Dass die Psyche einen Einfluss auf unsere physische Gesundheit hat, ist ohne Zweifel. Spezifische Verbindungen zwischen Darm und Gehirn sind schon länger bekannt, wie zum Beispiel die Auswirkungen von psychischem Stress auf die Anzahl nützlicher Bakterien im Darm. Doch wie genau finden diese Prozesse statt? Einen kleinen, aber wichtigen Teil dieser Frage konnte eine neue Studie aus den USA und Deutschland nun beantworten. So fanden die Forschenden einen neuronalen Schaltkreis, der das Gehirn direkt mit den Brunner-Drüsen des Darms verbindet – und umgekehrt.
psychischer Stress = Darmerkrankung?
Die Brunner-Drüsen sitzen im oberen abschnitt des Dünndarms und sondern einen Schleim ab, der als Substrat für das Wachstum nützlicher Darmbakterien dient. Vorherige Forschungen im Mausmodell haben schon gezeigt, dass die Entfernung der Brunner-Drüsen dazu führt, dass weniger Laktobazillen im Darm vorhanden sind. Diese Bakterien kommen reichlich bei vielen Tieren vor und eben auch im menschlichen Darm sind sie stark vertreten. Die Folge der fehlenden Drüsen im Mausmodell: Die Mäuse litten häufiger an Darminfektionen und zeigten verschiedene Anzeichen systemischer Entzündungen, wodurch auch die Sterblichkeitsrate anstieg.
Nun zeigt sich, dass das Gehirn, genauer die Amygdala die Brunner-Drüsen über den Vagusnerv regulieren kann. Der Vagusnerv ist ein wichtiger Teil der parasympathischen Nervensystems, der viele Organsysteme steuert und eine Schlüsselrolle bei Ruhe und Entspannung spielt. Die Amygdala wiederum ist zuständig für emotionale Reaktionen: Haben wir Angst, sendet sie weniger Signale an den Vagusnervm wodurch die Brunner-Drüsen weniger Schleim absondern und die Immunität beeinflusst wird. Die Studie zeigt, dass bei den Mäusen dauerhafter psychischer Stress die gleiche physische Wirkung hat wie die chirurgische Entfernung der Drüsen.
Schlüsselrolle der Brunner-Drüsen
Während den Brunner-Drüsen bisher eher keine immense Rolle zugeteilt wurde, wirft die aktuelle Studie neues Licht auf deren wichtige Aufgabe. Neben einer Erklärung für die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Infektionserkrankung aufgrund von psychischem Stress bietet die neue Erkenntnis auch neue Therapieansätze. Die Stimulation der Amygdala bzw. des Vagusnervs normalisierte die Schleimproduktion und reduzierte die Auswirkungen auf das Darmmikrobiom. Zudem liefert die Studie eine Schlüsselerkenntnis zur Verbindung zwischen Psyche und Darmerkrankungen, die nun weiter erforscht werden kann.
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