Die Schlagworte zur Zukunft sind vielfältig. Dazu gehören: Automation, Robotik und Machine Learning, Lab-on a-Chip, Point-of-Care und Pandemic Preparedness sowie Interoperabilität, Big Data und künstliche Intelligenz. Auf der hybriden Veranstaltung ging es um die Zukunft der Laboratoriumsdiagnostik. Keynote-Speaker war Ranga Yogeshwar, der mit seinem Vortrag zu „Emils Welt“ auf die künftigen Entwicklungen mit Blick auf seinen Enkel (Emil) einging. Interaktive Fragen ergänzten seine Ausführungen. Mit einem Streifzug zur künstlichen Intelligenz und den Daten sowie den Machine-Learning-Ansätzen versuchte der bekannte Journalist, den Bezug zur Medizin herzustellen.
Vor allem die neuen Möglichkeiten, die das Smartphone schon bietet bzw. in Zukunft bieten dürfte, stellte er in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Vorgestellt wurden z.B. die Ansätze zur Parkinsonfrüherkennung, Hautkrebsdiagnostik oder die Nutzung von biometrischen Daten, was auch Gefahren in sich berge. Sollten solche Daten genutzt werden? Die Konsequenzen sind für Yogeshwar ein „behavioural policy pricing“. Damit ändere sich das bisherige Versicherungsprinzip und auch die Diagnostik. Dies könnte in der Vorhersage des Todeszeitpunkts münden. Die Mehrheit unter den Zuhörern lehnte es bei einer Umfrage ab, diesen Zeitpunkt zu erfahren. Mit Vorhersagemodellen solle man aber ohnehin vorsichtig sein (Korrelation versus Kausalität), was sich mit dem Kühe-Beispiel zeigen lasse. So scheitere bei einer Kuh am Strand eine KI bei der Erkennung. Abermals machte er sich deshalb stark für eine „explainable KI“. Für den Laborbereich stellte er mögliche Szenarien vor, z.B. Microdroplets oder Messungen direkt im Körper oder Messungen durch das Smartphone. Doch die tollen neuen Möglichkeiten seien auch durch „Fake News“ gefährdet. Ein Teil der Bevölkerung wolle dies nicht mehr, wie die neuen Impfstoffe gezeigt hätten. Gleichzeitig stehe die Welt vor neuen Herausforderungen. Durch die Entwicklungen wie Klimawandel oder Regenwaldzerstörung steige künftig das Zoonoserisiko. Die Konsequenzen würden unterschätzt.
Bei der künftigen Diagnostik sei auch eine Diskussion nötig, was brauche der Mensch, was mache den Menschen aus. Es stelle sich die Frage: Gibt es künftig nur noch Diagnostik für gut zahlende Kunden oder für alle? Es sei auch eine globale Empathie nötig.
Zur Vorbereitung einer Podiumsdiskussion gaben anschließend Experten Kurzstatements ab: Miniaturisierung der Technik – Mikrofluidik für Lab-on-Chip-Systeme von Dr. Dirk Kuhlmeier (Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie), Pandemic Preparedness von Prof. Dr. Hendrik Streeck (Universitätskrankenhaus Bonn), Interoperabilität und digitale Kommunikation von Dr. Gottfried Ludewig (Health Industry T-Systems International), Innovationseinführung im deutschen Gesundheitssystem am Beispiel Oncotype DX Breast Recurrence Score® von Erwin Morawski (Exact Sciences) sowie Ärztliche Verantwortung von Dr. Michael Müller (1. Vorstandsvorsitzender des ALM e.V.).
Die Podiumsdiskussion moderierte Jessica Hanneken (bfs health finance). Ludewig ging in der Diskussion auf die Standardisierung von Daten ein. Zunächst müsse sich Deutschland endlich intern einigen und dann könne man sich international festlegen. Heute sei vielfach der Standard ein PDF. Die Diskussionen über ideale Lösungen führten oft dazu, dass Deutschland dann von anderen überholt werde. Bei der Vereinheitlichung sieht Ludewig die Labore als Speerspitze. Müller bestätigte dies und betonte, dass Labore maximal digital seien. Durch den Datenschutz sei es aber schrecklich, wenn man Daten teilen möchte. Streeck betonte, dass es zu Beginn der Pandemie wichtig gewesen wäre, andere Daten zu haben. Es werde ein Panel benötigt, auch um künftig schnell Fragen klären zu können. Auch sei die elektronische Patientenakte nötig.
Auch Yogeshwar beklagte die fehlenden Daten in der Pandemie. Deutschland habe im Dunkeln getappt, während z.B. in UK viel mehr sequenziert worden sei. Es sei aber auch wichtig zu entscheiden, was wir nicht wissen wollen. Morawski sprach sich dafür aus, dass ein früheres prädiktives Wissen wichtig sei. Müller legte Wert darauf, dass es keine absoluten Aussagen gebe, sondern nur Wahrscheinlichkeiten. Hier sei dann der Arzt gefragt, der die Übersetzung in die reale Welt vornehmen müsse. Dies sei eine Kernaufgabe der Ärzte. Die Frage nach dem, wer entscheide, sei eine wichtige Debatte und führe auch zu Haftungsfragen. Für Ludewig habe die Haftung auch noch eine andere Seite. Könne man Ärzte verpflichten, Technologie einzusetzen?
Yogeshwar legte Wert auf die Chancen z.B. bei den lab on a chip. In den nächsten Jahren rechne er zudem mit viel mehr mathematischen Methoden im Gesundheitsbereich. Dies betreffe z.B. Vergleiche zwischen Kliniken bei Heilungschancen o.ä. Dies führe zu neuer Transparenz, „ob wir es wollen oder nicht“. Es könne sich damit zeigen, dass der eine oder andere Arzt eben nicht so göttlich sei. Für Streeck sei es wichtig, Wissenschaft neu zu denken. Es gelte, alle Experten an einen Ort zu bringen. Auch habe die Pandemie geholfen aufzuzeigen, wie absurd das wissenschaftliche Publikationsverfahren geworden sei. Hier könne eventuell die KI helfen. Auch könnten Labordaten direkt zugänglich gemacht werden. Müller stimmte zu und betonte, dass es in der Pandemie wichtig gewesen wäre, statt 40 Seroprävalenzstudien lieber eine vernünftig zu machen.
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