Tiefe Hirnstimulation ist ein Verfahren, bei dem implantierte Elektroden im Gehirn eines Patienten bestimmte Hirnregionen stimulieren und so Krankheitssymptome neurologischer Erkrankungen lindern. Das Verfahren wird bereits erfolgreich zur Besserung von Bewegungsstörungen bei Parkinson- und Dystoniepatienten eingesetzt. Seit einigen Jahren wird Tiefe Hirnstimulation auch bei psychischen Erkrankungen wie Zwangsstörungen und Depressionen angewendet.
Im jetzt erschienenen Leopoldina-Diskussionspapier "Tiefe Hirnstimulation in der Psychiatrie. Zur Weiterentwicklung einer neuen Therapie" weisen die vier Autoren auf die Notwendigkeit hin, evidenzbasierte Erkenntnisse zu Ursache-Wirkungs-Mechanismen der Tiefen Hirnstimulation in der Psychiatrie zu gewinnen. Damit soll die Methode in Richtung eines wissenschaftlich fundierten Therapieansatzes für psychische Erkrankungen weiterentwickelt werden.
Die Tiefe Hirnstimulation in der Psychiatrie wird derzeit meist im Rahmen individueller Heilversuche angewendet. Das Angebot richtet sich an Patienten, denen andere Therapiemöglichkeiten keine dauerhafte Linderung verschaffen konnten. Wegen des hohen Leidensdrucks sollte diesen Menschen der Heilversuch durch Tiefe Hirnstimulation nicht verweigert werden, so die Autoren des Leopoldina-Diskussionspapiers. Die Betroffenen seien deswegen aber auch sehr verletzlich. Intensive Beratung und unabhängige Aufklärung über die Behandlung seien ethisch geboten.
Um künftig eine evidenzbasierte Anwendung der Tiefen Hirnstimulation in der Psychiatrie zu erreichen, fordern die Autoren, die Ergebnisse der Heilversuche zu dokumentieren und insbesondere auch negative Ergebnisse zu veröffentlichen. Dazu besteht bisher keine Verpflichtung. Die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der Tiefen Hirnstimulation sollten gründlich erforscht und verbindliche Standards für Behandlung, Forschung und Aufklärung etabliert werden.
Quelle: Leopoldina, 23.01,2017
Artikel teilen