Vorbehaltstätigkeiten von MTF im Fachgebiet der Schlafmedizin

Claudia Rössing
Titelbild zum Beitrag der DVTA-Präsidentin Claudia Rössing zur Nichtberücksichtigung der Schlafmedizin bei den vorbehaltenen Tätigkeiten der MTF
In der Schlafmedizin dominieren funktionsdiagnostische Untersuchungsmethoden wie beispielsweise die Messung der Hirnströme (EEG). © Viacheslav Yakobchuk/stock.adobe.com
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Die Schlafmedizin ist ein Querschnittsfach, welches verschiedene große Fachgebiete und die dort typischerweise verorteten (funktions)diagnostischen Methoden umfasst.

Die Schlafmedizin ist ein Querschnittsfach, welches verschiedene große Fachgebiete und die dort typischerweise verorteten (funktions)diagnostischen Methoden umfasst. Dabei beinhalten die in der Schlafmedizin angewendeten funktionsdiagnostischen Untersuchungsmethoden das EEG (Messung der Hirnströme), das EOG (Messung der Augenbewegungen), das EKG (Messung der Herzströme), verschiedene EMG-Ableitungen (Messung der Muskelaktivität zum Beispiel am Kinn oder am Bein), Registrierungen des Atemflusses und der Atembewegung, Messung der Sauerstoffsättigung, Aufzeichnung der Körperlage sowie der Schnarchgeräusche und eine nächtliche Videoaufzeichnung der Patientinnen und Patienten.

Die in der Schlafmedizin zur Anwendung kommenden funktionsdiagnostischen Untersuchungsmethoden fallen dabei unter die in § 5 Abs. 3 MT-Berufe-Gesetz (MTBG) definierten Vorbehaltstätigkeiten von Medizinischen Technologinnen und Technologen für Funktionsdiagnostik (MTF).

Das zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene „Gesetz über die Berufe in der medizinischen Technologie“ (MT-Berufe-Gesetz, MTBG) sowie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Medizinische Technologinnen und Technologen (MT-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung – MTAPrV) regeln die Berufsausübung und Ausbildung aller vier MT-Berufe und ersetzen das MTA-Gesetz (MTAG) und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (MTA-APrV). Grundlage der im MTBG und der MTAPrV vorgenommenen Änderungen bildet das „Gesamtkonzept Gesundheitsfachberufe – Neuordnung der Berufsgesetze“ der Gesundheitsminister der Länder und des BMG mit dem Ziel der Neuordnung und der Attraktivitätssteigerung der dort benannten Gesundheitsfachberufe sowie der Gewährleistung einer hochwertigen diagnostischen und therapeutischen Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Die vorbehaltenen Tätigkeiten der MTF umfassen gemäß § 5 Abs. 3 MTBG die Durchführung funktionsdiagnostischer Untersuchungen in der Kardiologie, der Angiologie, der Pneumologie, der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und der Neurologie einschließlich Plausibilitätskontrolle und Qualitätssicherung sowie die Durchführung der Vorbefundung der jeweiligen funktionsdiagnostischen Untersuchungen.

MT-Berufe-Gesetz ohne Schlafmedizin

Leider wurde im Gesetzgebungsprozess die vom DVTA e.V. angeregte Aufnahme der Schlafmedizin in den Gesetzestext nicht umgesetzt. Es wäre sinnvoll gewesen, die noch „junge“ Fachdisziplin im Berufsgesetz der MT zu verorten, da diese sich als interdisziplinäres Fach verschiedenen Untersuchungsmethoden bedient, die originär den Fachgebieten der Neurologie, Kardiologie, Pneumologie und auch der HNO-Heilkunde angehören und somit Vorbehaltstätigkeiten der MTF sind. Dies zeigt auch der in Anlage 3 (zu § 1) MTAPrV gesetzgeberisch definierte Kompetenzbereich I der MTF. Dieser umfasst die Planung, Vorbereitung, Organisation, Durchführung (Realisierung), Dokumentation, Steuerung und Beurteilung medizinisch-technologischer Aufgaben zur patientenzentrierten und störungsbildorientierten Funktionsdiagnostik der Sinnesorgane, insbesondere des Hörens, Gleichgewichts, Riechens, Schmeckens, der Nase und des Gehirns, des Nervensystems und der Muskelfunktion, des Herz-Kreislauf- und Gefäßsystems und des respiratorischen Systems inklusive invasiver, allergologischer Funktionsdiagnostik und Kontrollen von zugehörigen Implantaten einschließlich der Vorbefundung.

Verglichen mit den in der Schlafmedizin angewandten Untersuchungsmethoden fallen damit die in der Schlafmedizin angewandten funktionsdiagnostischen Methoden des EEG, EKG, EMG, der Atemfluss- und Atembewegungsmessungen sowie die Messung der Sauerstoffsättigung unter die für MTF in Kompetenzbereich I aufgeführten medizinisch technologischen Aufgaben sowie die in § 5 Abs. 3 MTBG benannten Durchführungen funktionsdiagnostischer Untersuchungen in der Kardiologie, der Angiologie, der Pneumologie, der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und der Neurologie.

Ausübung vorbehaltlicher Tätigkeiten

Somit können diese funktionsdiagnostischen Untersuchungen nur gemäß den Ausnahmen nach § 4 Abs. 5 MTBG von Personen mit einer abgeschlossenen sonstigen medizinischen Ausbildung unter Aufsicht und Verantwortung einer Ärztin oder eines Arztes durchgeführt werden. Dabei sollten Personen, welche die vorbehaltene Tätigkeiten ausüben, durch ihre Ausbildung die erforderlichen Kompetenzen besitzen und auch nur in dem Rahmen tätig werden, in dem sie diese Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten kraft ihrer Ausbildung oder einer Weiterbildung erworben haben. Dies war auch bereits unter den bis zum 31. Dezember 2022 geltenden gesetzlichen Vorgaben des MTA-Gesetzes sowie der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung von MTA der Fall.

DGSM-Qualifikationsnachweis Somnologie

Die Deutsche Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) bietet im Rahmen ihrer Anerkennungskolloquien einen „Qualifikationsnachweis ‚Somnologie‘ für medizinische, technische und pflegerische Mitarbeiter“ an. Der Qualifikationsnachweis der DGSM soll gemäß der Präambel in Form eines Zertifikates als Weiterbildungsnachweis für medizinisch-technische und pflegerische Personen sowie der Qualitätssicherung der Patientenversorgung in den Schlaflaboren der DGSM dienen. Dabei bescheinigt der Qualifikationsnachweis der Person, dass sie die Anforderungen im technischen, und organisatorischen Tätigkeitsbereich eines Schlaflabors in selbstständiger und qualifizierter Weise bewältigen kann. Der Vergleich des letzten Satzes mit den Vorgaben des bundesweit geltenden MTBG zeigt, dass die Formulierung der „selbstständigen Ausübung der technischen Tätigkeiten eines Schlaflabors“ zumindest dann nicht gesetzlich konform ist, wenn es sich um die oben benannten Durchführungen der funktionsdiagnostischen Untersuchungen nach § 5 Abs. 3 MTBG in Kombination mit Anlage 3 MTAPrV (Kompetenzbereich I) handelt. Gleiches gilt für die § 5 Abs. 3 MTBG benannte Plausibilitätskontrolle und Qualitätssicherung sowie die Durchführung der Vorbefundung.

Regelungen des MTBG vorrangig relevant

Formal festzuhalten ist, dass der Qualifikationsnachweis „Somnologie“ der DGSM keinerlei gesetzgeberischen Charakter hat. Weiterhin sind die gesetzlichen Regelungen des Berufsgesetzes der MT (MTBG) als bundesweit geltendes Gesetz, länderrechtlichen Regelungen und anderen Vorgaben übergeordnet. Damit sind die Regelungen des MTBG an dieser Stelle grundsätzlich vorrangig relevant. Somit fallen auch Personen mit dem Qualifikationsnachweis „Somnologie“ unter die Regelungen zu den Ausnahmen der Vorbehaltstätigkeiten nach § 4 Abs. 5 MTBG. Das heißt, dass Personen mit dem Qualitätsnachweis „Somnologie“ (Pflegefachpersonen, MFA, MTL, MTR, et cetera) die definierten Vorbehaltstätigkeiten der MTF nur unter Aufsicht und Verantwortung einer Ärztin oder eines Arztes durchführen dürfen. Dies ist insbesondere im Nachtdienst relevant, in dem regelhaft die Polysomnografie mit den relevanten funktionsdiagnostischen Untersuchungen zum Einsatz kommt. Gleiches gilt auch für die Durchführung der in § 5 Abs. 3 MTBG benannten MTF-Vorbehaltstätigkeiten der Plausibilitätskontrollen und Qualitätssicherung sowie die Durchführung der Vorbefundung.

Die in der Präambel benannten medizinisch-technologischen Personen können weiterhin mit Blick auf den Kompetenzerwerb in der MTF-Ausbildung und den definierten Vorbehaltstätigkeiten nicht die Berufsgruppe der MTF umfassen, da MTF (gemäß MTBG und MTAPrV) die benötigten Kompetenzen bereits aufweisen und diese Tätigkeiten als Vorbehaltstätigkeiten von MTF gesetzlich definiert sind. Die Weiterbildung mittels Qualitätsnachweis „Somnologie“ ist für MTF insofern obsolet, wenn diese nicht einen über ihre Vorbehaltstätigkeiten und Berufskompetenzen hinausgehenden Umfang aufweist.


Literatur

1. Penzel T, Fietze I, Hirshkowitz M, et al.: Diagnostik in der Schlafmedizin. Somnologie 2011; 15: 78–83, DOI: https://doi.org/10.1007/s11818-011-0514-0.

2. Neuhaus O, Eder K, Wagner F, et al.: Insomnien, Hypersomnien, Parasomnien – die Diagnostik in einem neurologischen Schlaflabor führt häufig zu einem Diagnosewechsel. Somnologie 2020; 24: 75–82, DOI: https://doi.org/10.1007/s11818-020-00240-1.

3. Popp R, Geisler P, Crönlein T: Insomnie – diagnostische Ansätze und Verfahren. Somnologie 2021; 25: 235–46), DOI: https://doi.org/10.1007/s11818-021-00324-6.

4. DGSM: Qualifikationsnachweis „Somnologie“. https://www.dgsm.de/gesellschaft/fuer-schlafmediziner/qualitaetsmanagement-/-ausbildung/qualifikationsnachweis-somnologie/qn-somnologie-ta

5. Qualifikationsnachweis „Somnologie“ für medizinisch-technische und pflegerische Mitarbeiterinnen in den Schlaflaboren der DGSM. (https://www.dgsm.de/fileadmin/Fachinformationen/Qualitaetsmanagement/QN_Somnologie/QN-TA25022021.pdf).

 

Entnommen aus MT im Dialog 8/2023

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