Wie aus einer von der Deutschen Krebshilfe unterstützten Studie hervorgeht, wird eine stark erhöhte Anzahl an CD30-tragenden Zellen nach bestimmten viralen Infektionen, wie z.B. durch Epstein-Barr Virus (EBV) und bei Autoimmunerkrankungen, gebildet. Die Studienergebnisse der Forschenden des Helmholtz Zentrums München legen daher nahe, dass eine Impfung gegen EBV das Risiko für die Entstehung von Hodgkin-Lymphomen senken könnte. Zudem gibt die Studie Einblicke in neue Zielstrukturen für Arzneistoffe in der Tumortherapie.
CD30 bislang als diagnostischer Marker
Ärzte kennen das Protein CD30* bislang als diagnostischen Marker für bestimmte Blutkrebszellen, die B-Zell-Lymphome** wie das Hodgkin-Lymphom. „Bisher war völlig unklar, ob die Bildung von CD30 auf der Oberfläche von Lymphom-Zellen nur Folge der Krebsentstehung ist oder ursächlich dazu beiträgt“, berichtet Privatdozentin Dr. Ursula Zimber-Strobl. Sie ist stellvertretende Leiterin der Abteilung Genvektoren (AGV) am Helmholtz Zentrum München. Zusammen mit ihrem Team hat sie deshalb ein Mausmodell entwickelt, um zu untersuchen, ob anhaltende CD30-Signale zur Blutkrebsentstehung führen.
Aktivierung von CD30 als Risikofaktor für Lymphome?
„Im Experiment fanden wir heraus, dass die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung eines B-Zell-Lymphoms stark erhöht ist, wenn B-Lymphozyten auf ihrer Oberfläche dauerhaft aktivierte CD30-Moleküle tragen“, berichtet Stefanie Sperling. Die Erstautorin ist Doktorandin in der AGV und Mitglied der Graduiertenschule HELENA. Diese dauerhafte Aktivierung von CD30 kann beim Menschen dadurch ausgelöst werden, dass das Immunsystem über einen längeren Zeitraum gefordert wird, wie beispielsweise beim Ausbruch des Pfeifferschen Drüsenfiebers (infektiöse Mononukleose) nach einer Infektion durch das Epstein-Barr Virus***. Dann vermehren sich B-Lymphozyten, die CD30 auf ihrer Oberfläche tragen, sehr stark. In den meisten Fällen werden diese CD30-positiven Zellen schnell wieder eliminiert, können aber in seltenen Fällen durch fehlgeleitete Prozesse zu Tumoren führen. So ist das Risiko, direkt nach einem Pfeifferschen Drüsenfieber an einem Hodgkin-Lymphom zu erkranken, erhöht.
Zielstrukturen für neue Therapien bei Lymphomen?
Die Studienergebnisse eröffnen Zimber-Strobl zufolge Perspektiven für die Humanmedizin: „Die von CD30 ausgehenden Signalwege könnten sich als Zielstrukturen für neue Therapien bei Lymphomen eignen, sobald wir diese Wege genauer untersucht haben.“ Außerdem sei bei EBV die Entwicklung eines Impfstoffs zur Prävention einer Lymphom-Entstehung denkbar – ein Aspekt, den Forschende an der AGV gerade im Detail untersuchen. (HZM, red)
Weitere Informationen
*CD30 ist ein Protein (Eiweiß), das auf der Oberfläche bestimmter Zellen, besonders von Zellen des Immunsystems, gebildet wird. CD30 ist ein sogenannter Rezeptor. Rezeptoren leiten Signale aus der Umgebung in das Innere einer Zelle weiter und lösen damit Prozesse wie Zellteilung, Zelldifferenzierung und Zelltod aus. Bislang dient der Nachweis von CD30 nur zur Diagnose von bestimmten B-Zell-Lymphomen wie dem Hodgkin-Lymphom.
**Lymphome sind Krebserkrankungen, die von Lymphozyten (eine Gruppe der weißen Blutkörperchen) ausgehen. Es gibt je nach Krankheitsmechanismus Hodgkin-Lymphome bzw. Non-Hodgkin-Lymphome und weitere Formen.
***Epstein-Barr-Viren können nach Infektion das Pfeiffersche Drüsenfieber (die infektiöse Mononukleose) auslösen. Sie sind weit verbreitet, bis Ende des 40. Lebensjahres haben sich 95 bis 98 Prozent aller Menschen infiziert. EBV überdauert latent in B-Lymphozyten; unser Immunsystem eliminiert die Erreger nicht.
Sperling S, et al. (2019): Chronic CD30-signaling in B cells results in lymphomagenesis by driving the expansion of plasmablasts and B1 cells. Blood 2019 :blood.2018880138, DOI: doi.org/10.1182/blood.2018880138.
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