Reizdarmsyndrom: Wann hilft eine Ernährungsumstellung?

Personalisierte Medizin beim Reizdarmsyndrom?
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Frau mit Reizdarmbeschwerden
© Satjawat/stock.adobe.com
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Es wurde gezeigt, dass genetische Defekte des Kohlenhydratabbaus beeinflussen, inwieweit Betroffene mit Reizdarmsyndrom von einer Ernährungsumstellung (FODMAP-arm) profitieren.

Das Reizdarmsyndrom ist für die Betroffenen sehr unangenehm. Es handelt sich um eine Verdauungsstörung, die durch Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung gekennzeichnet ist. Sie betrifft bis zu 10 Prozent der Weltbevölkerung. Trotz seiner Häufigkeit bleibt die Behandlung des Reizdarmsyndroms bisher eine Herausforderung, da die Symptome und das Ansprechen auf diätetische oder pharmakologische Maßnahmen sehr unterschiedlich sind. Ein europäisches Forschungsteam unter Beteiligung von Mitgliedern des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) hat nun gezeigt, dass bei Reizdarm-Patientinnen und -Patienten mit Defekten in Genen der Kohlenhydratverdauung ernährungsbezogene Maßnahmen wirksamer sind, als bei Betroffenen ohne diese Veränderungen.

Reaktion des Darms vorhersagen?

Reizdarm-Patientinnen und -Patienten bringen ihre Symptome häufig mit dem Verzehr bestimmter Lebensmittel, insbesondere von Kohlenhydraten, in Verbindung. Der Verzicht auf diese Lebensmittel hat sich als wirksame Behandlungsoption erwiesen, aber nicht alle Betroffenen ziehen den gleichen Nutzen daraus. Die Nutrigenetik, also die Wissenschaft, die die kombinierte Wirkung von Genetik und Ernährung auf die menschliche Gesundheit untersucht, hat aufgezeigt, wie sich Veränderungen in der DNA auf die Art und Weise auswirken können, wie wir Lebensmittel verarbeiten. Ein bekanntes Beispiel ist die Laktoseintoleranz, bei der der Funktionsverlust des Enzyms Laktase die Verdauung von Milcherzeugnissen behindert. Die nun veröffentlichte Arbeit legt nahe, dass genetische Veränderungen in Enzymen des menschlichen Kohlenhydratabbaus („human carbohydrate-active enzymes“, hCAZymes) in ähnlicher Weise beeinflussen können, wie Menschen mit Reizdarmsyndrom auf eine kohlenhydratreduzierte (low-FODMAP) Ernährung reagieren.

Welche Rolle spielt das defekte hCAZyme-Gen?

Forschungsarbeiten mit Beteiligung des Instituts für Klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, haben die Rolle der hCAZymes in Bezug auf das Reizdarmsyndrom untersucht. In einem groß angelegten europäischen Forschungsverbund, dem GenMalCarb-Konsortium, konnte das Team nun zeigen, dass Personen mit defekten Varianten in hCAZyme-Genen eher von einer kohlenhydratreduzierten Ernährung profitieren. In der Studie, an der 250 Patientinnen und Patienten mit Reizdarmsyndrom teilnahmen, wurden zwei Behandlungen miteinander verglichen: eine Ernährung mit wenig fermentierbaren Kohlenhydraten (FODMAPs) und das krampflösende Medikament Otiloniumbromid. Von den 196 Betroffenen, die an der low-FODMAP-Ernährung teilnahmen, zeigten diejenigen, die Träger eines defekten hCAZyme-Gens waren, eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den Nicht-Trägern. Die Wirkung war besonders ausgeprägt bei Betroffenen mit überwiegend diarrhöischem Reizdarmsyndrom (IBS-D), sie sprachen sechsmal häufiger auf die Diät an. Im Gegensatz dazu wurde dieser Unterschied bei Patientinnen und Patienten, die Medikamente erhielten, nicht beobachtet.

Personalisierte Medizin beim Reizdarmsyndrom?

„Die hCAZyme-Enzyme haben eine Schlüsselrolle bei der Verdauung von Kohlenhydraten. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass genetische Varianten dieser Enzyme zu kritischen Markern für die Entwicklung personalisierter ernährungsbasierter Behandlungen für das Reizdarmsyndrom werden könnten“, sagt Dr. Britt Sabina Löscher vom IKMB, Ko-Autorin der Studie und Mitglied im Exzellenzcluster PMI. „In Zukunft könnte also die Kenntnis des hCAZyme-Genotyps in die klinische Praxis einfließen und es den Ärztinnen und Ärzten ermöglichen, im Voraus zu erkennen, welche Patientinnen und Patienten am ehesten von spezifischen Ernährungsmaßnahmen profitieren.“ Dies könnte nicht nur unnötige restriktive Diäten für diejenigen vermeiden, die wahrscheinlich nicht davon profitieren, sondern auch die Tür zur personalisierten Medizin beim Reizdarmsyndrom öffnen. Das Forscherteam gibt jedoch zu bedenken, dass weitere Studien erforderlich seien, um diese Ergebnisse zu validieren und die biologischen Mechanismen zu ergründen, die dabei eine Rolle spielen. Wenn sich dieser Ansatz bestätige, könnte er allerdings die Behandlung des Reizdarmsyndroms und ähnlicher gastrointestinaler Erkrankungen erheblich verbessern, indem er Ernährungs- und Therapiestrategien präziser und wirksamer mache.

Literatur:
Zamfir-Taranu A, et al.: Functional variation in human CAZyme genes in relation to the efficacy of a carbohydrate-restricted diet in IBS patients. Clin Hepatol Gastroenterol, 2024, DOI: doi.org/10.1016/j.cgh.2024.09.004.

Quelle: idw/PMI

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