, studies should continue to assess this possibility.“ Während hierzulande gleich wieder betont wurde, das Übertragungsrisiko sei beherrschbar, wäre ein solcher Übertragungsweg schlichtweg eine Katastrophe. SARS-CoV-2 hat gezeigt, was eine Unterschätzung mit sich bringen kann. Doch statt Afrika frühzeitig zu helfen (die ersten Warnsignale waren dort früh erkennbar), den aktuellen Ausbruch einzudämmen, hat man lieber abgewartet („es ist ja so weit weg“). Man könnte wieder sagen: „Die Menschheit hat nichts dazu gelernt“. Es gibt im Zeitalter des globalen Flugverkehrs eben keine regionalen Ereignisse mehr. So beginnt China laut örtlicher Medienberichte bereits, Neuankömmlinge auf Mpox-Symptome zu screenen.

Auch Abwarten bei H5N1?

Gleiches gilt im Übrigen für Influenza H5N1 in den USA. Auch dort schaut man im Prinzip mehr oder weniger nur zu und macht zu wenig, um die Ausbreitung im Nutztierbereich endlich zielgerichtet einzudämmen, bevor die Anpassung des Virus an den Menschen (noch besser) erfolgt. Es ist umso weniger verständlich, da ein erneuter Ausbruch einer Pandemie sehr viel teurer wird als frühzeitige und schnelle zielgerichtete Eindämmungsmaßnahmen, die jedoch einige unliebsame Entscheidungen im Vorfeld des US-Präsidentschaftswahlkampfes erfordert hätten.

Literatur:
Zaeck, L.M., Lamers, M.M., Verstrepen, B.E. et al. Low levels of monkeypox virus-neutralizing antibodies after MVA-BN vaccination in healthy individuals. Nat Med 29, 270–278 (2023). doi.org/10.1038/s41591-022-02090-w.

Moschetta N, Raccagni AR, Bianchi M, et al.: Mpox neutralising antibodies at 6 months from mpox infection or MVA-BN vaccination: a comparative analysis. Lancet Infectious Diseases, Volume 23, ISSUE 11, e455-e456, November 2023, DOI: https://doi.org/10.1016/S1473-3099(23)00571-6.

Beeson A, Styczynski A, Hutson CL, et al.: Mpox respiratory transmission: the state of the evidence. The Lancet Microbe, Volume 4, ISSUE 4, e277-e283, April 2023, DOI: https://doi.org/10.1016/S2666-5247(23)00034-4.

Ergänzung vom 20.8.24: Leser/-innen haben uns auf die folgenden Studien hingewiesen, die das respiratorische Risiko von Mpox untersuchen:

Hernaez B, Muñoz-Gómez A, Sanchiz A, et al.: Monitoring monkeypox virus in saliva and air samples in Spain: a cross-sectional study. The Lancet Microbe, Volume 4, ISSUE 1, e21-e28, January 2023, DOI: doi.org/10.1016/S2666-5247(22)00291-9.

Verreault D, Killeen SZ, Redmann RK, Roy CJ: Susceptibility of monkeypox virus aerosol suspensions in a rotating chamber. Journal of Virological Methods, 187 (2013) 333– 37, DOI: dx.doi.org/10.1016/j.jviromet.2012.10.009.

Sanchiz A, Martín R, Del Val M, Corell A, Alcamí A: MPXV and SARS-CoV-2 in the air of Nightclubs in Spain. The Lancet, Vol 4 June 2023, DOI: doi.org/10.1016/S2666-5247(23)00104-0.

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