Präanalytik in der Mikrobiologie – ein Thema der fachlichen Weiterbildung?

Angelika Thomas-Semm
Titelbild zum Beitrag über Weiterbildung
© Alexander Raths, stock.adobe.com
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Beim flüchtigen Lesen der Überschrift könnte man denken, wozu? Habe ich dazu nicht bereits alles Erforderliche in der MT-Ausbildung gehört, auch wenn diese vielleicht bereits einige Jahre zurückliegt? Rasch würde man vielleicht grundlegend bekannte Aspekte der Präanalytik rekapitulieren, um sich dann doch relativ schnell eingestehen zu müssen, dass die Kenntnis präanalytischer Anforderungen, die über Gegebenheiten eigener Arbeitsfelder hinausgehen, oftmals doch nur sehr allgemeiner Natur ist.

Vergleichbar dem Anwendungswissen aus dem Erste-Hilfe-Kurs. Alles scheinbar in seiner Vielseitigkeit parat, solange Übungsleiter/-innen es ansprechen und anleiten, jedoch auch stets in der Gewissheit fehlender Sicherheit, sollte es tatsächlich spontan zur Anwendung kommen müssen. Passives und aktiv verfügbares Wissen im Widerstreit, das die meisten von uns, bei Bedarf, dann lieber doch auf das Kaleidoskop unterschiedlich zu bewertender Informationen aus dem Internet tagtäglich zugreifen oder eben die Möglichkeit einer Weiterbildung ernsthaft in Erwägung ziehen lässt.

Zusammengefasst versteht man unter Präanalytik alle praktischen, organisatorischen und logistischen Anforderungen an medizinisches Untersuchungsmaterial. Das betrifft sowohl die Bedingungen der jeweiligen Probenentnahme wie auch die Wahl der Untersuchungsparameter, der Träger- und Transportmaterialien, die Vorbereitung der Patientinnen und Patienten sowie die Dokumentation der Anforderungen. Die Vielfalt der Probenmaterialien im mikrobiologischen Labor reicht unter anderem von Blutkulturen, Urin, Stuhl, Liquor, respiratorischen Sekreten, Punktaten und Abstrichen bis hin zu Probeexzisionen zum Beispiel bei Verdacht auf Helicobacter pylori.

Der Prozessweg zwischen Entnahme und abschließendem Befund kann durch zahlreiche Fehlermöglichkeiten so erheblich beeinflusst werden, dass sie einen validen Befund gefährden können. Nicht alle kann man im Vorfeld sicher kennen oder vermeiden. Das Wissen um relevante Einflussfaktoren außerhalb der Untersuchungsdurchführung im klinischen Labor ist jedoch, nicht zuletzt für die Befundinterpretation, von erheblicher Bedeutung [1].

Abhängig von den jeweiligen Erkrankungen der Patientinnen und Patienten und möglicher Erreger muss geeignetes Material ausgewählt und eingesendet werden. Untersucher/-innen in den Laboren sind dabei stets auf die fachgerechte Gewinnung der Untersuchungsmaterialien ebenso angewiesen wie auf die sachgerechte Handhabung der Proben. So sind beispielsweise Abstriche nicht für die Diagnostik von Gelenksinfektionen geeignet. Hier muss Nativpunktat beziehungsweise entsprechende Gewebeproben zur Einsendung gebracht werden [2].

Anforderungsscheine müssen nicht nur leserlich ausgefüllt sein, sondern neben der Angabe zur gewünschten Untersuchung, dem korrekten Patient/-innennamen, auch Informationen zu Art der Probe, deren Lokalisation bei der Entnahme, Datum und Uhrzeit, Diagnose und Grunderkrankung, Angaben zu einer antimikrobiellen Therapie und andere noch relevante Informationen enthalten. Selbstverständlich würde man denken, jedoch der Laboralltag mit Rückläufern und regelmäßigen Informationen der Laborverantwortlichen dazu, wie auch zu fehlerhaft verwendeten Träger- und Transportmaterialien, spricht eine deutliche Sprache. Hinzu kommt, neben dem Kostenfaktor nicht zufriedenstellend erbrachter Leistungen, dass sich Befunderstellungen/-übermittlungen dadurch verzögern und Therapien verspätet aufgenommen beziehungsweise weitergeführt werden können. So gehören zum Beispiel unzureichende Hautdesinfektionen oder der fehlerhafte Umgang mit Desinfektionsmitteln zu den häufigsten Ursachen einer Kontamination von Blutkulturen. Sei es, dass die Einwirkungszeit von mindestens 60 Sekunden an der Punktionsstelle nicht abgewartet worden ist oder das Desinfektionsmittel am Entnahmeort noch nicht vollständig getrocknet gewesen ist. Das Wissen um die Steigerung der Sensitivität des Keimnachweises in Blutkulturen, das mit jedem Milliliter Blutes steigt, ist ebenso von präanalytischer Bedeutung. Bei Untersuchungen des Urins, zum Beispiel bei Harnwegsinfekten, sind für die Bewertung das geeignete Trägermaterial sowie das Wissen um die korrekte Gewinnung und Lagerung des Urins wichtig. Hier müssen die Ausführenden, in Kenntnis möglicher Fehlerquellen, bereits vor dem Beimpfen Abwägungen treffen, ob der Urin zwischen Abgabe und Beimpfen im Kühlschrank zwischengelagert werden muss beziehungsweise ob das Medium im Weiteren noch andere Untersuchungen ermöglicht. Falls der Befund schnell verfügbar sein muss, so müssen hierbei auch noch zeitliche Abläufe der Diagnostik sicher geläufig und abgewogen werden können. Dies gilt im gleichen Maße auch für andere Probenmaterialien wie Stuhl und Liquor, Punktate und Probeexzisionen. Hilfreich für eine sichere Befundinterpretation ist zudem die detaillierte Kenntnis zur Probengewinnung. Hier sind vor allem alle Aspekte für die mikrobiologischen Untersuchungen im Labor von Bedeutung, wo Hilfsmittel zum Einsatz kommen, wie zum Beispiel anästhesierende Gele, die gegebenenfalls antimikrobiell wirken und Befundergebnisse unmittelbar beeinflussen könnten.

Um der präanalytischen Komplexität in den diversen Untersuchungsbereichen in gleicher Intensität wie den Bedürfnissen an die nachverarbeitenden diagnostischen Prozesse im mikrobiologischen Labor gerecht zu werden, sollte interdisziplinäres und berufsgruppenübergreifendes Lernen, mit Blick auf die Standardisierung von Abläufen der Probengewinnung auf den Stationen, in den Ambulanzen oder dem Operationssaal allen am Befundergebnis Beteiligten Gebot sein.

Um sich auf diesen Gebieten beruflich weiterzubilden, bietet das DIW-MTA unter anderem die 90-stündige Spezialisierung „Medizinische Mikrobiologie & Virologie“ an, die sich aus den Seminaren „Mikrobiologische Präanalytik, Erregerdiagnostik und Screening-Untersuchungen“ (BMi1), „Antibiotika Diagnostik und infektiologische Befunde“ (BMi2) sowie dem Seminar „Molekulare Genetik & Methoden der Molekularbiologie“ (BMo1) zusammensetzt. Die Weiterbildung schließt mit einer 120-minütigen Klausur ab, deren erfolgreiches Bestehen dazu berechtigt, den Titel „Spezialist/-in für Medizinische Mikrobiologie & Virologie (DIW-MTA)“ zu führen.

Weitere Informationen rund um die Weiterbildung „Medizinische Mikrobiologie & Virologie“ finden Sie unter www.diw-mta.de. Gerne beraten wir Sie auch telefonisch zu unseren Geschäftszeiten oder via E-Mail unter info@diw-mta.de.

 

Entnommen aus MTA Dialog 8/2022

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