Bislang wurden durch BoDV-1 ausgelöste Erkrankungsfälle vornehmlich bei Schafen und Pferden beobachtet, während Infektionen von Menschen nicht nachgewiesen werden konnten. Alle bislang vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass es sich bei den menschlichen Erkrankungen um sehr seltene Einzelfälle handelt, teilt die Gesellschaft für Virologie (GfV) mit. Die wissenschaftliche Fachgesellschaft hat zu den aktuellen Fällen eine ausführliche Stellungnahme verfasst.
Bei dem in den aktuellen Fällen nachgewiesenen klassischen Bornavirus BoDV-1 handelt es sich nicht um das Bornavirus VSBV-1, das vor einigen Jahren vier Todesfälle bei Züchtern von Bunthörnchen, einer Nagetierart, verursacht hat. Die beiden Viren sind jedoch verwandt. Zurzeit gibt es keine gesicherte antivirale Therapie gegen Bornavirus-Infektionen beim Menschen.
Hoher Bedarf an einer weiteren Erforschung des Virus
Bei einem Teil der aktuellen BoDV-1-Infektionen hatten sich Organempfänger durch die Transplantation der Organe des infizierten Spenders angesteckt. „Unklar ist bislang, auf welche Weise sich der Spender selbst sowie die zwei weiteren Betroffenen mit dem Virus infiziert haben“, erläutert Prof. Dr. med. Hartmut Hengel, Präsident der GfV. Eine Übertragung durch Feldspitzmäuse, dem natürlichen Reservoir des Erregers, scheint derzeit die wahrscheinlichste Infektionsquelle und ist Gegenstand weiterer Untersuchungen. Eine Übertragung des Virus von erkrankten Pferden oder Schafen auf Menschen oder andere Säugetiere wurde bisher nicht nachgewiesen. Auch eine Ausscheidung des Virus durch die infizierten Personen konnten Wissenschaftler nicht feststellen. Somit gibt es derzeit keinen Hinweis darauf, dass eine Übertragung von Mensch zu Mensch stattfindet.
Das Vorkommen des BoDV-1 in den Feldspitzmaus-Populationen ist nach heutigem Wissensstand regional begrenzt auf Teile Ost- und Süddeutschlands, Österreichs, der Schweiz und Liechtensteins. Eine Infektion mit BoDV-1 lässt sich derzeit nur bei akut erkrankten Personen sicher diagnostizieren. Für die mitunter veröffentlichte These, wonach ein großer Teil der Bevölkerung mit dem Virus infiziert sei und ein Zusammenhang mit dem Auftreten verschiedener neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen bestehe, gibt es nach wie vor keine wissenschaftlich fundierten Beweise.
Die Experten der GfV sehen hohen Bedarf an einer weiteren Erforschung des Virus, um offene Fragen hinsichtlich Verbreitung, Übertragungswege, Frühdiagnostik und Therapie des Virus zu klären. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten, interdisziplinären Projektes „Zoonotic Bornavirus Consortium“ wurden bereits entsprechende Forschungsprojekte begonnen und werden nun weiter intensiviert.
Quelle: GfV, 29.3.2018
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