„Hinterher ist man immer schlauer“ und „aus Fehlern lernt man“ – solche Volksweisheiten gelten im Gesundheitswesen nicht automatisch. Experten des Aktionsbündnisses Patientensicherheit empfehlen, Berichts- und Lernsysteme (CIRS) in Gesundheitseinrichtungen einzuführen. Für den Ausbau dieser Systeme in der ambulanten Versorgung hat das APS nun eine Handlungsempfehlung herausgegeben. Diese wird in einem Test in bis zu 400 Praxen erprobt. Interessierte Einrichtungen können sich noch bewerben.
Jeden Tag werden Hunderttausende Patienten in Deutschland ambulant behandelt, beraten und gepflegt. Die Versorgung ist oft komplex und meist sind zahlreiche Personen über diverse Schnittstellen hinweg beteiligt. „In der Regel verläuft die Versorgung nach Plan. Dennoch passieren manchmal Dinge, die nicht hätten passieren sollen und die, unter an¬deren Umständen, hätten vermieden werden können“, sagt Hardy Müller, Geschäftsführer des APS.
Solche Ereignisse treten zum Beispiel auf, wenn Ärzte Medikamente oder Medizinprodukte für einen Patienten falsch dokumentieren. Auch bei der Kommunikation mit den Erkrankten oder bei der Durchführung von Untersuchungen können Fehler auftreten. Damit Mitarbeiter in ambulanten Einrichtungen aus solchen kritischen Situationen lernen, hat das APS nun eine neue Handlungsempfehlung herausgegeben. Sie richtet sich an Führungskräfte und interessierte Mitarbeiter in ambulanten Einrichtungen – beispielsweise in Einzel- und Gemeinschaftspraxen –, die die Patientensicherheit stärken wollen. Die Empfehlung soll die Personen dabei unterstützen, ein internes Berichts- und Lernsystem einzuführen und zu betreiben.
Risiken, Fehler und kritische Ereignisse erkennen
Die Folgen von kritischen Situationen in Gesundheitseinrichtungen sind in den meisten Fällen harmlos. Manchmal erleiden Patienten dabei aber auch einen Schaden – und dann können die Konsequenzen dramatisch sein. „Nicht nur die Betroffenen und deren Angehörige haben die Folgen zu tragen, sondern auch die an der Behandlung beteiligten Personen. Sie haben dann häufig Versagensängste oder werden sogar bestraft“, so Müller. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass in den allermeisten Fällen nicht eine einzelne Person, sondern die Verkettung unglücklicher Umstände und das Versagen von Sicherheitsbarrieren zu dem unerwünschten Ereignis geführt haben.
Wenn sich jedoch am Ablauf nichts ändert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich das Ereignis in gleicher oder ähnlicher Weise wiederholt. „Deshalb ist es wichtig, solche Ereignisse zu erkennen und ihre Ursachen mit Berichts- und Lernsystemen zu analysieren“, meint Hedwig François-Kettner, Vorsitzende des APS. „Wenn die Gründe bekannt sind, können gezielte Maßnahmen aus solchen Situationen abgeleitet werden, die die Wahrscheinlichkeit verringern, dass das gleiche Problem in Zukunft noch einmal auftritt.“
Genau hier setzen Berichts- und Lernsysteme an. Mithilfe von Mitarbeiterberichten zielen sie darauf ab, Risiken, Fehler und kritische Ereignisse sowie deren Ursachen zu erkennen und gemeinschaftlich daraus zu lernen. Solche Systeme sind – auch international – bewährt und als integrativer Bestandteil des Qualitäts- und Risikomanagements in Einrichtungen des Gesundheitswesens anerkannt.
Die Handlungsempfehlung, Arbeitsmaterialien, Informationen zum Film und Möglichkeiten zur Teilnahme an der Praxisphase stehen hier zur Verfügung.
Quelle: APS, 12.4.2018
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