Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei dauerhafter Erwerbsminderungsrente
Der Arbeitnehmer war bei der Arbeitgeberin seit 1998 unbefristet beschäftigt . Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Bestimmungen des BAT und die zur Änderung und Ergänzung des BAT abgeschlossenen beziehungsweise künftig abzuschließenden Tarifverträge, hier der TVöD Bund, Anwendung. Der Arbeitnehmer war seit August 2008 als Schwerbehinderter anerkannt. Auf seinen Antrag hin wurde ihm im März 2012 per Bescheid des Rentenversicherungsträgers ab April 2012 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer gewährt. Im Mai 2012 teilte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer mit, dass sein Arbeitsverhältnis gem. § 33 Absatz II 3 TVöD Ende März 2012 geendet habe.
§ 33 Absatz II TVöD lautet auszugsweise wie folgt: „(2) Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. (...) Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird; (...).“
Der Arbeitnehmer wehrte sich gegen die Beendigung und klagte mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der in § 33 Absatz II TVöD vorgesehenen auflösenden Bedingung geendet hat. Nach seiner Ansicht gebe es keinen sachlichen Grund für die Befristung. Zudem verstoße die Regelung gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Absatz II Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), da sie ihn wegen seiner Behinderung benachteilige und sei daher unwirksam. Wie entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG)?
Das BAG entschied mit seinem Urteil vom 14.1.2015 – 7 AZR 880/13, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Bewilligung der Erwerbsminderungsrente auf unbestimmte Dauer wirksam beendet wurde.
- 1. Nach Ansicht des BAG ist die in § 33 Absatz II TVöD vorgesehene auflösende Befristung bei dauerhaftem Rentenbezug wirksam, da
sie einen Sachgrund im Sinne des § 14 Absatz I TzBfG dar-
stellt. Die Regelung des § 33 Absatz II TVöD trage den Interessen
beider Vertragsparteien Rechnung: Der Arbeitnehmer soll vor ei-
ner Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes geschützt
werden, der Arbeitgeber soll die Möglichkeit haben, sich von
einem Arbeitnehmer zu trennen, der aus gesundheitlichen Grün-
den seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann. - 2. § 33 Absatz II TVöD sei auch nicht nach § 7 Absatz II AGG un-
wirksam. Eine unmittelbare Diskriminierung liege nicht vor, da
erwerbsgeminderte und nicht erwerbsgeminderte Arbeitneh-
mer nicht vergleichbar seien. Auch liege keine mittelbare Diskri-
minierung vor, da hier allein die Gewährung der Rente wegen
voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer nach § 43 Ab-
satz II SGB VI Anknüpfungspunkt sei und nicht die Behinderung.
Ziel der Regelung sei es, ein Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn
der behinderte Arbeitnehmer seine Verpflichtung aus dem Ar-
beitsvertrag auf Dauer nicht mehr erfüllen kann.
Was heißt das für Sie?
Das Arbeitsverhältnis kann, bei Bewilligung einer dauerhaften Rente wegen voller Erwerbsminderung, nur dann automatisch beendet werden, wenn sich im Arbeitsvertrag eine entsprechende klare Regelung findet. Sofern die Bewilligung der Rente nur zeitlich begrenzt erfolgt, stellt dies keinen Sachgrund für eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses i.S.v. § 33 Abs. II TvöD dar. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis nur für den Zeitraum der Rentengewährung, da mit einer Genesung des Arbeitnehmers gerechnet werden müsse.
E. Müller-Rawlins
Rechtsanwältin
Kanzlei HMR
Aus: MTA Dialog 10 (2015) Jahrgang 16
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