Dass der LUBAC-Proteinkomplex (linear ubiquitin assembly complex) wichtig für die Immunantwort ist, das ist schon länger bekannt. Doch Forschende um Dr. Hirotsugu Oda der Universität Köln konnten nun belegen, dass Fehler in LUBAC verantwortlich sind für bestimmte Varianten der Immundysregulation. LUBAC umfasst die Proteine HOIP, HOIL-1 und SHARPIN. An Mausmodellen führte ein SHARPIN-Mangel zu einer schweren Dermatitis, da die Hautzellen vermehrt absterben. Wie genau sich der Mangel auf den Menschen auswirkt, war bisher jedoch unbekannt.
SHARPIN-Mangel
Dies konnte nun an zwei Patientenfällen gezeigt werden. Angestoßen wurde die Studie in den USA, wo eine Forschungsgruppe einen Patienten untersuchte, der seit seiner Kindheit an unerklärlichen Fieberschüben, Arthritis, Kolitis und Immunschwäche leidet. Anhand einer Exom-Sequenzierung des Patienten und der Familienmitglieder entdeckten die Forschenden ein fehlerhaftes SHARPIN-Gen, was zu nicht nachweisbaren Konzentrationen des SHARPIN-Proteins führte. Zudem zeigte sich ein erhöhtes Zellsterben. Durch ein vermehrtes Absterben von B-Zellen war zum Beispiel auch die Entwicklung der lymphoiden Keimzentren vermindert.
Beim zweiten Patientenfall zeigten sich ebenfalls Symptome von Autoinflammation und Immunschwäche, jedoch auch hier überraschenderweise keine Dermatitis, wie das Mausmodell nahe gelegt hatte. Bei genauerer genetischer Untersuchung zeigte sich ein Defekt im sogenannten kanonischen NF-κB-Signalweg, der entscheidend für die Immunantwort ist. Die Patienten zeigten zudem, dass sie anfälliger sind für den durch Proteine der TNF-Superfamilie ausgelösten Zelltod (TNF=Tumornekrosefaktor). Hier bewies sich die Behandlung mit TNF-Blockern als erfolgreich.
„Angeborene Zelltodfehlfunktion“
Die Forschungsgruppe konnte die bedeutende Rolle des unkontrolliertren Zelltods bei der genetischen Entzündungsreaktion belegen. Den SHARPIN-Mangel definierte die Gruppe als neue Kategorie der genetischen bedingten Entzündungskrankheiten. Sie soll „angeborene Zelltodfehlfunktion“ genannt werden.
„Einer der Patienten mit SHARPIN-Mangel war bereits seit Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen, bevor wir ihn das erste Mal trafen. Seine Knöchel waren entzündet, sodass er schmerzbedingt nicht gehen konnte. Dank der Gendiagnostik konnten wir den Defekt finden, der seinen Erkrankungen zugrunde liegt“, erläutert Oda. Seit der Patient mit TNF-Blockern behandelt wird, ist er seit fast sieben Jahren symptomfrei. „Als Mediziner und Wissenschaftler begeistert mich die Möglichkeit, durch unsere Forschung das Leben eines Patienten positiv beeinflussen zu können.“
Insgesamt belegen die Ergebnisse zudem die Relevanz von LUBAC für die Immunantwort und die Rolle in der Immunschwäche bei Patienten. Durch die neu entdeckten molekularen Mängel sind zudem neue therapeutische Optionen möglich, um das Immungleichgewicht wiederherstellen zu können.
Literatur:
Oda, H., Manthiram, K., Chavan, P.P. et al. Biallelic human SHARPIN loss of function induces autoinflammation and immunodeficiency. Nat Immunol 25, 764–777 (2024). DOI: 10.1038/s41590-024-01817-w
Quelle: idw
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