Mit dem Ziel, Patienten mit Lebererkrankungen effektiver behandeln zu können, verfolgt ein Team von Wissenschaftlern der II. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) unter der Leitung von PD Dr. Katja Breitkopf-Heinlein zwei Strategien. Zum einen untersuchen sie die molekularen Mechanismen, die der Entstehung von Lebererkrankungen zugrunde liegen und zum anderen Mechanismen, die für die Regenerationsfähigkeit des Organs verantwortlich sind. In dem bone morphogenetic protein (BMP)-9, einem Mitglied der transforming growth factor (TGF)-β Proteinfamilie, haben die Wissenschaftler jetzt einen möglichen Angriffspunkt identifiziert, über den die Regeneration geschädigten Lebergewebes möglicherweise gesteuert werden könnte.
Hohe Regenerationsfähigkeit bei akuten Schädigungen
Die Leber ist eines der regenerationsfähigsten Organe überhaupt. Akute Schädigungen heilen daher in der Regel effektiv aus. Chronische Schädigungen hingegen, etwa durch Alkoholmissbrauch, aber auch durch virale Infektionen oder Lebervergiftungen, führen über eine Entzündung der Leber (Hepatitis) zur Vernarbung (Fibrose) des Gewebes und schließlich, wenn das Lebergewebe mehr und mehr zugrunde geht und sich in Narben und Bindegewebe umwandelt, zur Leberzirrhose. Die Zirrhose wiederum bildet oft die Basis für die Entstehung von Leberkrebs.
Wundheilungsmechanismen der Leber werden durch ein komplexes Netzwerk von Botenstoffen und Rezeptoren reguliert. Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Leberzelltypen ist hierbei von entscheidender Bedeutung. Einen bereits gut charakterisierten pro-fibrogenen Botenstoff stellt TGF-β dar. Von BMP-9 (auch growth and differentiation factor (GDF)-2 genannt), einem weiteren Mitglied der großen TGF-β Proteinfamilie, war zwar bekannt, dass er in der Leber produziert und von dort in den Blutstrom abgegeben wird, dessen mögliche Rolle insbesondere in Bezug auf Lebererkrankungen war aber bei weitem nicht so gut untersucht wie bei TGF-β.
Zu hohe BMP-9 Spiegel negativ bei geschädigter Leber
Die Mannheimer Wissenschaftler konnten jetzt in verschiedenen Tiermodellen und mit humanen Leberproben zeigen, dass BMP-9 von einem speziellen Typ von Leberzelle, der sogenannten hepatischen Sternzelle, die als Initiator der Leberfibrose gilt, produziert und sezerniert wird. Sie wiesen außerdem nach, dass der Botenstoff in der gesunden Leber positive Effekte hat, insbesondere auf die funktionale Aktivität der Hepatozyten. Bei einer akut oder chronisch geschädigten Leber hingegen müssen die verschiedenen Leberzelltypen vorübergehend regenerative Programme initiieren. Hierbei wirkten sich zu hohe BMP-9 Spiegel negativ auf den Heilungsverlauf aus.
Blockade oder Hemmung von BMP-9?
Die Wissenschaftler folgern aus den vorliegenden Ergebnissen, dass eine vorübergehende Blockade oder Hemmung der durch BMP-9 aktivierten Signalwege zu einer verbesserten Regeneration des Lebergewebes beitragen dürfte. Die weitere Forschung zielt darauf ab, entsprechende Substanzen zu identifizieren und deren Wirksamkeit bei der Behandlung von Lebererkrankungen zu untersuchen. (idw, red)
Katja Breitkopf-Heinlein, Christoph Meyer, Courtney König, et al.: BMP-9 interferes with liver regeneration and promotes liver fibrosis. Gut 2017; Vol. 66: 5, DOI: 10.1136/gutjnl-2016-313314.
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