In Deutschland stellt Magenkrebs laut Krebsgesellschaft unter Männern die sechsthäufigste Tumorerkrankung dar, unter Frauen die achthäufigste. Trotz mittlerweile rückläufiger Erkrankungszahlen gehört Magenkrebs nach wie vor zu den häufigsten tumorbedingten Todesursachen. Das hängt auch damit zusammen, dass Magenkrebs meist erst spät erkannt wird. In einer internationalen klinischen Studie haben Wissenschaftler/-innen unter führender Beteiligung der Universitätsmedizin Leipzig eine Substanz untersucht, die das Überleben von Betroffenen verlängern soll und darüber hinaus einen neuen klinisch relevanten Biomarker etabliert.
Länger leben mit Zolbetuximab?
„Die Ergebnisse der Studie sind wichtig für die Krebsforschung. Sie zeigen, dass mit Zolbetuximab behandelte Patientinnen und Patienten mit Magenkarzinom länger leben. Das Voranschreiten der Tumorerkrankung wird verzögert. Wir erwarten, dass die Studie zur Zulassung dieses Medikaments in Europa und damit auch in Deutschland führen wird. Dies ist ein wichtiger Fortschritt für Betroffene dieser schweren und oft tödlich verlaufenden Krebserkrankung“, sagt Prof. Florian Lordick, Direktor des Universitären Krebszentrums Leipzig. Der erfahrene Onkologe gestaltete die kürzlich publizierte Studie auf internationaler Ebene mit und sorgte dafür, dass deutsche Patientinnen und Patienten daran teilnehmen konnten.
Studie bestätigt Verringerung des Risikos
In der weltweiten Studie mit Betroffenen aus 20 Ländern wurden im Zeitraum zwischen dem 21. Juni 2018 und dem 1. April 1 2022 insgesamt 565 Patientinnen und Patienten mit Zolbetuximab oder einem Placebo behandelt. Die Prüfsubstanz wurde in Deutschland vor mehr als zehn Jahren entwickelt und seither über alle Studienphasen bis zur klinischen Anwendungsreife gründlich erforscht. Die Behandlung mit Zolbetuximab und Chemotherapie führte in der aktuellen Studie zu einer signifikanten Verringerung des Risikos eines Fortschreitens der Erkrankung und des Todes im Vergleich zu allein mit Chemotherapie behandelten Patientinnen und Patienten. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug laut Studie 10,61 Monate (95 %-KI 8,90–12,48) in der Zolbetuximab-Gruppe gegenüber 8,67 Monaten (8,21–10,28) in der Placebo-Gruppe. Damit sei das Studienziel erreicht worden. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern seien Übelkeit, Erbrechen und verminderter Appetit gewesen. Insgesamt habe sich die Kombination von Zolbetuximab und Chemotherapie aber als gut anwendbar erweisen, so die Wissenschaftler/-innen. Die Nebenwirkungen seien beherrschbar gewesen.
Wie kann ein Biomarker beim Einsatz von Zolbetuximab helfen?
Die Studie etablierte zudem einen neuen klinisch-relevanten Biomarker beim Magenkarzinom namens Claudin18.2. Dieser könne über eine Färbemethode bei Tumorbiopsien bestimmt werden. Tragen 75 Prozent der Tumorzellen das Membraneiweiß Claudin18.2, könne das Medikament Zolbetuximab besonders gut wirken. Es wird Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Magenkarzinom in Kombination mit einer Chemotherapie als intravenöse Infusion gegeben. Dann dockt es über die Blutbahn an den Tumorzellen an, die Claudin18.2 tragen, und soll dort eine Immunreaktion auslösen, die zum Absterben der Tumorzellen beitragen soll. „Nach der Einführung von Trastuzumab vor zehn Jahren ist dies der zweite zielgerichtete Antikörper, der das Überleben von Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Magenkrebs verlängern kann und an dessen klinischer Entwicklung ich maßgeblich beteiligt sein durfte“, sagt Prof. Lordick.
Quelle: idw/Uni Leipzig
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