Tiermedizin der Zukunft

Digital und im Homeoffice, auch für Laborleistungen?
Mirjam Bauer
Tiermedizin der Zukunft
Dirk Schrader © M. Bauer
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Die Nachfrage nach Informationen und Beratung im Internet ist hoch und wird unter anderem durch die Corona-Krise erneut beschleunigt. Diese Betreuungsart wurde von Tierärzten bisher jedoch eher vernachlässigt, obwohl sie den Tierbesitzern erhebliche Vorteile bringt.

Fast 80 Prozent aller Ursachen, mit denen Tierhalter in die Praxis vor Ort kommen, beruhen auf Infektionen. Diese kann nur ein Tierarzt tatsächlich diagnostizieren: Der Arzt nimmt einen Abstrich von infektiösem Material, anschließend erfolgt eine mikrobiologische Untersuchung im Labor. Aufgrund dieser Ergebnisse kann ein passendes Antibiotikum, Antimykotikum oder ein virushemmendes Mittel verschrieben werden.

Tiermedizin online

Für Tierbesitzer besteht heutzutage zusätzlich zum oder vor einem Praxisbesuch die Möglichkeit, die Onlineplattform „tierarzt-online.org“ auszuprobieren. Hier dürfen alle Tierärzte, die mindestens zwei Jahre praktische Berufserfahrung nachweisen, tierärztliche Beratung online anbieten, Gebühren erheben und umgehend liquidieren. So werden Vorortbesuche reduziert – und der Tierarzt muss seine Praxis nicht aufgrund von Umsatzeinbußen schließen. Die dazugehörige App beinhaltet neben einer Videochatfunktion sämtliche Organisations- und Verwaltungsprozesse (wie die Datenerfassung der Tier- und Besitzerdaten, Leistungserfassung, die Dokumentation und die Rücküberweisung an den/die Haustierarzt/-ärztin inklusive Liquidationsabwicklung).

Eine Gemeinschaftstierarztpraxis in Hamburg bedient sich – auch bereits vor der Corona-Pandemie – der Möglichkeit, online und über die sozialen Medien Informationen für Tierhalter bereitzustellen (www.tieraerzte-hamburg.com, siehe auch Facebook). Die Seiten sind kostenlos verfügbar und helfen informativ weiter, sie ersparen gegebenenfalls manchen Praxisbesuch. Tierarzt Dirk Schrader stellt ferner kritische Informationen und alternative Methoden zusammen, denn in seinen Augen sind beispielsweise jährliche Wurmkuren nicht nötig (www.kritische-tiermedizin.de). Er hält auch die Zusammenarbeit zwischen Human- und Tiermedizin für sehr spannend, insbesondere im Bereich der Präzisionsmedizin und Genomforschung (Interview: https://youtu.be/QhW4Xs5IMVY).

Mikrobiomdiagnostik

Den Einbezug der genetischen Diagnostik via Mikrobiom ermöglicht sowohl im human- als auch im tiermedizinischen Bereich das junge Unternehmen Biomes NGS GmbH. Auch wenn diese Diagnostik noch in ihren Anfängen steckt, bietet sie ein spannendes Feld, beispielsweise für veterinärmedizinische Assistenten (VMTA).

Die Darmflora-Analyse des Start-ups ermöglicht tiefgehende Einblicke in die Besiedlung des Darms mit Bakterien, basierend auf der Next-Generation-Sequencing-Technologie (NGS). Bisher war diese nur für Menschen verfügbar, doch aktuell plant Biomes eine Hunde-Studie gemeinsam mit einem Unternehmen für individualisiertes Hundefutter, das mit Tierärzten zusammenarbeitet. Eine Studiendatenbank steht zur Verfügung und an einem Report für Hunde wurde bereits gearbeitet. Im Juli startete eine eigene Studie, bevor der Hundetest gelauncht wird. Anschließend sind weitere Analysen für Katzen und Pferde geplant.

Die neue Studie soll eine Datenbank mit Stuhlproben von gesunden Hunden enthalten, die künftig als Referenz für kranke Hunde dient, um Abweichungen im Mikrobiom zu detektieren. Für die meisten Messwerte gibt es bisher keine etablierten Referenzwerte. Die Pilotstudie dient zur Definition dieser Referenzwerte und soll mit 200 gesunden Hunden durchgeführt werden.

Biomes NGS bietet eine umfassende Darmflora-Analyse mit individuellen Empfehlungen zur Verbesserung des Wohlbefindens. Diese Analyse soll bei akuten Problemen wie Reizdarm, Übergewicht, Immunschwäche und anderen Beschwerden dabei helfen, die Ursachen zu erforschen, die häufig im Darm liegen. Die Wissenschaftler entwickelten eine Software-Pipeline, die die biologische Mikroben-DNA in digitale DNA umwandelt. Eine Datenbank mit den Erkenntnissen von mehr als 6.000 Studien dient dabei als Basis zur Interpretation.

Entnommen aus MTA Dialog 8/2020

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