Das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS und die Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben gemeinsam ein Verfahren entwickelt, das eine neuartige Form der Signalverstärkung von diagnostischen Tests ermöglichen soll. Durch den Einsatz von leuchtenden Kohlenstoff-Nanoröhren in der Bioanalytik sollen Testverfahren sensitiver, schneller und günstiger durchgeführt werden können. Die Sensoren lassen sich für enzymatische Verfahren nutzen. Durch ihre Anpassungsfähigkeit an verschiedene Reaktionsbedingungen eröffne sich ein breites Anwendungsspektrum für Standardverfahren wie beispielsweise ELISAs („Enzyme-linked Immunosorbent Assay), so die Forscher.
Nutzung von Röhren aus Kohlenstoff
Bei vielen diagnostischen Verfahren wird Licht verwendet, um die Menge einer bestimmten Substanz nachzuweisen. Dabei kann es sich um farbige Stoffe oder aber leuchtende Substanzen handeln. Im Bereich des sichtbaren Lichts gibt es jedoch sehr viele Hintergrundsignale. Um das optische Signal einer Messung in einen besseren spektralen Bereich zu verschieben, nutzten die Forscherinnen und Forscher Röhren aus Kohlenstoff mit einem Durchmesser von unter einem Nanometer. Die Sensoren fluoreszieren im für Menschen nicht sichtbaren und vorteilhaften nahen Infrarot und bleichen nicht. Zudem sei die Fluoreszenz der Sensoren durch die Modifikation auf ihrer Oberfläche sensitiv auf ihre chemische Umgebung. Dadurch sei es möglich, chemische Reaktionen zu beobachten und Reaktionsprodukte nachzuweisen, wenn diese mit der Nanoröhre interagieren.
Nanoröhren auf verschiedene Analyte anpassen
Durch die Fluoreszenz der Nanoröhren werde das Signal dabei in das nahe Infrarot übertragen. In Verbindung mit der hohen Sensitivität der Nanoröhren führe dies zu einer Verschiebung der Nachweisgrenze. Das sei zum Beispiel wichtig, wenn Krankheitsmarker bei einer Infektion oder einer Erkrankung, wie Krebs, in sehr niedrigen Konzentrationen vorliegen. Durch die Fähigkeit, die Nanoröhren auf verschiedene Analyte anzupassen, sollen sich vielfältige Möglichkeiten ergeben, wie unter anderem ein Sensitivitätsgewinn. Dieser Gewinn an Sensitivität ermögliche eine potenzielle Verschiebung der Nachweisgrenzen, wodurch sowohl Material- als auch Zeitersparnisse in diagnostischen Prozessen erreicht werden könnten. Mithilfe des innovativen Ansatzes könnte sich die Effizienz von Nachweisverfahren in der medizinischen Diagnostik erheblich steigern lassen, so die Erwartungen.
Erste Tests erfolgreich
Dass das neue Sensorprinzip funktioniert, zeigte die Gruppe unter anderem anhand der Substrate p-Phenylendiamin und Tetramethylbenzidin für das Enzym Meerrettichperoxidase. „Dieses Enzym wird in einer Vielzahl von biochemischen Nachweismethoden genutzt“, erklärt Justus Metternich vom Fraunhofer IMS. „Im Prinzip lässt sich das Konzept aber auch auf alle möglichen Systeme übertragen. Wir haben zum Beispiel auch das Enzym β-Galaktosidase untersucht, da dieses für diagnostische Anwendungen interessant ist. Mit ein paar Anpassungen wären grundsätzlich auch Prozesse in Bioreaktionen möglich.“
Sensoren stabiler machen
In Zukunft will die Gruppe die Sensoren für weitere Anwendungen anpassen. Je nach Anwendung könne man die Sensoren zum Beispiel mit sogenannten Quantendefekten stabiler machen. „Das wäre vor allem vorteilhaft, wenn man nicht nur in einfachen wässrigen Lösungen misst, sondern auch enzymatische Reaktionen in komplizierten Umgebungen mit Zellen, im Blut oder einem Bioreaktor selbst verfolgen will“, erklärt Sebastian Kruss, Professor für physikalische Chemie an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter der Attract Gruppe Biomedical Nanosensors am Fraunhofer IMS.
Quelle: RUB
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