3-D-Blutgefäße aus dem Biodrucker?

Herz-Bypässe
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Dr. Rouven Berndt
Dr. Rouven Berndt (links) mit einem der erworbenen 3D-Drucker. Foto: UKSH
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Der Gefäßchirurg Dr. Rouven Berndt entwickelt zusammen mit seinen Kollegen neuartigen 3-D-Biodrucker, um feine Blutgefäße für Bypass-Implantate zu erzeugen. Unterstützt wird das Projekt durch die Dr. Rusche-Projektförderung der Deutschen Stiftung für Herzforschung.

Ein Hoffnungsschimmer für Bypass-Patienten: Gemeinsam mit einem Wissenschaftler-Team gelang es dem Kieler Gefäßchirurgen Dr. med. Rouven Berndt den Prototypen eines neuartigen 3-D-Biodruckers zu entwickeln, um feine Blutgefäße für Bypass-Implantate zu erzeugen. Der Oberarzt an der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, erhält für sein Forschungsprojekt die von der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF) finanzierte Dr. Rusche-Forschungsförderung von 53.000 Euro. „Insbesondere bei Herzpatienten, die keine geeigneten körpereigenen Venen für die Gewinnung eines Bypass-Gefäßes aufweisen, könnte dieses neue Verfahren ein enormer Fortschritt für die Herz-Bypass-Chirurgie bedeuten, besonders in punkto Patientensicherheit“, betont Prof. Dr. med. Armin Welz, Herzchirurg und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der DSHF, die von der Deutschen Herzstiftung (www.herzstiftung.de) 1988 gegründet wurde.

Bypässe nach wie vor nötig

Verengte oder verstopfte Herzkranzgefäße, die sogenannte koronare Herzkrankrankheit (KHK), sind gefährlich, weil sie unbehandelt zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie Herzinfarkt führen können. Leicht zu behandelnde Ein- oder Zweigefäßerkrankungen, also Engstellen in ein oder zwei Herzkranzarterien, können in der Regel interventionell behandelt werden, d. h. sie werden mit einem Ballon oder einer implantierten Gefäßstütze (Stent) aufgedehnt. Bei Dreigefäßerkrankungen und Hauptstammstenosen sind die Engstellen in der Regel operativ mit einem Bypass zu überbrücken. In einer Bypass-Operation umgehen Herz- und Gefäßchirurgen die verstopften Gefäße mit Adern oder Venen aus dem Körper. Bypass bedeutet Umgehung. Sie nähen die gesunden Gefäße quasi als Gefäßbrücken vor den Engstellen auf die Herzkranzgefäße auf, sodass das Blut ungehindert zum Herzen fließen kann.

Teilweise keine geeigneten körpereigenen Gefäße vorhanden

Bypass-Operationen sind mittlerweile Routineeingriffe. Pro Jahr legen die Herzchirurgen hierzulande rund 45.000 Bypässe. Das Problem: Bei circa 20 Prozent der Betroffenen, die eine Bypass-Operation benötigen, sind keine geeigneten körpereigenen Gefäße vorhanden. „Besonders schwerwiegend ist dieses Problem bei Patienten, die sich einem erneuten Eingriff unterziehen müssen“, erklärt Berndt. „Viele Patienten bringen auch Venenerkrankungen wie zum Beispiel Krampfadern mit, sodass wir gar nicht genügend Material haben, um alle Engstellen zu behandeln.“ Allerdings seien fast die Hälfte der Venenbypässe nach zirka zehn Jahren verengt oder verschlossen. Werden bei einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) zum Beispiel die Arterien des Beckens und der Beine mit einem Bypass aus Kunststoff überbrückt, seien diese bei bis zu 40 Prozent der Betroffenen nach drei bis fünf Jahren erneut verstopft.

Druckkopf erzeugt Schlauch aus körpereigenen Zellen

Vor diesem Hintergrund hat der Kieler Herzspezialist gemeinsam mit einem Team aus Medizinern, Biologen und Ingenieuren der Technischen Hochschulen in Kiel und Hamburg den Prototypen eines 3-D-Biodruckers entwickelt. Mit dem neuartigen Gerät gelinge es, feine Blutgefäße zu erzeugen. Für dieses Projekt hat Dr. Berndt jetzt die von der DSHF finanzierte Dr. Rusche-Forschungsförderung erhalten. Die Wissenschaftler in seinem Team besitzen bereits Erfahrung in der Stammzellforschung, Zelltherapie und Bioengineering in der Herz- und Gefäßmedizin. „Der von uns entworfene Druckkopf kann einen Schlauch aus körpereigenen lebenden Endothel- und Muskelzellen drucken“, sagt der Gefäßchirurg und Leiter des Projektes.

Kurz zur Erklärung: Die hauchdünnen flachen Endothelzellen kleiden die Gefäße von innen aus. Die darüber liegenden Muskelzellen sorgen dafür, dass sich Gefäße zusammenziehen und weiten können. Das sind wichtige Eigenschaften, die dafür sorgen, dass Bypässe lang bestehen und offenbleiben. „Der erzeugte Schlauch hat die erforderliche dünne Gefäßwand und einen Durchmesser von vier bis sechs Millimeter“, kommentiert Dr. Berndt. Gerade die Herstellung von vergleichsweise kleinen künstlichen Bypässen sei in der Herz- und Gefäßchirurgie immer ein Heiliger Gral, so Dr. Berndt, weil die meisten Materialien nicht geeignet erscheinen und es zu frühzeitigen Verschlüssen kommen könne. In Laborexperimenten haben sich die gedruckten Gefäße bereits bewährt. Erste Ergebnisse sollen in Kürze in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht werden.

Langfristig in das bestehende Gefäßsystem biologisch integriert?

Der von den Forschern entwickelte Prototyp des Biodruckers soll nun von einem Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrt industriell hergestellt werden. Denn bisherige kommerziell verfügbare Biodrucker sind zum Beispiel nicht in der Lage, Gefäß-Transplantate in der für Bypässe häufig erforderlichen Gesamtlänge von 30 bis 40 Zentimetern zu erzeugen. Auch wollen die Wissenschaftler in dem Forschungsprojekt untersuchen, ob die gedruckten Blutgefäße langfristig in das bestehende Gefäßsystem biologisch integriert werden. Das ist noch offen. Ein weiteres Ziel: Blutgefäße sowohl für eine Bypass-Operation des Zellspenders zu drucken als auch für andere Empfänger. „Verschiedene Zelllinien kann man genetisch so verändern, dass sie bestimmte Merkmale und Eigenschaften nicht entwickeln“, erklärt der Gefäßchirurg, „und so nicht als körperfremd erkannt werden.“

Titel des Forschungsvorhabens:

„Entwicklung einer 3D-Bioprinting Plattform zur Herstellung kleinkalibriger biologischer Bypass-Grafts zur autologen und allogenen Implantation“


Quelle: idw/Deutsche Herzstiftung e.V./Deutsche Stiftung für Herzforschung

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