Seit Juni dieses Jahres verfügt das Uniklinikum Würzburg (UKW) mit dem „da Vinci Xi“ nach eigenen Angaben über den derzeit fortschrittlichsten Operationsroboter auf dem Markt. Neben den Urologen, Gynäkologen und Allgemeinchirurgen nutzen seither auch die Herz-Thorax-Chirurgen des UKW das über zwei Millionen Euro teure Hochtechnologie-Gerät für ausgewählte Eingriffe.
„Wir sind damit die bislang einzige deutsche Einrichtung, die ein solches System zum Beispiel in der Mitralklappen-Chirurgie oder zum Verschließen von angeborenen Schwachstellen im Herzen einsetzt“, betont Prof. Dr. Rainer G. Leyh. Der Direktor der Klinik für Thorax-, Herz- und thorakale Gefäßchirurgie des UKW ist von den Möglichkeiten des „da Vinci Xi“ begeistert. „Die mit den Operationsinstrumenten dieses Systems erreichbare Beweglichkeit und Präzision übertrifft die der menschlichen Hand. Und die hochaufgelöste, dreidimensionale Visualisierung durch die HD-Kamera erlaubt eine bei Schlüsselloch-Operationen bislang unerreicht gute Sicht auf das Operationsgebiet“, berichtet der Herzchirurg.
Der neue Roboter hat vier Arme, die neben der Kamera bis zu drei Instrumente tragen. Sie werden durch kleine Schnitte in den Körper eingeführt. Der Operateur sitzt an einer Konsole in der Nähe des OP-Tischs und arbeitet mit Joysticks. Mit diesen werden kleinste Fingerbewegungen an die Roboterinstrumente übertragen. Dabei ist ein starkes „Verfeinern“ möglich: Aus großen Handbewegungen an der Konsole werden bei Bedarf kleinste, hochpräzise Instrumentenbewegungen im Operationsgebiet. Dabei transferiert das System die Bewegungswünsche des Chirurgen zitterfrei auf die Instrumente im Patienten.
Verbesserung der Lebensqualität nach der Operation
Wie profitieren die Patienten vom Einsatz des OP-Roboters? „Allgemein gesagt durch eine Verbesserung der Lebensqualität nach der Operation“, so Prof. Leyh und präzisiert: „Wo wir ansonsten in vielen Fällen das Brustbein öffnen müssen, um an das Operationsgebiet heranzukommen, genügen uns bei der Roboterchirurgie kleine Öffnungen für die Instrumente an den Seiten des Brustkorbs. Bei gleichen Sicherheitsstandards während des Eingriffs beschleunigt dies den Heilungsprozess und die Rehabilitation deutlich.“
Zum Vergleich: Nach einer Brustbeinöffnung muss der Oberkörper des Patienten rund drei Monate lang geschont werden – nach einem minimalinvasiven Eingriff mit Robotertechnologie ist schon nach zwei Wochen wieder eine normale Aktivität möglich. Unterstützt wird die Rückkehr in den Alltag durch einen psychologischen Effekt. „Viele Patienten haben beim Anblick ihrer großen Narbe längs des gesamten Brustbeins Angst, sich wieder normalen Belastungen auszusetzen. Bei den wesentlich kleineren Narben der Schlüsselloch-Chirurgie ist diese innere Barriere viel geringer“, weiß Prof. Leyh.
Bis Mitte November dieses Jahres wurden von ihm und seinem Oberarzt Dr. Khaled Hamouda zehn Eingriffe erfolgreich mit dem „da Vinci Xi“ durchgeführt. „Die Robotertechnologie hat in der Herz-Thorax-Chirurgie ein riesiges Potenzial“, ist sich Prof. Leyh sicher. Er schätzt, dass sich am UKW pro Jahr rund 100 Mitralklappen-Operationen dafür eignen.
Zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten
Hinzu kommen bis zu 200 Bypass-Operationen sowie das Entfernen von Tumoren aus den Herzvorhöfen. Und ein Ende der Entwicklung ist nach seinen Worten nicht abzusehen. „Die Roboterunterstützung kann viele chirurgische Verfahren revolutionieren. Ich denke da zum Beispiel an ein automatisiertes hochpräzises Verbinden von Gefäßenden. Und es fallen einem ständig neue Anwendungsmöglichkeiten ein“, so Leyh. Schon heute ist geplant, dass das Gerät durch seine Klinik ab Mitte kommenden Jahres auch bei Lungenoperationen, speziell bei Lungenkrebs, eingesetzt wird. „Spätestens dann wird das Klinikum ein zweites Gerät anschaffen müssen, um dem Bedarf einigermaßen gerecht zu werden“, kündigt der Klinikdirektor an.
Im Moment sind die roboterunterstützten Operationen für die Klinik für Thorax-, Herz- und thorakale Gefäßchirurgie des UKW mangels adäquater Vergütung durch die Krankenkassen noch ein „Draufzahlgeschäft“. Was aber für Prof. Leyh derzeit noch in Ordnung geht, schließlich gehöre es zu den Aufgaben der Universitätsmedizin, als Speerspitze der medizinischen Entwicklung fortschrittliche Verfahren umzusetzen und weiterzuentwickeln. Auf lange Sicht hofft er jedoch, dass die mit dem „da Vinci Xi“ erreichbare Ergebnisqualität und der Patientenwunsch zu einer Anpassung der Vergütung führen werden.
Quelle: UKW, 04.12.2017
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