Wie entwickeln sich die Kosten im Gesundheitssystem?

Ist Kostenexplosion noch abzuwenden?
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Wie entwickeln sich die Ausgaben im deutschen Gesundheitssystem?
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Wie werden sich die Ausgaben im deutschen Gesundheitssystem entwickeln? Eine neue Studie mit Projektionen für das Jahr 2060 zeigt, dass die Arzneimittelausgaben voraussichtlich weiter drastisch steigen werden und die Politik zügig handeln sollte, um die Kostensteigerung einzudämmen.

Bereits heute klagen Krankenkassen über ein Finanzierungsproblem. Denn in Deutschland aber auch in anderen Industrieländern steigen die Kosten für Behandlungen und Arzneimittel im Gesundheitswesen seit Jahren rasant an. Die Gründe dafür sind unterschiedlich:

  • Menschen werden immer älter,
  • der medizinische Fortschritt ermöglicht komplexere Behandlungsmethoden und
  • Risikogruppen benötigen zahlreiche teure und neue Medikamente.

All diese Faktoren sind Kostentreiber, dennoch seien die Ausgaben je nach Patienten- und Risikogruppe extrem ungleich verteilt, so die Studienautoren von der WHU – Otto Beisheim School of Management und der Hochschule Aalen.

Schere bei den Ausgaben geht weiter auf

Die Zahlen der gesetzlichen Krankenversicherungen für 2022 zeigen, dass die verschiedenen Quellen der Kostensteigerung im Gesundheitssystem unterschiedlich stark ins Gewicht fallen. So stiegen die Ausgaben für Arzneimittel beispielsweise um 5,5 % pro Kopf an, was den mit Abstand größten Kostensprung verursachte. Aber auch die Pro-Kopf-Ausgaben für die stationäre Behandlung (3,2 %), zahnärztliche Behandlung (2,9 %) und die ambulante Behandlung (1,9 %) sorgten für Kostensteigerungen. Jedoch zeigen die Zahlen der Krankenkassen auch, dass die individuellen Gesundheitsausgaben von Patienten extrem unterschiedlich ausfallen. Für das Prozent der Versicherten, welches die höchsten Kosten verursacht, werden 20 % der Mittel der Gesundheitsversorgung ausgeben, für die teuersten 10 % bereits mehr als die Hälfte. Betrachtet man nur die Ausgaben für Medikamente, klafft die Schere sogar noch weiter auseinander – und sie geht immer weiter auf. Bislang existieren jedoch kaum Studien, die sich auf die Entwicklung der mittel- und langfristigen Arzneimittelausgaben konzentrieren.

Hochrisikopatienten stärker beachten

Für politische Entscheidungsträger und die Gesellschaft sei es von Interesse, zu erkennen, wie der Medikamentenkonsum sich in unterschiedlichen Patientengruppen entwickele. Sich bei der Analyse der Kostensteigerungen von Arzneimittelausgaben allein auf das Geschlecht und Alter der Patienten zu fokussieren, greife zu kurz. Besonders relevant dagegen sei die kleine Gruppe von Hochrisikopatienten, bei der sich die steigenden Ausgaben stark konzentrieren, so die Autoren. Schon die Modellierung eines Basisszenarios, welches ein gleichmäßiges Wachstum der Arzneimittelausgaben in den kommenden Jahren annimmt, gehe von einer Kostensteigerung von 40 % zwischen den Jahren 2019 bis 2060 aus. Andere Szenarien seien dabei noch deutlich pessimistischer. Werde die bisherige Ausgabenentwicklung für Hochrisikopatienten in der Modellierung berücksichtigt, würden die 40-prozentigen Mehrausgaben für Medikamente schon 2040 erreicht, bis 2060 könnten sich die Arzneimittelausgaben mehr als verdoppeln. Geht man von einem Szenario aus, in dem der Alterungsprozess besonders teuer werde, also besonders Menschen in der Hochrisikogruppe stetig älter werden, könnten die Arzneimittelausgaben pro Kopf bis 2060 sogar um bis zu 150 % steigen.

Drastische Steigerungen kaum vermeidbar

Eines zeichnet sich laut Studie bereits ab: Die Ausgaben für Medikamente werden in den kommenden Jahrzehnten weiterhin drastisch ansteigen. Während andere demografische Faktoren vernachlässigbar seien, hänge die zukünftige Kostensteigerung vor allem von der Kostenentwicklung bei Medikamenten in den verschiedenen Risikogruppen ab und davon, ob auch die Hochrisikogruppen von einer steigenden Lebenserwartung profitierten.

Da die Gesundheitsausgaben in den OECD-Ländern mittlerweile jährlich schneller steigen als das jeweilige Bruttoinlandsprodukt, sollten Politiker wissen, woher die Kostensteigerung kommt – von den erhöhten Arzneimittelausgaben für Hochrisikogruppen, bei denen besonders kostspielige, neue Medikamente (insbesondere bei der Krebstherapie) zum Einsatz kommen. Die Forderung der Autoren ist eindeutig: Die politischen Entscheidungsträger sollten die aktuell wohlwollende Bewertung neuer Medikamente für seltene Erkrankungen und die großzügige Preiserstattung überdenken, um die Kosten im Gesundheitssektor unter Kontrolle zu behalten. Es empfehle sich, die Erstattung neu zugelassener Medikamente im hochpreisigen Segment auf europäischer Ebene zu regeln und damit auch günstiger zu machen. Um die Medikamente bei der Preisgestaltung angemessen zu beurteilen, sollte ihr tatsächlicher Nutzen für Lebenserwartung und Lebensqualität der Patienten strenger überprüft werden, so die Autoren.

Zusammenfassung der Studienergebnisse:

  • Hochrisikopatienten haben einen entscheidenden Einfluss auf die künftige Entwicklung der Arzneimittelausgaben.
  • Deutschland muss sich auf einen starken Anstieg bei den Arzneimittelausgaben einstellen, wenn die aktuellen Trends anhalten.
  • Auf diese Herausforderungen kann die Politik mit einer angemessenen Preispolitik reagieren.

Literatur:
Hofbauer Milan V, Fetzer S, Hagist C. (2023): How to Predict Drug Expenditure: A Markov Model Approach with Risk Classes. PharmacoEconomics (2023), DOI: doi.org/10.1007/s40273-023-01240-3.

Quelle: idw/WHU

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