Haben Sie mal versucht, aus einem Räderwerk eines der Rädchen herauszunehmen, und dabei beobachtet, was geschieht? Jedes der zuvor scheinbar untrennbar miteinander agierenden Rädchen verändert seine Position. Was das Mantra repetitiven Rezitierens misslicher Arbeitssituationen, „Ich bin hier ja nur ein ganz kleines Rädchen, was soll ich bewirken?“, entkräftet. Veränderungen beginnen mit einem ersten Schritt, gleich wie lang der Weg auch sein mag. Und sie beginnen bei und mit jedem von uns selbst.Warum stehen wir dann aber stets aufs Neue staunend und ablehnend zugleich davor? Nicht wissend oder wollend, was zu tun. Uns schützend vor mehr Verantwortungsübernahme und einem Mehr unwägbarer Arbeitsbedingungen. Häufig genug zu allererst fehlende in Aussicht gestellte finanzielle Anreize beklagend beziehungsweise Optionen perspektivischer Karriereschritte in Abrede stellend? Weil wir nicht progressiv sozialisiert worden sind. Ein Sozialisationsartefakt, begründet in alten Rollenbildern.
Wie das bereits oben zitierte Mantra, so nutzen viele Mitglieder unseres Berufsstandes die Ausrede, dass die Ärzte uns unsere Rollen nicht verändern lassen. Das mag in einigen Punkten seine Berechtigung haben, denn niemand hat gern fachkompetente Konkurrenz, noch dazu, wenn der zu verteilende Kuchen dabei nicht größer, sondern die Stücke berufsgruppenübergreifend kleiner werden beziehungsweise auf Krümelgröße verkommen. Jedoch wer, wenn nicht wir, kann all jene, die unsere Kompetenzen noch nicht schätzen können, von unseren Qualitäten überzeugen? Vorausgesetzt wir nehmen die Verantwortung selbst in die Hand und lassen uns nicht zum Spielball pluralistischer Interessen machen. Beziehungsweise uns nicht, wenn der Wind uns härter direkt ins Gesicht weht, argumentativ hinter jenen verstecken, die wir zuvor als Begründung fehlender Entwicklungsmöglichkeiten erst in Stellung gebracht haben.
Um selbstbewusst, kompetent und anerkannt handeln zu können, müssen wir uns selbst erst als unverzichtbaren, hochqualitativen Wirkfaktor im Gesamtgefüge der Gesundheitswirtschaft mit ihren diversen Berufsgruppen erkennen und ernst nehmen. Wir müssen im relevanten Denken und der Sprache der Entscheider/-innen ankommen, erkennen, welche Kriterien Grundlagen deren Entscheidungen sind und auf dieser Basis argumentieren lernen. Und wir müssen lernen, sie und uns in die Pflicht zu nehmen. Wir müssen Berührungsängste abbauen, wenn wir Begriffe wie Betriebliches Rechnungswesen und Strategisches Controlling hören oder mit personalwirtschaftlichen Fragen zu Beschaffung, (Einsatz-)Planung, Personalführung beziehungsweise medizinrechtlich relevanten Gesetzesvorgaben konfrontiert werden. Unabhängig davon, ob wir in Personalverantwortung stehen oder geführt werden wollen.
Erst wenn wir diesen Punkt erreicht haben, nehmen wir Personalentwicklung und damit auch die Entwicklung der jeweiligen Arbeitsorganisation ernst. Wir werden zu anerkannten Verhandlungspartnern/-innen auf Augenhöhe. Das muss der Auftrag an uns selbst wie auch die Entscheider/-innen in den Unternehmungen sein. Mit dem Ziel einer professionellen und persönlichen Entwicklung eines jeden von uns, egal ob als Mitarbeiter/-in in Gruppen oder Teams oder als Führungskraft.
Der organisatorische und technische Wandel wird Organisationen und uns Agilität in unseren Arbeitsprozessen sowie unserem Kompetenzerwerb abverlangen, die wir uns, ausgehend von unserem heutigen Standpunkt, kaum vorstellen können. Damit wir auf Fragen in der Zukunft entsprechende Antworten haben und mit lösungskompetenten Strategien (inter)agieren können. In Arbeitsverhältnissen, die es beiden Seiten ermöglichen, uns als unverzichtbare Leistungs- und Kernkompetenztragende anzuerkennen, um uns längerfristig unternehmerisch zu binden, um aktiv unser Fachwissen einzubringen beziehungsweise es den Organisationen zu erhalten.1
Ein Miteinander auf Augenhöhe erfordert jedoch zunächst die kontinuierliche Bereitschaft, sich extern und intern weiterzubilden und zu qualifizieren, ebenso die Ermöglichung eines kooperativen Lernens am Arbeitsplatz, mit einem Wissenstransfer („Knowledge Exchange“) an Fach- und Erfahrungswissen in alle Richtungen, das den Prozess des Erfassens, Sammelns und Teilens expliziten und impliziten Wissens inklusive der Fähigkeiten und Kompetenzen beinhaltet.2 Eine gute Personalentwicklung ist gleichzeitig auch eine Entwicklung der Organisation. Nach Becker (2013) umfasst Personalentwicklung „.. alle Maßnahmen der Bildung, der Förderung und der Organisationsentwicklung, die von einer Person oder Organisation zur Erreichung spezieller Zwecke zielgerichtet, systematisch und methodisch geplant, realisiert und evaluiert werden“.3
Personalentwicklung dient dem Ziel, die Mitarbeiter/-innen bei der Umsetzung der Arbeitsaufträge beziehungsweise dem Erreichen der Unternehmensziele effizient und zielführend zu unterstützen und damit zur Verantwortungsübernahme zu qualifizieren und zu ermutigen.4 Von einer stringenten Entwicklung effektiver Personalentwicklungsstrukturen werden Mitarbeiter/-innen und Organisationen aktuell und perspektivisch gleichermaßen profitieren. Wir zählen auf Sie!
1 Vgl. wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/personalentwicklung-52604/version-330100 /31. 3. 2019.
2 Nationale Kontaktstelle für Wissenstransfer und Geistiges Eigentum www.ncp-ip.at /31. 3. 2019.
3 Becker, M: Personalentwicklung: Bildung, Förderung und Organisationsentwicklung in Theorie und Praxis Stuttgart, 2013.
4 Vgl. wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/personalentwicklung-52604/version-330100 /31. 3. 2019.
Entnommen aus MTA Dialog 5/2019
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