Das Mikrobiom macht etwa die Hälfte des menschlichen Körpers aus und hat einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden des Menschen. Nun hat sich gezeigt, dass das Gleichgewicht der Mikroben im menschlichen Darm erheblich von morgens bis abends und noch mehr je nach Jahreszeit variiert. Vor allem von Sommer zu Winter scheint sich das Mikrobiom tiefgreifend zu verändern. Dies zeige eine Studie, die auf der Digestive Disease Week® (DDW) 2023 (6.–9. Mai in Chicago und virtuell) vorgelegt werden soll (Abstract 395).
Dynamische Schwankungen
„Die saisonalen Schwankungen, die wir bei Erkrankungen wie Allergien oder der Grippe sehen, treten im Zusammenhang mit völlig unterschiedlichen Mikrobiomen auf“, sagte Carolina Dantas Machado, PhD, Hauptautorin der Studie und Forscherin im Labor von Amir Zarrinpar, MD, PhD, an der Universität von Kalifornien, San Diego. „Möglicherweise müssen wir unser Verständnis darüber, wie sich Jahreszeiten auf Gesundheit und Krankheit auswirken, in den Kontext eines Mikrobioms stellen, das viel variabler und dynamischer ist, als wir bisher angenommen haben.“
Daten von 20.000 Stuhlproben
Für die Studie überprüften die Forscherinnen und Forscher Daten von etwa 20.000 Stuhlproben, die vom American Gut Project, dem weltweit größten Citizen-Science-Mikrobiomprojekt, zwischen 2013 und 2019 aus Ländern auf der ganzen Welt gesammelt wurden. Bei der Analyse von Entnahmezeit, -datum und -ort fanden die Forscher, dass fast 60 % der Phyla (verwandte Gruppen von Bakterien) einen ausgeprägten 24-Stunden-Zyklus haben. Saisonale Schwankungen waren sogar noch ausgeprägter, wobei bestimmte Arten von Bakterien im Laufe eines Jahres einem von zwei unterschiedlichen Mustern folgten.
Wichtig für Medikamentenstudien
Zwei Beispiele veranschaulichen einige der zahlreichen identifizierten täglichen und saisonalen Trends: Die Anzahl der als Actinobacteriota bekannten Organismen schwankte im Laufe des Tages, wobei die Konzentrationen in Proben am Morgen geringer und gegen Ende des Tages viel höher waren. Über ein Jahr sinken die Proteobakterien im Winter konstant auf ein niedriges Niveau und steigen stetig an, bis sie im Sommer ihren Höhepunkt erreichen. Für die täglichen Schwankungen haben Dr. Zarrinpar et al. eine recht einfache Vermutung: So könnten Ernährung und Schlaf wahrscheinlich große Faktoren bei täglichen Schwankungen sein. „Sie können sich vorstellen, dass die Darmumgebung in Bezug auf die Nährstoff- und Wasserverfügbarkeit und den pH-Wert radikal anders ist, wenn die Person schläft, verglichen mit direkt nach dem Frühstück“, sagte Dr. Zarrinpar. Jahreszeitliche Schwankungen sind dagegen deutlich schwieriger zu erklären. Die Forscher untersuchen Daten nach Breitengrad und Klima, die darauf hinweisen könnten, ob Licht und Temperatur eine Rolle spielen. Pollen und Feuchtigkeit könnten weitere mögliche Einflussfaktoren sein. Betont wird, dass die Ergebnisse nicht nur für andere Mikrobiom-Forscher wichtig seien, sondern auch für diejenigen, deren Forschung durch Variationen im Mikrobiom beeinflusst werden könnte, wie z. B. Medikamentenstudien, wenn das Mikrobiom eine Rolle bei der Metabolisierung von Arzneimitteln spielen könnte. Forscherinnen und Forscher müssten sich bewusst sein, dass der Zeitpunkt der Stuhlprobenentnahme die Forschungsergebnisse auf unerwartete Weise beeinflussen könnte, insbesondere bei kleineren Studien.
Quelle: DDW
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