Das Hauptanliegen dieses Tages ist es, auf die Herausforderungen aufmerksam zu machen, denen Menschen mit seltenen Krankheiten gegenüberstehen, darunter die Schwierigkeiten bei der Diagnose, das Fehlen von Therapien und die begrenzte Forschung. An diesem Tag beteiligen sich 106 Länder weltweit mit über 600 Veranstaltungen.
Seltene Erkrankungen sind durch bestimmte Merkmale gekennzeichnet: Sie betreffen nach europäischer Definition weniger als 0,05% der Bevölkerung, sind oft lebensbedrohlich und können chronisch sein. Etwa 85% der Seltenen Erkrankungen betreffen sogar weniger als einen von einer Million Menschen. Die meisten dieser Krankheiten sind nicht heilbar und beginnen oft bereits im Kindesalter oder in der Jugend. Es mangelt oft an ausreichendem Wissen über diese Krankheiten, was zu verzögerten Diagnosen führt.
Fast 8.000 bekannte Seltene Erkrankungen
Laut Bundesministerium für Gesundheit leben in Deutschland schätzungsweise vier Millionen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung, während weltweit etwa 300 Millionen betroffen sind, was rund 5% der Weltbevölkerung entspricht. Jedes Jahr werden etwa 250 neue Seltene Krankheiten entdeckt, was die Gesamtzahl der bisher bekannten Krankheiten auf aktuell fast 8.000 erhöht.
Über 70% der Seltenen Erkrankungen haben eine genetische Ursache, während bei anderen die Ursachen häufig unklar sind. Diese Krankheiten begleiten die Betroffenen oft ein Leben lang, verschlimmern sich im Laufe der Zeit und führen zu Einschränkungen im Alltag sowie einem Verlust an Lebensqualität. Mehr als die Hälfte der Seltenen Erkrankungen beginnt in der Kindheit, und Kinder und Jugendliche stellen insgesamt mehr als die Hälfte aller Betroffenen dar.
Oft keine spezifische Therapie vorhanden
Trotz des Fortschritts in der Medizin gibt es für viele Seltene Erkrankungen immer noch keine spezifischen Therapien. Die Behandlung konzentriert sich oft darauf, die Symptome zu lindern. Der Weg zur Diagnose und Behandlung solcher Krankheiten ist oft langwierig und komplex.
„Bei der Behandlung von Schwer- und Schwerstkranken sind Arzneimittel gegen Seltene Leiden (Orphan Drugs) oft die einzige Hoffnung. Ihre Zulassung und Vermarktung darf nicht erschwert werden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI), Dr. med. Kai Joachimsen, anlässlich des Tages der Seltenen Erkrankungen. „Wir hören im politischen Raum leider immer wieder Stimmen die sagen, es gäbe zu viele Orphan Drugs und deren Entwicklung sei privilegiert. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Es gibt 8.000 Seltene Erkrankungen und bislang ist erst ein Bruchteil davon behandelbar. Es gibt also nicht zu viele Orphan Drugs, sondern zu wenige!“, so Joachimsen weiter.
Beispiel Niemann-Pick Typ C
Ein Beispiel für eine Seltene Krankheit ist die Stoffwechselerkrankung Niemann-Pick Typ C, auch bekannt als Kinderdemenz. Diese ist durch Mutationen in den Genen NPC1 und NPC2 gekennzeichnet, was zu einem gestörten Cholesterin-Transport und neurologischen Beeinträchtigungen führt. Bisher war Miglustat das einzige zugelassene Medikament, das den Krankheitsverlauf verzögern konnte. Eine internationale Phase-III-Studie mit 14 Forschungseinrichtungen, darunter die Universität Münster, zeigte nun allerdings vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung mit der modifizierten Aminosäure N-Acetyl-L-Leucin (N-ALL), wie im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Die Studie deutet darauf hin, dass N-ALL Symptome verringert, die Lebensqualität verbessert und möglicherweise eine vielversprechende Option für die Behandlung von neurologischen Krankheiten darstellen könnte.
Um auf solch wichtige Studien aufmerksam zu machen und damit das Bewusstsein für diese oft übersehene Gruppe von Krankheiten zu schärfen, bietet der Tag der Seltenen Erkrankungen eine Gelegenheit. Vielversprechende Entwicklungen wie die Studie zu N-Acetyl-L-Leucin zeigen Hoffnung auf, dass neue Behandlungswege möglich sind, um das Leben von Betroffenen zu verbessern.
Quellen: BPI, BMG, Uni Münster, ACHSE e.V., RARE DISEASE DAY, ZIPSE
Artikel teilen