Die Studie des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), der Norwegian School of Sports Sciences und des Precision Healthcare University Research Institute (PHURI) der Queen Mary University of London erweitert das Verständnis der Vorgänge im Körper nach längerem Nahrungsverzicht über reine Anpassungen im Energiestoffwechsel hinaus. Die Fähigkeit, tagelang ohne Nahrung zu überleben, war ein evolutionärer Vorteil des Menschen. Doch erst mit dem Aufkommen von Landwirtschaft (Ackerbau und Viehzucht) hat sich Fasten über fast alle Weltreligionen als Übung in Verzicht zur geistigen und körperlichen Reinigung etabliert. Fasten kommt aber auch eine bedeutende gesundheitliche Rolle zu, so wurde es schon in der Antike erfolgreich zur Behandlung von Epilepsie und Rheuma verwendet und erlebt derzeit ein echtes Revival.
Proteine in Blutproben messen
Es gibt beim Fasten noch viele Fragezeichen. Der Körper stellt bei längerer Dauer stufenweise den Energiestoffwechsel von Zucker und anderen Nährstoffen aus der Nahrung auf körpereigene Reserven, vor allem Fett um. Doch abgesehen von dieser Umstellung der Energiequellen ist jedoch wenig darüber bekannt, wie es der Körper schafft, mitunter mehrere Tage, ohne jegliche Nahrung auszukommen. Außerdem gibt es laut BIH noch Wissenslücken bei der Betrachtung der positiven oder negativen Auswirkungen des Fastens auf die Gesundheit. Neue Techniken sollen helfen. Sie ermöglichen es, Tausende von Proteinen während tagelangen Fastens in Blutproben zu messen.
Nachweis nach drei oder mehr Tagen
„Zum ersten Mal können wir sehen, was auf molekularer Ebene im Körper passiert, wenn wir fasten”, erklärt Claudia Langenberg, Professorin für Computational Medicine am Berlin Institute of Health an der Charité, und Direktorin des Precision Health University Research Institute (PHURI) an der Queen Mary University of London, UK, und Leiterin der Studie. „Viele Menschen glauben, dass beliebte Fastendiäten wie das intermittierende Fasten unabhängig von der Gewichtsabnahme auch andere gesundheitliche Vorteile haben. Unsere Ergebnisse zeigen nicht nur eindeutig den Gewichtsverlust, sondern auch andere weitreichenden Veränderungen im Körper. Letztere sind allerdings erst nach drei oder mehr Tagen ganz ohne Kalorien- oder Nahrungsaufnahme sichtbar, deutlich später als bisher vermutet.”
Fettverlust war dauerhaft
Die Forscherinnen und Forscher beobachteten zwölf gesunde Freiwillige (fünf Frauen, sieben Männer), die an einem siebentägigen reinen Wasserfasten teilnahmen. Die Freiwilligen wurden täglich engmaschig überwacht, um die Veränderungen in den Konzentrationen von rund 3.000 Proteinen in ihrem Blut vor, während und nach dem Fasten zu erfassen. Die Ergebnisse konnte das Forschungsteam dann direkt in Bezug zu großen genetischen Studien setzen, um mögliche Konsequenzen für die Gesundheit durch Veränderung bestimmter Proteine vorherzusagen. Die Teilnehmer/-innen verloren dabei im Durchschnitt 5,7 kg an Gewicht. Ein Verlust der sich vor allem über eine Abnahme an Muskel-, Organ-, oder Bindegewebsmasse erklärt und nach drei Tagen mit normalem Essen wieder rückläufig war. Die rund 1,5 kg Fett, die die Teilnehmer/-innen darüber hinaus verloren, setzte allerdings nicht wieder an.
Deutliche Veränderungen in der Proteinzusammensetzung
Eine neue Erkenntnis der Studie ist laut BIH, dass der Körper nach etwa drei Tagen Fasten deutliche Veränderungen in der Proteinzusammensetzung des Blutes durchmache. Es habe sich gezeigt, dass sich jedes dritte der gemessenen Proteine während des Fastens verändere. Dies sei ein Hinweis darauf, dass der gesamte Körper mit Anpassungen in allen wichtigen Organen auf die strikte Kalorienbeschränkung reagiere. Dies umfasse Anpassungen, die über den Gewichtsverlust hinausgingen, wie etwa Veränderungen bei Proteinen, die die Stützstruktur der Neuronen im Gehirn bilden.
Entwicklung von Behandlungen?
Maik Pietzner, Co-Leiter der Arbeitsgruppe Computational Medicine am Berlin Institute of Health in der Charité und Professor für Health Data Modelling am PHURI, sagt: „Unsere Ergebnisse tragen zum molekularen Verständnis von Behandlungsmethoden bei, die schon im alten Griechenland erfolgreich eingesetzt wurden. Auch wenn Fasten für die Behandlung einiger Krankheiten von Vorteil sein kann, kommt es für Patientinnen und Patienten mit Vorerkrankungen häufig nicht infrage. Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse Aufschluss darüber geben können, wann Fasten von Vorteil ist, und damit zur Entwicklung von Behandlungen beitragen können, die für möglichst viele Patientinnen und Patienten geeignet sind.”
Quelle: idw/BIH
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