Neuer Antikörper gegen Hirntumore

Glioblastom
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Glioblastom Sbrandner, eigenes Werk, GFDL
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Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München und des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) entwickeln einen neuen Antikörper zur Behandlung von Hirntumoren.

Beim Glioblastom handelt es sich um eine sehr aggressive Form von Hirntumoren. In der Regel wird das Krebsgewebe möglichst vollständig operativ entfernt und der Patient bestrahlt bzw. chemotherapeutisch behandelt. Dennoch beträgt die durchschnittliche Überlebensdauer nach der Diagnose aufgrund von im Gehirn verbliebenen Krebszellen nur Monate. Ein Wissenschaftlerteam um Prof. Dr. Reinhard Zeidler, Forschungsgruppenleiter in der Abteilung Genvektoren am Helmholtz Zentrum München und der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen und Ohrenheilkunde am Klinikum der Universität München, will mit einem neuen Antikörper die Therapie verbessern. Mit einer jetzt bewilligten Förderung von 3,5 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den Helmholtz-Validierungsfonds soll die neue Substanz nun die ersten Schritte in die klinische Testung machen.

Tödliche Lieferung für Tumorzellen

Das Molekül trägt den Namen 6A10 und bindet spezifisch an das Enzym Carboanhydrase XII, das nur auf Krebszellen nicht aber auf gesunden Gehirnzellen vorkommt. Damit hat es zwei Effekte: zum einen hemmt es direkt das Enzym, welches für schnell wachsende Tumorzellen von großer Bedeutung ist. Zum anderen hat der Antikörper ein für die Tumorzellen tödliches Gepäck im Schlepptau: Lutetium-177. Das Schwermetall ist ein sogenannter Betastrahler und schädigt die Zellen in seiner unmittelbaren Umgebung. Durch den Antikörper gelangt es direkt zu den verbliebenen Tumorzellen.

Wirkung an Ort und Stelle

Um den Antikörper möglichst konzentriert und nah an seinen Wirkungsort heranzubringen, wird er direkt an der Stelle des entfernten Tumorgewebes eingesetzt. Die Wissenschaftler um Prof. Zeidler, darunter Prof. Hans-Jürgen Reulen, ehemaliger Ordinarius für Neurochirurgie am Klinikum der LMU, und Dr. Franz Gildehaus von der Nuklearmedizin am gleichnamigen Universitätsklinikum, hoffen so, das Wiederauftreten der Erkrankung zu verzögern oder gar zu verhindern. „Gemeinsam haben wir ein kompetentes Netzwerk an Molekularbiologen, Neurochirurgen, Nuklearmedizinern, Strahlenphysikern und Radiopharmazeuten aufgebaut“, beschreibt Projektleiter Zeidler. Auch die Neurochirurgische Klinik und Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. Tonn) und die Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin (Direktor: Prof. Dr. Bartenstein) am Campus Großhadern werden bei den geplanten klinischen Studien eine wichtige Rolle spielen.

In der ersten Phase wollen Zeidler und seine Kollegen den Grundstein für die klinische Testung legen: „Das umfasst zunächst eine entsprechend sachgemäße Herstellung des Antikörpers, wie sie vom Arzneimittelgesetz für die Verwendung am Menschen zwingend vorgeschrieben ist.“ Danach sollen dann erste Tests an Patienten stattfinden. Wie in dieser Phase üblich, rechnen die Wissenschaftler für die erste Studie mit 12-15 Teilnehmern, die den Wirkstoff erhalten.

Später auch bei Lungenkrebs?

„Die Hoffnung ist, dass wir langfristig eine neue Therapieoption für Glioblastom-Patienten bereitstellen können“, so Zeidler mit Blick auf die Zukunft. Neben den erhofften Erfolgen bei Gehirntumoren haben er und seine Kollegen auch weitere Tumorarten im Visier. Da das Zielmolekül Carboanhydrase XII auch auf anderen Krebszellen vermehrt vorkommt, sei ein Einsatz bei weiteren Erkrankungsformen wie etwa Lungenkrebs denkbar.

„Wir hoffen, unser Vorhaben wird ein Beispiel dafür, dass sich mit einer geeigneten Förderung auch im akademischen Umfeld ein Ergebnis aus dem Labor zu einem klinisch getesteten Produkt entwickeln lässt“, so Projektleiter Zeidler. (idw, red)

Hintergrundinformationen:

Die Förderung durch das BMBF erfolgt im Rahmen der VIP+ Fördermaßnahmen zur „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung“. Dabei handelt es sich um eine Hilfestellung für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Disziplinen, aus der Welt der Forschung heraus den ersten Schritt in Richtung wirtschaftlicher Wertschöpfung oder gesellschaftlicher Anwendung zu gehen.

Der Helmholtz-Validierungsfonds (HVF) ist ein Förderwerkzeug der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V. und wird aus Mitteln des Impuls- und Vernetzungsfonds des Präsidenten gespeist. Durch ihn sollen zwei Lücken geschlossen werden: Zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und deren marktfähigen Anwendungen einerseits, zwischen öffentlicher Forschung und privaten Investitionen andererseits. Mit dem Validierungsfonds möchte die Helmholtz-Gemeinschaft die Finanzierungslücke verringern und eine Brücke zwischen Idee und Anwendung schlagen.

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.

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