Damit hat sich zwar die Zahl gegenüber dem Vorjahr (5.828 Fälle, Inzidenz 7,1) nur leicht erhöht, doch es handele sich um ein 11-Jahreshoch. Die Analyse der demografischen Daten zeigt laut RKI, dass Männer häufiger an einer Tuberkulose erkranken als Frauen. Die Inzidenz betrug bei männlichen Personen 9,9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und war damit 2,2-mal so hoch wie bei weiblichen Personen (Inzidenz 4,6). Die höchste Inzidenz mit insgesamt 18,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner fand sich bei jungen Erwachsenen in der Altersgruppe der 20 bis 24-Jährigen (Männer: 25,9, Frauen: 9,7).
Ausländische Staatsbürger mit 19-mal so hoher Inzidenz
Die Analyse nach Staatsangehörigkeit ergab deutliche Unterschiede im Erkrankungsrisiko: So betrug die Inzidenz bei ausländischen Staatsbürgern hohe 42,6 pro 100.000 Einwohner und war damit 19-mal so hoch wie in der deutschen Bevölkerung (Inzidenz 2,2). Diese Diskrepanz hat sich gegenüber dem Vorjahr (Faktor 16,6) weiter verstärkt.
Bei jungen Erwachsenen war dieser Unterschied besonders groß. Insgesamt 30,9 % aller Erkrankten hatten die deutsche Staatsangehörigkeit, 69,1 % waren ausländische Staatsbürger. Die erkrankten ausländischen Staatsbürger wiesen im Vergleich zu deutschen Patienten – wie schon in den vergangenen Jahren – eine wesentlich jüngere Altersstruktur auf (Altersmedian 28 vs. 58 Jahre).
Die Analyse nach Geburtsland zeigt, dass der Anteil der im Ausland geborenen Patienten in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist und im Jahr 2016 rund drei Viertel (74,3 %) aller registrierten Fälle ausmacht. Zu den 2016 am häufigsten angegebenen Geburtsländern zählen Somalia, Eritrea, Afghanistan, Syrien und Rumänien.
Tuberkulose im Kindesalter
Es erkrankten im vergangenen Jahr 233 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren an einer Tuberkulose. Dies entspricht einer Inzidenz von 2,1 pro 100.000 Kinder. Gegenüber dem Vorjahr ist die Erkrankungszahl um fast 19 % gestiegen (2015: 196 Fälle, Inzidenz 1,8). Die höchste Inzidenz war mit 2,9 bei Kleinkindern unter fünf Jahren zu verzeichnen (104 Erkrankungen). In der Gruppe der 5- bis 9-Jährigen lag die Inzidenz bei 1,5 (53 Fälle), und in der Gruppe der 10- bis 14-Jährigen bei 2,1 (76 Fälle). Kinder mit ausländischer Staatsangehörigkeit erkrankten im Vergleich zu deutschen Kindern etwa 20-mal so häufig an einer Tuberkulose (Inzidenz 14,2 vs. 0,7). Die Zahl der Kinder, bei denen eine „jegliche Resistenz“ vorliegt, nimmt zu (18/89 Kinder, 30,5 %).
Aktive Fallfindung
Gut ein Viertel der Erkrankungen wurde durch aktive Fallfindung entdeckt (25,2 %; 1.310 Fälle), insbesondere durch die gesetzlich vorgeschriebenen Screeninguntersuchungen bei Asylbewerbern und Flüchtlingen, so das RKI. Im Jahr 2016 wurden im Rahmen dieses Screenings 973 der 1.310 Fälle (74,3 %) diagnostiziert, weniger als im Vorjahr (1.222 von 1.522 Fällen; 80,3 %). Der Anteil der durch Umgebungsuntersuchungen entdeckten Tuberkulosen ist bei Kindern anhaltend hoch (37,2 %). Drei Viertel der Erkrankungen (74,8 %; 3.886 Fälle) wurden im Rahmen der passiven Fallfindung identifiziert, 262 Fälle mehr als im Vorjahr.
Der Anteil von Erkrankungen durch multiresistente Stämme (mindestens gleichzeitige Resistenz gegenüber Isoniazid und Rifampicin, MDR-TB) liegt im Jahr 2016 bei 2,7 % (104 Fälle) und ist damit etwas niedriger als im Vorjahr (2015: 3,1 %, 123 Fälle). Unter den in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion (NUS) geborenen Patienten war der Anteil an MDR-TB am höchsten (15,3 % vs. 1,0 % bei in Deutschland geborenen Patienten). Bei fast der Hälfte der MDR-TB Fälle mit entsprechenden Angaben bestanden mehrere Resistenzen gegenüber Zweitrangmedikamenten, darunter befanden sich fünf Fälle mit extensiv resistenter Tuberkulose (XDR-TB). Der Anteil an Erregern, die gegen mindestens eines von fünf Standardmedikamenten resistent sind („jegliche Resistenz“), ist mit einem Anteil von 12,8 % gegenüber dem Vorjahr (13,0 %) geringfügig niedriger. Auch bei der „jeglichen Resistenz“ war unter den in den NUS geborenen Patienten der Anteil deutlich höher als bei in Deutschland geborenen Patienten (31,5 % vs. 8,4 %).
Todesfälle
Der krankheitsbedingte Tod an einer Tuberkulose wurde in 100 Fällen registriert (2015: 110 Todesfälle). Dies entspricht einer Mortalität von 0,12 Todesfällen pro 100.000 Einwohner. Die Letalität lag bei 1,7 % und war damit geringfügig niedriger als im Vorjahr (1,9 %).
Fazit des RKI
Nach dem deutlichen Anstieg der Tuberkulosezahlen im Jahr 2015, der in erster Linie auf die aktive Fallfindung bei der gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchung von Asylsuchenden zurückzuführen war, blieb die Zahl im Jahr 2016 weitgehend unverändert und lag damit auf einem ähnlich hohen Niveau wie zuletzt vor 11 Jahren.
Die umfassende Analyse der Meldedaten unterstreicht, dass die jüngsten Entwicklungen in der Tuberkulosesituation in Deutschland mit Migrationsbewegungen und den demografischen Veränderungen in der Bevölkerung zusammenhängen. Der Anteil von Erkrankten, die nicht in Deutschland geboren sind, ist in den letzten Jahren stetig gestiegen, während die Fallzahlen in der deutschen Bevölkerung weiterhin kontinuierlich sinken.
Quelle: RKI
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