Nicht in der Aquatischen Toxikologie!

Laboralltag?
Nadine Heuer-Olewinski
Nadine Heuer-Olewinski bei der Arbeit
Nadine Heuer-Olewinski bei der Arbeit © N. Heuer-Olewinski
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Den typischen Routine-Labortag gibt es für mich nicht. In der Forschungsgruppe „Angewandte Aquatische Toxikologie“ (www.aat-haw.de) an einer Hochschule sind meine Aufgaben und Einsatzgebiete sehr vielseitig und abwechslungsreich.

Als einzige technische Assistenz erledige ich alle anfallenden Aufgaben von A (Algen) bis Z (Zentrifuge). Unterstützung bekomme ich von einer studentischen Hilfskraft. Dies ist insbesondere in der Probennahmezeit sehr hilfreich. Meine Aufgaben beinhalten die Herstellung von Nährmedien und die Zucht und Haltung von Testorganismen (Algen, Würmer, Hefen, Bakterien, Wasserflöhe) sowie die Durchführung von Biotests.

Das Labor teilen wir uns mit der Forschungsgruppe „Umweltanalytik“, die sich schwerpunktmäßig mit der Beprobung organischer Schadstoffe beschäftigt.

Ich betreue Studierende des Studiengangs „Hazard Control“ bei Projekten und Bachelorarbeiten. Ein Projekt war zum Beispiel, ob hormonaktive Substanzen aus PET-Flaschen und Kunststoffdosen in das Trinkwasser oder Lebensmittel gelangen. Hierfür habe ich den YES-Test (Yeast Estrogen Screen Test) in unserem Labor etabliert. Die Studierenden haben PET-Flaschen untersucht, die einen simulierten warmen Sommertag im Auto verbracht haben. Wer kennt den dadurch entstehenden Plastikgeschmack nicht? Eine Firma hatte uns freundlicherweise Testkits für den Nachweis eines Bestandteils dieser Kunststoffe („BPA“) im Blut gesponsert. Auch wurde untersucht, ob in Lebensmitteln, die in Kunststoffverpackungen tiefgefroren waren, hormonaktive Substanzen zu finden sind.

Eine Bachelorarbeit befasste sich mit dem Thema der Überprüfung von Einsatzgeräten der Feuerwehr auf erfolgreiche Dekontamination, eine aktuelle mit dem Thema der Toxizität von Löschmittelzusätzen.

Im Moment laufen 3 Doktorarbeiten in der Aquatischen Toxikologie zur Toxizität von Titandioxid-Nanopartikeln, zur Toxizität Seltener Erden und zur Frage, wie viele wissenschaftliche Informationen man eigentlich braucht, um fundierte Entscheidungen zu treffen.

Für Probennahmen werden oft Genehmigungen benötigt, die es einem erlauben, Naturschutzgebiete/ Reservate zu betreten, die für andere nicht zugänglich sind.

Als im vorletzten Jahr das Elbehochwasser auftrat, sind wir den Fragen nachgegangen: „Was kommt von diesen Stoffen im Mündungsgebiet der Elbe an?“ „Wie lange sind diese Stoffe beziehungsweise der Anstieg messbar?“ Hierfür waren wir im Neufelder Watt unterwegs. Zur Probengewinnung wurden Matten im Watt ausgelegt, die alle 2 Wochen gewechselt wurden.

Auch wurde Material von der Wattoberfläche vorsichtig abgenommen. Die Beprobungszeiten richteten sich nach der Ebbe. Im Labor wurden die Matten in Medium eingelegt und ausgeschüttelt. Das abgelöste Material konnte in Biotests eingesetzt werden.

Eine Probennahme erfordert viel Organisation, viel Equipment, manchmal ein Schlauchboot und immer ein gutes Team. Oft sind die Probennahmen mehrtägig und sehr arbeitsintensiv. Zeit für Sightseeing bleibt keine. Wenn wir mit dem Schlauchboot unterwegs sind, werden wir oft gefragt, ob wir illegal angeln. Passanten schauen unserer Arbeit interessiert zu und fragen, was wir mit dem Matsch machen. Zum Thema Dioxin haben viele Menschen, mit denen wir ins Gespräch kamen, entlang der Elbe, Geschichten zu erzählen.

Im Lagerraum wird vor Abfahrt die Checkliste noch einmal durchgegangen. Es ist sehr ärgerlich, wenn man auf dem Wasser feststellt, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Auch muss man auf jedes Wetter gefasst sein. Bei strahlendem Sonnenschein ist es herrlich, den Tag am/auf dem Wasser zu verbringen. Bei knapp über Null Grad und Dauerregen macht es ein bisschen weniger Spaß. Aber wie heißt es so schön? Es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung. Meist fahren 2 große Autos mit, da viel Ausrüstung benötigt wird. Die Probennahmestellen werden über eine Karte ausgewählt. Es kann sein, dass man vor Ort auf Gegebenheiten stößt, die eine Probenentnahme unmöglich machen (Zaun, Gestrüpp,...). Manchmal geht ein Taucher ins Wasser, um Proben zu nehmen, wenn es mit dem Boot nicht möglich ist. Meist sind die Eigentümer der Grundstücke, über die wir ans Wasser müssen, an unserer Arbeit interessiert und gewähren uns Zutritt bzw. erlauben uns, unser Laborzelt aufzuschlagen. Auf dem Boot fotografieren wir die Proben und die Umgebung, schreiben ein Protokoll, nehmen Profile der Wassertiefen, protokollieren die GPS-Koordinaten. An Land wird in dem Zelt die Zerlegung der Kerne vorgenommen. Außerdem wird gemessen, wie leicht sich das Sediment aufwirbeln lässt.

Das mehrjährige Elbeseitenstrukturprojekt, für welches ich hauptsächlich tätig war, wurde vor kurzem abgeschlossen. Wir haben Wasser- und Sedimentproben in den Altarmen der Elbe in Deutschland genommen, um die Frage zu beantworten: „Wie toxisch ist das Sediment in den geschützten Strukturen?“

Extern haben wir die Proben auf Schwermetalle testen lassen und bei ein paar Sedimentkernen die Cäsium137-Gehalte bestimmen lassen. Darüber lässt sich das Alter der Sedimente abschätzen.

Im Labor werden bei allen Proben routinemäßig das Feucht- und das Trockengewicht, die Salinität, der pH- und Redoxwert bestimmt. Das trockene Sediment wird auch verascht. Alle Proben durchlaufen die Biotests. Wir führen den Algenhemmtest, den Bakterien-Sedimentkontakttest und den Leuchtbakterientest bei allen Proben durch. Manchmal auch den Hefetest, Daphnientest oder den Nematodentest.

Regelmäßig finden Team-Meetings statt. Auch unterstütze ich die, zum Teil internationalen, Doktoranden bei ihrer Forschung.

Für viele Ideen gibt es keine Anleitungen und man muss selbst kreativ werden und testen und entwickeln.

Dipol, Riskcycle, Klimzug Nord sind weitere Projekte, die auf der Homepage erläutert werden.

Dieser Beitrag ist der MTA Dialog 01/2016 entnommen.


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