Neue Hoffnungen für das Herz

Symposium des Universitätsklinikums Würzburg
mg
David Stegner
Dr. David Stegner profitierte von der Verbundforschung im Sonderforschungsbereich 688 am Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg. © Stegner / Rudolf-Virchow-Zentrum
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Anfang Oktober stand das Herz im Fokus beim dreitägigen Symposium am Universitätsklinikum Würzburg. Der Sonderforschungsbereich SFB 688 blickte auf zwölf erfolgreiche Forschungsjahre auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurück.

Die aktuellen und früheren Mitglieder des SFB 688 referierten gemeinsam mit hochkarätigen Referenten über die zum Teil bahnbrechenden Ergebnisse. An den ersten beiden Tagen wurden die weltweiten kardiovaskulären Forschungs-Highlights ausgetauscht. Am dritten Tag standen die praktischen Konsequenzen für die Medizin im Vordergrund. Bernhard Nieswandt, Sprecher des SFB 688, resümiert: „Wir haben in den letzten zwölf Jahren zu entscheidenden Erkenntnissen über die Entstehung von Volkskrankheiten wie Herzschwäche und Schlaganfall beigetragen. Das war nur möglich, weil Wissenschaftler aus Medizin, Biologie, Chemie und Physik über ihre Fachgrenzen hinaus erfolgreich zusammengearbeitet haben. Auf der Grundlage dieser Erfolge wollen wir in den nächsten Monaten ein Konzept für einen neuen Forschungsverbund erarbeiten, der aktuelle Fragestellungen auf dem Feld der Herz-Kreislauferkrankungen aufgreifen wird.“

So konnten die Forscher z.B. besser verstehen, warum ein Herz eine Herzmuskelschwäche entwickelt und sie haben sich mit der Rolle der Entzündung nach einem Herzinfarkt beschäftigt. Denn die Entzündung ist entscheidend für die Heilung, eine falsche Steuerung kann zu einer Verschlechterung des Krankheitsprozesses beitragen. Doch um hier weitere wichtige Schlüsse für den Klinikalltag zu ziehen und diesen Prozess mithilfe von Medikamenten zu optimieren, sind weitere Untersuchungen notwendig.

Dabei bietet das SFB 688 nicht nur optimale Forschungskonditionen, sondern ist auch ein gutes Sprungbrett auf wichtige akademische Positionen. So behauptet Georg Ertl, Gründungssprecher des SFB und DZHI (Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz), heute Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Würzburg, dass sich der SFB nicht nur auf die Forschung und das Forschungsspektrum des Standorts positiv auswirke, sondern auch auf die Weiterbildung und Karrierechancen des wissenschaftlichen Nachwuchses. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist David Stegner, Doktor der Naturwissenschaften. Er ist seit 2011 am Rudolf-Virchow-Zentrum tätig, zunächst als Postdoktorand, mittlerweile aber als wissenschaftlicher Sekretär und Gruppenleiter.

Wissenschaftlicher Austausch ein entscheidender Pluspunkt

„Verbundforschung wie im SFB 688 bietet gerade dem wissenschaftlichen Nachwuchs viele Möglichkeiten“, kommentiert David Stegner. „Neben der strukturierten Doktorandenausbildung und der guten Infrastruktur ist der wissenschaftliche Austausch mit anderen Fach- und Themengebieten ein entscheidender Pluspunkt. So kann man über den eigenen Tellerrand hinausblicken, was eine gute Basis für spätere interdisziplinäre Zusammenarbeit darstellt. Denn ohne diese Vernetzung ist die heutige Forschung kaum noch vorstellbar.“ Sein derzeitiges Projekt ist ebenfalls interdisziplinär aufgestellt, dessen Leitung er auch inne hat mit zwei weiteren Kollegen.

Die Multidisziplinarität und überregionale Vernetzung ist ein wichtiger Qualitätsindikator der klinischen Herz-Kreislauf-Forschung, denn eine Herzschwäche z.B. hat verschiedene Ursachen und Auswirkungen, die mit zahlreichen Begleit- und Folgeerkrankungen einhergeht. Zum Beispiel wurde die MOOD-HF Studie durchgeführt, zu der insgesamt 16 kardiologische und psychiatrische/psychosomatische Abteilungen von Kliniken aus ganz Deutschland Ergebnisse beigetragen haben. „Die optimale Umsetzung der aus klinischen Studien gewonnenen Forschungsergebnisse ist sehr komplex geworden und praktisch nur im Netzwerk möglich“, fügt Stefan Störk hinzu, Leiter der Abteilung Klinische Forschung und Epidemiologie am DZHI.

Übertragung der Erkenntnisse in die Praxis

Am letzten und dritten Tag des Joint Symposiums wurden dann die neuen Erkenntnisse und Therapiemöglichkeiten von Herzschwächepatienten behandelt. Hierzu waren Kardiologen, Internisten und Allgemeinmediziner des DZHI eingeladen. Sie gaben einen umfassenden Einblick in den aktuellen Stand von Verständnis und Versorgung der Herzinsuffizienz, ihrer Komplikationen und Begleiterkrankungen.

Darunter wurde auch über neue Wirkstoffe gesprochen, deren Grundlagen im SFB 688 erforscht wurden, auf die die Patienten nicht mehr allzu lang warten müssen. Revacept, ein Inhibitor des Kollagenrezeptors Glykoprotein VI (GPVI) auf Thrombozyten, ist bereits in der zweiten klinischen Testphase. Es wurde in einer kontrollierten Studie bereits erfolgreich am Menschen getestet und wird nun in einer größeren Patientenstudie untersucht. Zuvor belegte man am SFB 688, dass die Blockade von GPVI die Entstehung von Blutgerinnseln in den Arterien verhindert. Es bindet die Plättchen an arterielle Läsionen wie ein Pflaster. Dies hat eine entscheidende Bedeutung für den Verlauf und die Komplikationen von Atherosklerose, die zu akuten Koronarsyndromen führen kann. Herzinfarkt und Schlaganfälle können somit verhindern werden.

Protein aus dem Darm von Triatoma infestans

Ein weiteres Medikament steht kurz vor der klinischen Testphase und könnte für Tausende Patienten mit Herzrhythmusstörungen die Rettung sein. Um Gerinnsel zu vermeiden und so einen möglichen Schlaganfall, Herzinfarkt oder eine Lungenembolie zu verhindern, sind sie auf Blutverdünner angewiesen. Diese Blutverdünner dürfen jedoch Blutstillung nicht zu sehr beeinträchtigen. Einen ganz natürlichen Blutgerinnungshemmer haben die Forscher im SFB 688 in Kooperation mit einem Pharmaunternehmen bei einem kleinen schwarzen Insekt aus Südamerika entdeckt. Wenn nämlich die Raubwanze Triatoma infestans Blut aus ihrem Wirt saugt, gerinnt es nicht. Für den perfekten Blutfluss sorgt ein Protein im Darm der Wanze. Dieses Protein wurde weiterentwickelt, so dass Inhibitoren gegen den Gerinnungsfaktor XII demnächst in klinischen Studien getestet werden können.

Quelle: Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz, Universitätsklinikum Würzburg

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