Verstärkter Einsatz von Medizinphysik-Experten
Das betonte Diplom-Ingenieur Horst Lenzen auf dem diesjährigen Deutschen Röntgenkongress im Mai in Leipzig. Die Novellierung sei erforderlich, weil die Richtlinie zur Erneuerung des europäischen Strahlenschutzgesetzes, die im Jahr 2013 beschlossen wurde, innerhalb von vier Jahren in nationales Recht umgesetzt werden muss. Die Richtlinie berücksichtigt nach Angaben des Bundesumweltministeriums „den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand und bezweckt einen umfassenden Strahlenschutz“. Gleichzeitig seien die Euratom-Richtlinien über den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und von Arbeitskräften, den Patientenschutz, den Schutz externer Arbeitskräfte, die Information der Bevölkerung bei radiologischen Notstandssituationen und zur Kontrolle hoch radioaktiver Strahlenquellen aufgehoben worden.
Zu den wesentlichen Neuerungen der Richtlinie zählen unter anderem, so das Bundesumweltministerium:
- Maßnahmen zum Schutz vor dem natürlich vorkommenden radioaktiven Edelgas Radon, das an Arbeitsplätzen und in Wohngebäuden auftreten kann,
- Regelungen zur Bewältigung radiologischer Altlasten,
- detaillierte Vorgaben für die Notfallplanung und die verstärkte Kooperation aller Mitgliedsstaaten zum Zweck eines einheitlichen Handelns im Notfall,
- klare Vorgaben für medizinische Früherkennungsuntersuchungen mit Röntgenstrahlung, um nicht erforderliche Röntgenuntersuchungen zu vermeiden.
Die individuelle Früherkennung werde deutlich weniger umfassend als das bisherige Mammographiescreening sein, bei dem alle Frauen einer Altersgruppe teilnahmeberechtigt seien und explizit eingeladen würden, ergänzte Lenzen. Das Mammographiescreening bleibe vermutlich das einzige Screeningprogramm in Deutschland. Aber es gebe eine ganze Reihe von Erkrankungen, die durch eine gezielte Früherkennungsmaßnahme die Prognose verbessern könnten. Dazu zählten das Kolon- und das Lungenkarzinom. „Bisher verbietet die Röntgenverordnung eine radiologische Verordnung bei symptomfreien Menschen. Der Vorstoß des Gesetzgebers sieht vor, unter bestimmten Voraussetzungen diese rigide Vorgehensweise zu verlassen und die Untersuchungen von Hochrisikogruppen zu ermöglichen“, berichtete Lenzen. Das Strahlenschutzrecht würde damit neue und in vielen Staaten längst gelebte, wissenschaftliche Erkenntnisse umsetzen. Die häufig als IGeL-Leistungen angebotenen Untersuchungen könnten damit in den Alltag überführt werden, und die Patienten könnten einen Anbieter in ihrer Nähe finden. Außerdem bestünde ein deutlich größeres Potenzial, die verschiedenen Risikogruppen auf die Bedeutung einer effizienten Früherkennung hinzuweisen.
Eine der bedeutenden Forderungen der Richtlinie ist außerdem der verstärkte Einsatz von Medizinphysik-Experten (MPE) in der Radiologie. Das bedeutet, dass Medizinphysik-Experten in sehr viel stärkerem Maße als bisher bei diagnostischen Verfahren einzubinden sind. Artikel 14 verpflichtet zudem die Mitgliedstaaten, die Aus- und Fortbildung der MPE sicherzustellen. Für Kliniken und Arztpraxen stellt sich damit die Kostenfrage. In einem „Positionspapier zur Umsetzung des Entwurfs der EU-Richtlinie ,Euratom Basic Safety Standards‘“ vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Physik und Technik der Deutschen Röntgengesellschaft werden konkrete Zahlen vorgelegt. Danach beläuft sich der Gesamtbedarf für Deutschland auf 280 Medizinphysik-Experten (120 für CT, 160 für die Angiographieanlagen). Davon stünden bereits jetzt circa 100 MPE in Kliniken und Praxen bereit. Es ergäben sich Mehrkosten für das deutsche Gesundheitswesen in Höhe von 11,5 Millionen Euro pro Jahr (bei im Mittel 64.500 Euro/Stelle). Dieser Betrag werde aber durch die Zusatztätigkeiten der Medizinphysiker in den Bereichen Firstlineservice, Qualitätssicherung, Großgerätemanagement, IT, Lehre und Wissenschaft kompensiert.
Der Zeitplan sieht vor, dass das Gesetz im Sommer 2017 vom Bundestag verabschiedet wird und dass 2018 zusätzliche neue Verordnungen vorliegen. Das Bundesumweltministerium will die Gelegenheit nutzen, „einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der das deutsche Strahlenschutzrecht modernisieren und möglichst vollzugsfreundlich gestalten soll“.
Arbeitskreis Röntgenverordnung
Im November 2015 fand die 75. Sitzung des LA Röntgenverordnung (RöV) statt. Zur Umsetzung der Qualitätssicherungsrichtlinie wurde festgelegt:
Die jährlich durchzuführenden messtechnischen Prüfungen nach Tabelle 7 der DIN 6868-157 für zahnmedizinisch verwendete Bildwiedergabesysteme können auf fünf Jahre verlängert werden, wenn halbjährlich die visuelle Prüfung folgender Abschnitte durchgeführt wird:
- Gesamtbildqualität (Testbild TG 18-OIQ) nach Abschnitt 8.2.2 Punkt a bis c und e bis h. Bei der Prüfung nach Abschnitt 8.2.2.c muss im grauen Feld der Schriftzug „Quality Control“ vollständig erkennbar sein.
- Homogenität der Leuchtdichte (Testbild TG 18-UN80) nach Abschnitt 8.2.4.
- Farbeindruck und Gleichmäßigkeit (Testbild TG 18-UN80) nach Abschnitt 8.2.5.
Die Festlegungen gelten nur für Bildwiedergabesysteme nach Raumklasse 5 in Verbindung mit Dentalaufnahmegeräten mit intraoralen Bildempfängern (Dentaltubusgeräten, Panoramaschicht- und Fernröntgengeräten). Die arbeitstäglichen visuellen Prüfungen sind weiterhin nach den Vorgaben der Tabelle 6 der DIN 6868-157 durchzuführen.
Für Bildwiedergabesysteme in Verbindung mit Geräten zur digitalen Volumentomographie (DVT) einschließlich der Kombinationsgeräte aus Panoramaschichtgerät und DVT oder Bildwiedergabesysteme in Raumklasse 6 sind die messtechnischen Prüfungen weiterhin jährlich nach den Vorgaben der Tabelle 7 und die visuellen Prüfungen nach den Vorgaben der Tabelle 6 der DIN 6868-157 durchzuführen.
Auch bezüglich der Prüfung der Bildwiedergabegeräte an C-Bögen im OP wird möglicherweise eine Vereinfachung der Prüfung oder eine Änderung der Prüfhäufigkeiten erfolgen.
Stellungnahme des DVTA zur Umsetzung der Direktive 2013/59/Euratom
Die Direktive 2013/59/Euratom basiert auf den bisherigen Grundnormen der Direktive 96/29/Euratom und zum anderen auf den Grundsatzempfehlungen der International Commission on Radiological Protection (ICRP) zum Strahlenschutz von 2007, die insbesondere das Prinzip „continuity and stability“ betonen. Dieses Prinzip sieht auch der DVTA als eine der maßgebenden Leitlinien bei der Umsetzung der Europäischen Direktive in Deutsches Strahlenschutzrecht an und setzt sich daher dafür ein, bewährte Regelungen zu bewahren.
Was sollte sich im neuen Strahlenschutzrecht nicht ändern?
Nach Ansicht des DVTA sollten sich in der Praxis bewährte Regeln, wie insbesondere die nachfolgend Benannten, nicht ändern:
Röntgenverordnung
– § 3 Abs. 1 Genehmigungserfordernis für Betrieb von Röntgeneinrichtungen
– § 3 Abs. 2
Ziffer 4: gewährleistet ist, dass die beim Betrieb der Röntgeneinrichtung sonst tätigen Personen die notwendigen Kenntnisse über die mögliche Strahlengefährdung und die anzuwendenden Schutzmaßnahmen besitzen,
Ziffer 5: gewährleistet ist, dass beim Betrieb der Röntgeneinrichtung die Ausrüstungen vorhanden und die Maßnahmen getroffen sind, die nach dem Stand der Technik erforderlich sind, damit die Schutzvorschriften eingehalten werden, Gleiches gilt für § 23 Abs. 1 Satz 4 RöV.
Ziffer 6: keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken ergeben, dass das für die sichere Ausführung des Betriebes notwendige Personal nicht vorhanden ist.
– § 3 Abs. 4 Nr. 2 technische Durchführung durch eine MTRA (Teleradiologie)
– § 3 IV 2 Nr. 6 Röntgenverordnung (Regionalprinzip)
– § 3 Abs. 4 Satz 2 „Die Genehmigung zum Betrieb einer Röntgeneinrichtung zur Teleradiologie ist auf den Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienst zu beschränken. Sie kann über den Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienst hinaus erteilt werden, wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen nach Satz 1 ein Bedürfnis im Hinblick auf die Patientenversorgung besteht. Eine Genehmigung nach Satz 3 ist auf längstens drei Jahre zu befristen.“
– § 7 Abs. 1 Ziffer 3 „keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken ergeben, dass das für die sichere Ausführung der Tätigkeit notwendige Personal nicht vorhanden ist“.
– § 18 a erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz, insbesondere: § 18 a Abs. 1 Satz 5 RöV
„Für ‚Medizinisch-technische Radiologieassistentinnen‘ und ‚Medizinisch-technische Radiologieassistenten‘ gilt der Nachweis nach Satz 1 mit der Erlaubnis nach § 1 Nr. 2 des MTA-Gesetzes vom 2. August 1993 (BGBl. I S. 1402), das zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467) geändert worden ist, für die nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes vorbehaltenen Tätigkeiten als erbracht.“
– § 24 Abs. 2 Ziffer 1–3 RöV Berechtigte Person zur technischen Durchführung ist die MTRA.
– § 29 Abs. 2 Ziffer 1–2 RöV Berechtigte Person zur technischen Durchführung ist die VMTA.
Strahlenschutzverordnung
– § 6 Vermeidung unnötiger Strahlenexposition und Dosierbegrenzung
– § 14 Abs. 1 Ziffer 6 „keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken ergeben, dass das für die sichere Ausführung der Tätigkeit notwendige Personal nicht vorhanden ist“.
Entnommen aus MTA Dialog 7/2016
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