Allein im Jahr 2021 wurden hierzulande weit über 1.200 Patientinnen und Patienten auf die Warteliste für eine Lebertransplantation gesetzt. Der häufigste Grund dafür war eine Leberzirrhose, bei der das Gewebe des zentralen Stoffwechselorgans durch chronische Entzündungen, Alkoholschädigung oder Vergiftungen seine Funktionsfähigkeit verliert. Es können jedoch auch Krebserkrankungen die Ursache dafür sein, dass Betroffene auf eine neue Leber angewiesen sind. Hierzu zählen z.B. auch Absiedlungen von Tumoren anderer Organe, die die Leber so durchsetzen, dass sie nicht operiert werden können. Diese Patienten haben allerdings kaum eine Chance auf das Organ eines verstorbenen Spenders, weil ihre Leberfunktion weniger eingeschränkt ist als bei einer Zirrhose und die verbleibende Organfunktion ein zentrales Kriterium für die Vergabe der raren Spenderorgane darstellt.
Erfolgreiches Leberlebendspende-Programm
Es gibt indes noch die Möglichkeit der Lebendspende. Neben der Transplantation der Organe Verstorbener betreibt die Transplantationschirurgie des Universitätsklinikums Jena ein erfolgreiches Leberlebendspende-Programm. Nach Prüfung durch eine Ethikkommission können Gesunde für Bezugspersonen ein Teilorgan spenden, das das kranke Organ ersetzt. Wegen der besonderen Regenerationsfähigkeit der Leber übernehmen der transplantierte Teil und das Restorgan jeweils die volle Organfunktion.
Zwei-Schritt-Verfahren
„Es ist die anhaltende Knappheit an Spenderorganen, die unsere klinische und wissenschaftliche Arbeit auf diesem Gebiet motiviert und antreibt“, so Prof. Dr. Utz Settmacher, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie. Zusammen mit Kollegen aus Brüssel, Padua, Oslo, München und Tübingen stellten die Jenaer Chirurgen jetzt ihre Transplantationserfahrungen bei Patienten vor, die nicht an einer Zirrhose, sondern zumeist an Darmkrebsmetastasen in der Leber litten. Das Besondere: Die Transplantation erfolgte im Zwei-Schritt-Verfahren. Dabei wurde zur Schonung des Spenders ein möglichst kleiner Leberteil entnommen und verpflanzt. Beim Empfänger verblieb zur Absicherung der Organfunktion zunächst ein Teil der erkrankten Leber. Jedoch verringerten die Transplanteure die Durchblutung dieses Leberteils, um das Transplantat zum Wachsen anzuregen. Nach etwa zwei Wochen kann es die Leberfunktion komplett übernehmen und die kranke Restleber wird entfernt.
Umfangreiches Datenmaterial analysiert
Von den 23 in der Studie analysierten Patienten wurden 20 mit einer Leberlebendspende behandelt. Drei erhielten einen Organteil eines verstorbenen Spenders, die jeweils anderen Organteile wurden auch transplantiert. Die meisten Studienpatienten wiesen nicht-operable Metastasen aus einer Darmkrebserkrankung auf. „Wir haben ein umfangreiches Datenmaterial bezüglich der Grunderkrankungen sowie relevanter anatomischer und operationstechnischer Details zusammengetragen und analysiert, um die Ergebnisse bei Empfängern und Spendern zu beurteilen“, betont Letztautor Prof. Dr. Falk Rauchfuß.
Spenderrisiko minimiert und Warteliste entlastet
Das Fazit fällt eindeutig aus: Sowohl die Organempfänger als auch die Lebendspender haben die Eingriffe gut überstanden. Auftretende Komplikationen nach der Operation waren mit denen bei ähnlichen großen Operationen vergleichbar und konnten früh erkannt und behandelt werden. Falk Rauchfuß: „Die zweistufige Lebertransplantation ist eine Behandlungsoption für Patienten mit nicht-zirrhotischen Lebererkrankungen, die das Spenderrisiko minimiert und nicht zu Lasten der Warteliste geht.“
Durchführung prospektiver klinischer Studie
Das Jenaer Transplantationsteam setzt seine Forschung gemeinsam mit Kollegen der Universitätsklinik Tübingen fort. Mit Förderung der Deutsche Krebshilfe führen sie eine prospektive klinische Studie zu Leberlebendtransplantationen bei Lebermetastasen aus einer Darmkrebserkrankung durch. Die erste Patientin konnte bereits in die Studie aufgenommen werden. „Unter kontrollierten Studienbedingungen wollen wir untersuchen, welche Patientenkriterien Einfluss auf die Ergebnisse – zum Beispiel das Kurzzeit- und Langzeitüberleben oder die Tumorfreiheit – haben, um Erkenntnisse über die Dynamik nach der Transplantation zu gewinnen. So wollen wir herausfinden, welchen Patientinnen und Patienten diese Therapie am besten nutzt“, erläutert Utz Settmacher.
Quelle: idw/UKJ
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