Seltene Erkrankungen gehören wegen der niedrigen Patientenzahlen meist zu den „Stiefkindern“ der Forschung. In der Regel ist nicht viel über sie bekannt. Für die Betroffenen wird das oft zu einem schwerwiegenden Problem, weil keine ausreichenden Therapien zur Verfügung stehen.
Eine solche seltene Krankheit ist die unheilbare Hypophosphatasie (HPP). Durch einen Gendefekt mangelt es den Patienten an einem Enzym, das für den Aufbau gesunder Knochen und Zähne sehr wichtig ist. In schweren Fällen haben Neugeborene kein sichtbares Skelett und sterben nach wenigen Tagen. Erwachsene leiden meist unter Knochenbrüchen, Gelenksarthrosen und starken chronischen Schmerzen. Zusätzliche Symptome betreffen das Gehirn und die Muskeln.
Orthopädie und Humangenetik kooperieren
In Fachkreisen und bei Betroffenen ist die Universität Würzburg weltweit als Zentrum für diese seltene Erkrankung bekannt. In ihren Kliniken werden viele Patienten mit Hypophosphatasie betreut, in mehreren Instituten werden die Grundlagen der Krankheit erforscht. Ein neues Projekt bringt nun zwei Teams aus der Orthopädie und der Humangenetik zusammen.
Gefördert wird das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Sie stellt den Biologen Dr. Stephanie Graser und Dr. Daniel Liedtke rund 350.000 Euro zur Verfügung, um in den kommenden drei Jahren ein Zebrafischmodell für die Hypophosphatasie zu entwickeln. Das Modell soll dabei helfen, die Fehler bei der Knochen- und Gehirnentwicklung besser zu verstehen und Therapiemöglichkeiten daraus abzuleiten.
Warum Zebrafische optimale Modelle sind
Am Lehrstuhl für Orthopädie wird in der Arbeitsgruppe von Professor Franz Jakob seit Jahren intensiv über die Hypophosphatasie geforscht. Hier hat Stephanie Graser promoviert. In ihrer Doktorarbeit ging es darum, welche Rolle das bei der Krankheit vermindert funktionsfähige Enzym TNAP (die gewebeunspezifische Alkalische Phosphatase) im Nervensystem spielt.
Das Team um Professorin Eva Klopocki geht mit verschiedenen Zebrafischmodellen wichtigen Fragen der Humangenetik auf den Grund. Daniel Liedtke hat im Umgang mit diesem Tiermodell jahrelange Erfahrung vorzuweisen. „Zebrafische haben unter anderem den Vorteil, dass sie unkompliziert zu halten und zu züchten sind“, sagt er. „Außerdem sind ihre Embryonen durchsichtig, so dass wir die frühe Embryonalentwicklung optimal untersuchen können.“
Was im Forschungsprojekt gemacht wird
In dem neuen DFG-Projekt soll zuerst die genetische Expression des Enzyms TNAP in verschiedenen Entwicklungsstadien des Fischmodells analysiert werden. Außerdem will das Forschungsteam stabile Zebrafischlinien etablieren, bei denen die TNAP-Expression in der frühen Embryonalentwicklung erhöht oder erniedrigt ist. Die Konsequenzen dieser Veränderungen wird es dann molekularbiologisch analysieren.
Später sollen die Zebrafisch-Modelle für Drugscreening-Experimente zum Einsatz kommen – dabei werden aus sehr vielen potenziellen Arzneistoffen diejenigen herausgesucht, die den größten Erfolg versprechen. „Aktuell gibt es lediglich eine Enzym-Ersatztherapie, mit der die Knochenprobleme der Patienten behandelt werden“, sagt Stephanie Graser. Neue und bessere Behandlungsformen seien dringend nötig.
Quelle: idw/Julius-Maximilians-Universität Würzburg
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