Über 2,4 Millionen PCR-Tests in KW 03 – jeder dritte Befund positiv
In der vergangenen Woche (17.01.–23.01.2022) wurden in den fachärztlichen Laboren in Deutschland laut ALM e. V. 2.406.869 PCR-Untersuchungen durchgeführt – erneut ein Höchstwert in der Pandemie und ein nochmaliger Anstieg um 23 Prozent gegenüber der Vorwoche (1.955.439 SARS-CoV-2-PCR-Tests). An der aktuellen Datenerhebung des ALM e.V. haben sich 182 Labore beteiligt. Entsprechend der steigenden Inzidenz stieg auch die Zahl der positiv berichteten Proben, nämlich um 62 Prozent gegenüber der Vorwoche und einer Positivrate von nunmehr 32,6 Prozent (Vorwoche: 24,9 Prozent). Die Zahl der positiv berichteten SARS-CoV-2-PCR-Tests erreichte mit 785.577 ebenfalls einen neuen Rekordwert (Vorwoche 486.319). Die Auslastung der Labore wird im bundesweiten Durchschnitt mit 95 Prozent angegeben und erreicht somit in den meisten Bundesländern die Belastungsgrenze. Für eine dauerhafte Inanspruchnahme der Labore mit ausreichender medizinischer Reserve sei eine Kapazitätsauslastung von maximal 85 Prozent anzustreben, betont der Verband.
Priorisierung wird von den Laboren begrüßt
Die Pläne von Bund und Ländern, die PCR-Testungen zeitnah zu priorisieren, begrüßte der Vorstand der Akkreditierten Labore in der Medizin daher ausdrücklich. Der Vorsitzende, Dr. Michael Müller, erklärte: „Eine Priorisierung der Verwendung von PCR-Tests bei der Testabnahme ist richtig und sinnvoll. Es ist jetzt unmittelbar notwendig, dass die Auslegung der Nationalen Teststrategie an den Beschlüssen der Gesundheitsministerkonferenz konkretisiert wird. Dabei geht es in erster Linie um die medizinische Relevanz, denn Menschen mit Symptomen und einem Risiko für einen schweren Verlauf sollten Priorität haben. Zudem sind die Kapazitäten auch für Mitarbeitende in Krankenhäusern oder der Pflege vorzuhalten, um diese nach einer SARS-CoV-2-Infektion rasch aus der Isolation ‚freitesten‘ zu können. Selbstverständlich ist es Anspruch der Labore, alle Testanforderungen zeitgerecht zu bearbeiten. In einer Pandemiephase mit temporär extremer Inanspruchnahme ist eine Priorisierung jedoch der richtige Weg und im Einklang mit der bewährten Nationalen Teststrategie. Wir gehen davon aus, dass es in den kommenden Wochen weiterhin einen Anstieg von Testungen in der medizinischen Versorgung, positiven Fällen und eine noch höhere Auslastung der Labore geben wird. Es liegen dem BMG konkrete Vorschläge für die Umsetzung der Priorisierung vor. Diese müssen nun jedoch unmittelbar umgesetzt werden, um in der aktuellen Pandemiewelle noch Wirkung entfalten zu können.“
Müller kritisiert den Vergleich mit dem Ausland abermals
Die anhaltende Kritik an der Auslastung der deutschen Labore und die Betonung von höheren Laborkapazitäten in anderen Ländern kann Müller nicht nachvollziehen: „Wir sind in Deutschland wirklich gut aufgestellt. Angesichts des medizinisch tatsächlich benötigten Bedarfs ist die aktuelle Erwartungshaltung nur schwer nachzuvollziehen. Gute Dinge sollten jetzt nicht schlecht geredet werden, denn wir verfügen in Deutschland über eine extrem leistungsfähige, qualitativ hochwertige und zudem flächendeckende Laborinfrastruktur.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Laboren arbeiteten seit Monaten an der Belastungsgrenze. Die Kritik sei deshalb nicht verständlich. „Stattdessen wäre ein wenig mehr Wertschätzung angebracht“, findet Müller. „Seit Beginn der Pandemie haben wir es mit der Unterstützung aller Kolleginnen und Kollegen in den Laboren geschafft, die Testkapazitäten Woche für Woche weiter auszubauen und haben diese auch über die Sommermonate in Erwartung des Winters weiterhin vorgehalten.“
Vergleichbarkeit fehlt
Die Aussage, dass Deutschland in Bezug auf Laborkapazitäten im internationalen Vergleich nicht mithalten könne, wies Evangelos Kotsopoulos, Vorstand im ALM e.V., abermals zurück: „Wenn Vergleiche angestellt werden, dann müssen auch Äpfel mit Äpfeln verglichen werden. Dieses betrifft sowohl die Art durchgeführter Tests als auch deren Zählweise.“ In zahlreichen Ländern würden auch die Antigen- bzw. Schnelltests sowie gepoolte Tests in die Rechnung mit einbezogen, während in der wöchentlichen Statistik des ALM e.V. strikt PCR-Einzeltests erhoben werden. „Würden wir zum Beispiel die zehntausenden Pool-Testungen pro Tag und pro Kopf als jeweils einzelnen Patientenbefund und nicht, wie bisher, sachgerecht als einen im Labor durchgeführten PCR-Pooltest zählen, kämen wir auf weitaus höhere PCR-Testzahlen als die meisten anderen Länder.“
Ein einzelner in Deutschland gezählter PCR-Pooltest – beispielsweise aus der täglichen Pooltestung mehrerer Bundesländer für das Screening in Schulen und Kitas – beinhalte häufig 10 bis 20 Einzelproben. „In manchen Ländern werden die Einzelbefunde eines PCR-Pools gezählt, als seien es einzelne PCR-Analysen“, erläuterte Kotsopoulos. Zudem würden in den Statistiken zahlreicher Länder die Anzahl täglich durchgeführter Antigen-Schnelltests mitgezählt – eine Statistik, die in Deutschland nicht systematisch erhoben werde, das Gesamtbild jedoch erheblich verändern würde. „Ohne Antigen-Schnelltests hätte die ‚Wiener Zählweise‘ für Deutschland in der KW 03 mindestens 5,5 Millionen ‚PCR-Tests‘ ergeben“, erklärte Kotsopoulos.
Verlässliche Rahmenbedingungen gefordert
„Die Fragen, die sich nach den gestrigen MPK-Beschlüssen stellen, sind doch ganz andere“, konstatierte Prof. Dr. Jan Kramer, der stellvertretende Vorsitzende des ALM e.V. „Welche Testkapazitäten sollen über welchen Zeitraum und für welche Fragestellung aufgebaut werden? Welches Ziel in der Pandemie soll damit verfolgt werden? Auch Antigen-Schnelltests haben zumindest bei der aktuell sehr hohen Inzidenz eine gute Vortestwahrscheinlichkeit und sind auch für Screening-Untersuchungen asymptomatischer Personen geeignet. Hier macht die Politik jetzt zum Glück klare Aussagen, die jedoch mit Umsetzungsvorgaben auch zeitnah verfolgt werden sollten. Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen der Politik.“
Zum Fachkräftemangel erneuerte Kramer seine Kritik: „Es nützt gar nichts, wenn wir einfach nur weitere Geräte anschaffen. Diese müssen auch qualitätsgesichert bedient werden können.“ „Wie überall in der Medizin, machen auch wir in den Laboren uns aktuell darüber Sorgen, dass Personalausfälle durch Infektionen, die aus dem privaten Umfeld in die medizinischen Labore hineingetragen werden, die Überlastung der Mitarbeitenden noch weiter verstärken könnten. Wir Menschen in den Facharztlaboren brauchen also keine unbegründeten Vorwürfe in der Öffentlichkeit, sondern die Anerkennung unserer täglichen Arbeitsleistung“, so Kramer weiter.
Labore sehen auch Anstieg bei den Atemwegserkrankungen
Der stellvertretende Vorsitzende weist zudem darauf hin, dass die fachärztlichen Labore sich neben allen anderen relevanten Untersuchungen zur Versorgung der Bevölkerung mit medizinisch-ärztlicher Labordiagnostik derzeit auch mit einer steigenden Inzidenz bei akuten Atemwegserkrankungen (ARE) beschäftigen müssten: Diese seien laut ARE-Bericht des RKI in der zweiten Kalenderwoche weiter angestiegen. „Das spüren wir derzeit auch in den Laboren“, sagte Kramer.
Ein Zusatzbedarf an PCR-Tests komme auf die Labore auch durch die neue Regelung für die Beschäftigten in Krankenhaus, Pflege und Eingliederungshilfe zu. Diese können im Falle einer Infektion nach 7 Tagen sowie 48 Stunden Symptomfreiheit mit einem negativen PCR-Testergebnis freigetestet werden. Damit dieser eventuell noch weiter steigende Bedarf gedeckt werden könne, schlagen der ALM e.V. und andere Experten vor, in bestimmten Situationen vorübergehend auch auf qualitätsgesicherte und validierte Antigentests zurückzugreifen, die als qualifizierter Schnelltest unter fachkundiger Aufsicht oder auch im Labor durchgeführt werden könnten. „So ist es sinnvollerweise bereits seit 2021 auch in der Nationalen Teststrategie vorgesehen“, erklärt der Verbandsvorsitzender Müller.
Quelle: ALM e. V.
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