Wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser hat sich verschlechtert

Krankenhaus Rating Report 2020
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Krankenhaus Rating Report 2020
Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, ein Gesundheitswesen so aufzustellen, dass es im Falle eines selten eintretenden katastrophalen Ereignisses die vorhandenen Ressourcen rasch umwidmen kann. spotmatikphot - Fotolia
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Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser hat sich im Jahr 2018 erneut verschlechtert. Ursache für den erneuten Rückgang der stationären Fallzahl im Jahr 2018 könnte unter anderem der zunehmende Fachkräftemangel sein.

13 Prozent der deutschen Krankenhäuser lagen im „roten Bereich“ mit erhöhter Insolvenzgefahr. Auch ihre Erträge sind gesunken, wohl auch aufgrund der weiter gesunkenen Anzahl stationärer Fälle. In diesem Jahr könnten die verschiedenen Stützungsmaßnahmen aus dem COVID-19-Gesetz zwar wohl zu einem positiven Nettoeffekt für die Kliniken führen, der jedoch im Jahr 2021 voraussichtlich größtenteils wieder entfällt. Zu diesen und vielen weiteren Ergebnissen kommt die 16. Ausgabe des „Krankenhaus Rating Report“, der im Rahmen des „Hauptstadtkongress 2020 – Medizin und Gesundheit“ der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Er wurde gemeinsam vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen (BIB) und der HIMSS erstellt.

 


Die wichtigsten Ergebnisse:

Status quo

  • Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser hat sich im Jahr 2018 weiter verschlechtert. 13 Prozent der Krankenhäuser befanden sich im „roten Bereich“ erhöhter Insolvenzgefahr, 64 Prozent im „grünen Bereich“. Im Jahr zuvor lagen noch 11 Prozent im „roten Bereich“. Die Ertragslage hat sich 2018 ebenfalls verschlechtert: 29 Prozent der Krankenhäuser schrieben auf Konzernebene einen Jahresverlust, 2017 waren es noch 27 Prozent.
  • Ausschlaggebend für die schlechtere wirtschaftliche Lage dürfte unter anderem der erneute Rückgang der stationären Fallzahl im Jahr 2018 um 0,1 Prozent gewesen sein. Gründe hierfür könnten der zunehmende Fachkräftemangel und intensivere Prüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) sein, verbunden mit einer zunehmenden Ambulantisierung der Medizin. Im Jahr 2019 ist mit einer weiteren Reduktion der stationären Fallzahl zu rechnen.
  • Große Krankenhäuser haben typischerweise ein besseres Rating als kleine, ein hoher Grad an Spezialisierung beeinflusst das Rating und die Patientenzufriedenheit positiv. Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft schneiden durchschnittlich besser ab als kommunale Kliniken.
  • Regional fällt das Rating am schlechtesten in Baden-Württemberg, Hessen und Bayern aus, signifikant besser in Ostdeutschland.
  • Die Krankenhausstrukturen haben sich dynamisch weiterentwickelt. Viele Landkreise befassen sich inzwischen intensiv mit der Frage, wie sie eine nachhaltig stabile Struktur schaffen und dabei die flächendeckende Grundversorgung gewährleisten können.
  • Erstmals wurden im Report mehrere Einflussfaktoren auf die Zufriedenheit der Patienten mit der ärztlichen und pflegerischen Versorgung sowie die Frage nach einer Weiterempfehlung untersucht. Insgesamt fallen die Zufriedenheitswerte hoch aus, am besten sind sie in Ostdeutschland, gefolgt von Süddeutschland. Der Stadt-Land-Vergleich zeigt: In städtisch geprägten Gebieten fällt die Zufriedenheit mit der ärztlichen Versorgung besser, mit der pflegerischen Betreuung indessen schlechter aus.

Projektion

  • Die Gesundheitspolitik legt ein hohes Tempo bei der Reform des Gesundheitswesens vor. Im Durchschnitt wurde in der laufenden Legislaturperiode fast jeden Monat ein neues Gesetz beschlossen. Gegenüber dem Jahr 2018 ist für 2019 in der Summe über alle Maßnahmen der einzelnen Gesetze für Krankenhäuser ein finanzieller Nettoeffekt von etwa null zu erwarten. In diesem Jahr könnten die verschiedenen Stützungsmaßnahmen aus dem COVID-19-Gesetz – Stand 30. April 2020 – zu einem positiven Nettoeffekt führen, der jedoch im Jahr 2021 voraussichtlich größtenteils wieder entfällt, sodass spätestens 2022 wieder das „Normalniveau“ erreicht wird. Für einzelne Krankenhäuser kann der Effekt jedoch sehr unterschiedlich ausfallen.
  • Die Ambulantisierung der Medizin dürfte sich beschleunigen. Die mit dem MDK-Reformgesetz initiierte Überarbeitung des Katalogs „ambulantes Operieren“ und künftig mögliche sektorenübergreifende Vergütungsmodelle dürften neben Fortschritten in der Medizin dazu beitragen. Unter anderem weil die Arbeitsplatzsicherheit im Gesundheitswesen im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbranchen während und nach der COVID-19-Pandemie steigen dürfte, könnte sich der Personalmangel im Krankenhausbereich mittelfristig vorübergehend entschärfen. Langfristig bleiben die mit dem rückläufigen Nachwuchs verbundenen Herausforderungen indessen bestehen.
  • Bei den Fallzahlen ist für dieses Jahr wegen der Verschiebung von elektiven Fällen ein spürbarer einmaliger Rückgang von mindestens 6 Prozent zu erwarten. Annahme ist, dass nur 50 Prozent der verschobenen Elektivfälle im stationären Bereich dieses und kommendes Jahr nachgeholt werden. Spätestens ab 2022 kann hinsichtlich der Fallzahlen von einer Rückkehr zum Status 2019 ausgegangen werden. Demografisch bedingt dürfte es bundesweit bis zum Jahr 2025 etwa 4 Prozent mehr Fälle geben. Würde das ambulante Potenzial ab 2019 schrittweise gehoben, wäre bis 2030 dagegen kaum noch mit einer Änderung der stationären Fallzahl zu rechnen. Bis zum Jahr 2030 dürfte zudem die Verweildauer weiter zurückgehen, sodass der Bedarf an Krankenhausbetten sinken würde.

Weitere Trends und Herausforderungen

  • Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, ein Gesundheitswesen so aufzustellen, dass es im Falle eines selten eintretenden katastrophalen Ereignisses die vorhandenen Ressourcen rasch umwidmen und weitgehend unabhängig von anderen Staaten agieren kann. Dazu braucht es konsequent durchdachte Konzepte für verschiedene Katastrophenfälle. Darin muss geklärt sein, wie die knappen Ressourcen des Gesundheitswesens zugeteilt werden, wie das „Katastrophen-Controlling“ erfolgt und welche Versorgungsdaten dazu erforderlich sind, wie Ausfallkonzepte aussehen und wer welche Verantwortung trägt. Darüber hinaus müssen Lieferketten so gestaltet werden, dass sie nicht allein auf einem Zulieferunternehmen und einer Weltregion aufsetzen. Ebenso ist ein deutlicher Ausbau der Telemedizin anzustreben. In all diesen Punkten sollten die Erfahrungen der aktuellen Pandemie für weitere Verbesserungen genutzt werden.
  • Die Gestaltungsfreiheit auf regionaler Ebene sollte erhöht und die Detailregulierung vermindert werden, um innovativen und effizienzsteigernden Versorgungsansätzen einen größeren Raum zu geben. Insbesondere sollten sektorenübergreifende Versorgungs- und Vergütungsmodelle die Ambulantisierung in der Medizin unterstützen. Dazu könnten vor allem in ländlichen Gegenden regionale Gesundheitsbudgets erprobt werden. Für die dazu nötige Anpassung von Versorgungsstrukturen braucht es außerdem Investitionsmittel.

„Spätestens nach der Bundestagswahl im Herbst 2021 werden die massiven finanziellen Belastungen aus der COVID-19-Pandemie im gesamten Gesundheitswesen zu spüren sein“, sagt RWI-Gesundheitsexperte Boris Augurzky.


Quelle: RWI, 18.06.2020

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