Optimaler Workflow durch Co-Creation?

Wie die MTR Tina Wittek aus der Praxissoftware das Beste herausholt
Die Fragen stellte Anne Barfuß.
Titelbild zum Interview mit Tina Wittek
Tina Wittek © privat
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Die Abläufe im Praxisalltag schlanker zu gestalten und wieder mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten zu haben, lag der MTR Tina Wittek schon immer am Herzen. Als ihr Chef 2019 auf die Praxissoftware von Doctolib wechselte, ergriff sie die Chance, sich an der Produktentwicklung zu beteiligen.

Sich als MTR an einer Produktentwicklung beteiligen – wie kann das funktionieren?

Wir nutzen in unserer radiologischen Praxis in Halle seit 2019 die Doctolib-Praxissoftware. Schon kurz nach der Installation fiel mir auf, dass einige Abläufe überhaupt nicht zu unserem Praxisalltag passen.

Zum Beispiel?

Richtig genervt hat mich, dass die Warteliste vollautomatisch nur Patientinnen und Patienten zur Verfügung stand, die sich online angemeldet hatten. Wurde online ein Termin abgesagt, rückten nur die Patientinnen und Patienten nach, die auf der Online-Warteliste standen. Wir als MTR beziehungsweise als Praxisteam hatten weder Zugriff noch Einfluss auf die Online-Terminvergabe. Das Problem und meinen Verbesserungsvorschlag habe ich in der Doctolib-Community für Radiologie „Kategorie Produktidee“ vorgestellt. In dieser Community tauschen sich 3.000 registrierte Nutzerinnen und Nutzer aus – Radiologinnen, Radiologen und MTR. Man liefert sich Hilfestellungen, diskutiert Fehlerquellen und stellt Optimierungsideen vor. Kommt ein Vorschlag an – entscheidend die Anzahl der Likes – greift das Produktentwicklerteam den Vorschlag auf.

Und das war beim Projekt „Warteliste“ der Fall?

Genau, heute haben Doctolib-User Zugriff auf die Online-Warteliste und können entscheiden, wie abgesagte Termine neu vergeben werden. Bei Spontanausfällen rufen wir zum Beispiel sofort die „passenden“ Patientinnen und Patienten an. Rein theoretisch müssten wir zwar gar nichts machen, die nächsten fünf Patientinnen oder Patienten würden wie gehabt automatisch angeschrieben. Aber wir haben nun die Wahl, ob wir es in Eigenregie managen oder automatisieren.

Zahlt Doctolib für Ihr Engagement?

Ja, die Teilnahme an sogenannten Produktoptimierungsworkshops bringt beispielsweise 100 Euro pro Stunde. Die Optimierung der Warteliste war auf drei Stunden angesetzt, ich habe 300 Euro erhalten.

Wie laufen solche Online-Workshops ab?

Ähnlich wie Präsenzseminare. Dabei sind in der Regel fünf bis zehn User und ein Doctolib-Mitarbeiter. Gemeinsam diskutieren wir den jeweiligen Optimierungsvorschlag auf der Basis unserer Workflows. Auf einem „Ideenboard“ werden zusätzlich die Vorschläge aller Teilnehmenden – gekennzeichnet durch unterschiedliche Farben – gesammelt.

Laufen die Seminare nach Feierabend?

Das ist unterschiedlich, ich selbst lege sie grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit.

Sie haben inzwischen mehr als 600 Beiträge in der Doctolib-Community veröffentlicht, wie viel Zeit kostet Sie das?

Pro Woche zwei bis drei Stunden. Ich durchforste regelmäßig die Community-Beiträge, melde Fehlerquellen, kommentiere Vorschläge et cetera. Das wird nicht bezahlt, dient aber meiner eigenen Fortbildung. So entstehen auch Ideen zu kleinen Verbesserungen, die meinem Chef aber sehr am Herzen liegen, weil sie die MRT-Leerzeiten reduzieren.

Zum Beispiel?

Anfangs wurden die Abmeldungen von Patientinnen und Patienten, die nicht zum Termin erschienen, einfach durchgestrichen, der Grund für die Absage blieb jedoch im Dunkeln. Das wurde auf meine Initiative hin geändert:

  • Patienten, die persönlich, zum Beispiel telefonisch, absagen, werden nun schwarz,

  • Patienten, die ihren Termin online canceln, blau und

  • Patienten, die einfach nicht kommen, rot durchgestrichen.

Dadurch ist der Kalender übersichtlicher, wir erkennen „Schwänzer“ – also unzuverlässige Patientinnen und Patienten – besser und können so Terminausfällen vorbeugen.

Sind Online-Buchungen bei Ihnen inzwischen Standard?

Seit Anfang 2022 registrieren wir einen enormen Anstieg. Der Anteil der Online-Buchungen liegt derzeit bei 20 Prozent. Das zusammen mit der neuen Praxissoftware ermöglicht diese es uns, die MRT-Termine sehr zielgenau zu vergeben. Wir haben fünf MRT in der Praxis und orientieren uns bei der Terminvergabe an den jeweiligen Indikationen.

Sprich MRT 1 für das Knie-MRT, MRT 2 für das Bauch-MRT …

Korrekt, so braucht es deutlich weniger Spulenwechsel. Das erleichtert den Workflow ungemein.

Haben Sie schon eine neue Produktidee?

Ja, und ich bin gespannt, ob sie umgesetzt wird, mehr als 90 Likes habe ich schon erhalten. Mir fiel auf, dass Patienten plötzlich derzeit häufiger vergessen, ihre Laborwerte und Überweisungen et cetera mitzubringen. Wir konnten uns das zunächst nicht erklären, da sie wie gehabt per E-Mail informiert wurden. Doch die Informationen stehen nicht mehr einfach in der E-Mail, sondern verbergen sich seit einiger Zeit hinter einem Link, den die Patientinnen und Patienten einfach übersehen. Meine Idee ist es, das Prozedere wieder zu vereinfachen.

 

Entnommen aus MT im Dialog 4/2023

 

Tina Wittek

arbeitet seit 13 Jahren als MTR in der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Halle (Saale). Sie ist mitverantwortlich für das Dosis-Management, die optimale Termin-Organisation und digitale Fragebögen. In der Praxis arbeiten fünf Radiologen, 24 MTR sowie sieben MFA. Seit 2019 engagiert sie sich als Co-Creator (Co-Builder) für die Doctolib-Praxissoftware und verdient sich so ab und an ein „schönes Taschengeld“.

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