Neuer Ansatzpunkt für eine Sepsis-Früherkennung?

Rezeptor auf den Thrombozyten
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Prof. Dr. Harald Schulze (links) und PD Dr. Dirk Weismann
Prof. Dr. Harald Schulze (links) und Privatdozent Dr. Dirk Weismann planen weitere Analysen aus tiefgefrorenen Blutproben von Sepsis-Patienten. Bild: Maria Drayss / Uniklinikum Würzburg
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Würzburger Forscher/-innen konnten nachweisen, dass schon im Frühstadium einer Sepsis ein Rezeptor auf den Thrombozyten der Patienten seine Funktion verliert. Möglicherweise ist dieses Phänomen eine Chance auf die Entwicklung einer Frühdiagnose der oft lebensbedrohlichen Blutvergiftung.

Bei einer Sepsis, die umgangssprachlich oft Blutvergiftung genannt wird, schädigen die Abwehrreaktionen des Körpers gegen eine Infektion die eigenen Gewebe und Organe. „Unsere hauptsächlichen therapeutischen Anstrengungen bei der Sepsis zielen darauf ab, ein Multiorganversagen zu verhindern“, schildert Privatdozent Dr. Dirk Weismann. Der Leiter der internistischen Intensiv- und Notfallmedizin der Medizinischen Klinik I des Uniklinikums Würzburg (UKW) fährt fort: „Leider können wir mit den aktuellen Labordiagnoseverfahren eine Sepsis erst zuverlässig erkennen, wenn der Organschaden schon relativ groß ist.“

Verändert sich Funktionsfähigkeit der Thrombozyten?

Zu den diagnostisch genutzten Parametern zählt das Absinken der Anzahl der Blutplättchen – oder auch Thrombozyten – unter einer Sepsis. Während dieser Effekt schon seit Jahren bekannt ist, verfolgte ein Forschungsteam um Dr. Weismann und Prof. Dr. Harald Schulze vom Institut für Experimentelle Biomedizin des UKW kürzlich die Frage, ob sich bei einer Sepsis auch die Funktionsfähigkeit der Thrombozyten verändert. Tatsächlich konnten sie zeigen, dass im Verlauf einer Blutvergiftung die Thrombozyten nicht nur weniger werden, sondern sie sich auch schlechter aktivieren lassen. Über eine umfassende Analyse mittels Durchflusszytometrie, Aggregometrie und Immunoblotting identifizierten sie dabei das Versagen eines Rezeptors auf der Oberfläche der Blutplättchen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit für dieses Phänomen verantwortlich ist.

Effekt schon zu Beginn einer Sepsis

Die Signalisierung des Glykoproteinrezeptors GPVI stumpft während einer Sepsis zunehmend ab. „Besonders interessant ist, dass dieser Effekt schon zu Beginn der Sepsis einsetzt, deutlich früher als andere bisher messbare Faktoren“, erläutert Dr. Weismann. Deshalb könnte dieser Defekt möglicherweise als Indikator für eine frühe Sepsis-Diagnose genutzt werden, was jedoch in prospektiven Studien erst noch bestätigt werden müsse.

Hintergrund:

Sepsis: Oft zu spät erkannt

Eine Sepsis zählt zu den schwersten Komplikationen von Infektionskrankheiten, die durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten ausgelöst werden. Häufige Infektionsquellen einer Sepsis sind Lungenentzündungen, Infektionen des Magendarmtrakts und des Urogenitaltrakts, ferner auch Infektionen von Haut- und Weichteilgewebe, des zentralen Nervensystems und sogenannte Katheter-assoziierten Infektionen. Eine Sepsis ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der oft zu spät erkannt wird. In Deutschland sterben jährlich etwa 75.000 Menschen an einer Sepsis. Die Überlebenden erleiden oft schwere Folgeschäden.

Literatur:

Weiss LJ, Manukjan G, Pflug A, et al.: Acquired platelet GPVI receptor dysfunction in critically-ill patients with sepsis. Blood. 2021 Apr 7: blood.2020009774, DOI: 10.1182/blood.2020009774.

Quelle: idw/Universitätsklinikum Würzburg

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